Ein Bär, der Groß und Klein einfach Kind sein lässt
Der neue Kinofilm "Christopher Robin" feiert auf heitere Weise Winnie Puuhs Weisheiten.
Rechtzeitig bevor die Ferien drohen, endlos zu erscheinen, will Disney Familien einen Film reichen, der Kurzweil verspricht. Er heißt "Christopher Robin", doch der wahre Star ist sein sprechender Bär Winnie Puuh (mehr in der Box).
In einer feinen, bis auf das kleinste Härchen perfekt animierten Form kehrt er im Kino in das Leben seines inzwischen erwachsenen Kindheitsfreunds zurück. Den Titelhelden Christopher Robin in der Regie des Deutschen Marc Forster ("Ein Quantum Trost") gibt Ewan McGregor. Der Hollywood-Star wirkt solide, aber auch so, als bleibe der Charakter nie nur mehr als eine eher mittelschwere Herausforderung für ihn. Sei’s drum.
Heiterkeit trifft auf Härten
Es ist eine bedachte, nicht zu komplizierte Verbindung von heiterer Kindlichkeit und den Härten eines Erwachsenenlebens, die das Versprechen einlöst, Groß und Klein zu unterhalten. Denn der Film umarmt beide Zielgruppen, auf die er perfekt, aber nicht anbiedernd einfach zugeschnitten ist.
Winnie Puuh findet genau dann wieder zu Christopher, als dieser ihn am nötigsten braucht. Nachdem er im Zweiten Weltkrieg gedient hat, arbeitet er als Effizienzmanager in einer Londoner Firma, die Reisegepäck herstellt. Robin steht unter Druck, er muss vielleicht Arbeiter zur Kündigung vorschlagen und vernachlässigt Frau und Tochter. Es ist ein graues, einsames, fremdbestimmtes Leben.
Bis Puuh ihn findet – oder besser gesagt, ihn sein "altes" Leben, die Kindheit, einholt. Samt Puuhs Rasselbande: der aufgeregte Tiger "Tigga", das ängstliche Ferkelchen und der am Weltschmerz leidende Esel I-Aah. Ein buntes Chaos zwischen Wald und Stadt, Gemächlichkeit und Leistung, bricht aus, das junge Kinogeher mit Situationskomik und süßer Unschuld zum Kudern bringen wird. Für sie ist der Film ein schöner Spaß, der nicht wehtut. Und die Großen? Die werden schon einiges zu spüren bekommen, weil er ihnen den Spiegel vorhält. Vor allem, wenn der Bär, der sich selbst "einen geringen Verstand" unterstellt, unumwunden naiv große Erkenntnisse teilt. Etwa, dass "nirgendwo" sein Lieblingsort ist. Und Nichtstun zum Allerbesten von Irgendwas führt.
Unweigerlich müssen sich all jene fragen, die die Kinokarten bezahlt haben, wann sie denn das letzte Mal einfach nichts getan haben. Die Antwort wird ihnen wohl weit weniger gefallen, als dieser entzückende Film, der alle Zuschauer (wieder) Kind sein lässt.
Trailer:
"Christopher Robin": USA 2018 109 Min., Regie: Marc Forster ab 8 J., jetzt im Kino
OÖN Bewertung:
Wie die Stofftiere britischer Buben einen Bärenerfolg anstießen
Der literarische Erschaffer von Winnie Puuh war der Brite Alan Alexander Milne (1882–1956). Der Autor, der vor seinem Erfolg mit dem Bären als Dramatiker bekannt war, erwähnte den Charakter 1924 in einem Gedicht für ein Magazin, das dann in seinem Reim-Buch „When We Were Very Young“ erschien. 1926 und 1928 veröffentlichte Milne Geschichten über den Teddybären in Buchform („Winnie the Pooh“, „The House at Pooh Corner“).
Gezeichnet wurde Winnie Puuh in diesen Werken vom Londoner Künstler und Kinderbuch-Illustrator Ernest Howard Shepard (1879–1976). Vorbild für Winnie war der auf den Namen „Growler“ getaufte Teddybär seines Sohns. Der Teddy von Milnes Sohn, der diesen „Winnie Pooh“ nannte, inspirierte wiederum den Autor.
Geld, Lizenzen, Rechte: 1930 sicherte sich der Medienprofi und Produzent Stephen Slesinger (1901–1953) Merchandising-, TV-, Film- und etliche weitere Handelsrechte an „Winnie Pooh“ für die USA und Kanada. Der Deal: Milne bekam 1000 Dollar vorab und 66 Prozent von Slesingers Einnahmen. 1931 nahmen sie bereits 50 Millionen Dollar im Jahr ein. Slesinger brachte den Bären ins TV-, Spielzeug- und Film-Geschäft. Nach seinem Tod 1953 vergaben die Witwen von Slesinger sowie Milnes Rechte an Walt Disney. Seither ist der Bär endgültig Teil von Pop- und Kinderkultur.