Boom- statt Krisenregion
Der Innviertler Jobmotor brummt, doch qualifizierte Arbeitskräfte fehlen.
Im Nordwesten Oberösterreichs gebe es einen "Jobmotor", staunte unlängst die Wiener Tageszeitung "Der Standard": Das Innviertel habe sich "überdurchschnittlich gut entwickelt", die Zahl der Beschäftigten in der gewerblichen Wirtschaft stieg zwischen 2011 und 2017 um mehr als 40 Prozent – von 14.629 auf 20.493.
Vor 25 Jahren galten die Bezirke Braunau, Ried, Schärding als Krisenregion, heute ist Boom-Zeit. Dafür verantwortlich sind einige Leitbetriebe und hunderte kleine oder mittlere Unternehmen. In die Schlagzeilen schaffen es meistens nur die Großen: In Eggelsberg will der Schweizer Industrieriese ABB in zwei Jahren sein Forschungszentrum für künstliche Intelligenz und Fabrik-Automation eröffnen, bis 2022 sollen tausend neue qualifizierte Arbeitsplätze entstehen. In Ranshofen sind die Auftragsbücher der AMAG prall gefüllt; mit seinen Spitzenprodukten ist der Konzern bis 2025 ausgelastet.
Die Kehrseite dieser Medaille: Die Unternehmen finden nicht ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte. Dabei geht es nicht nur um Top-Ingenieure, sondern auch um Werkzeugmacher, Tischler, Maschinenbauschlosser, Installationsfacharbeiter.
Der drückende Mangel hängt mit der Alterung der Bevölkerung zusammen, aber auch mit der mangelnden Anziehungskraft der Lehre. Unternehmer und Interessenvertreter müssten viel mehr in die Attraktivität der Lehrberufe investieren, für eine bessere Ausbildung und Bezahlung sorgen, beim Image kräftig nachbessern.
Verschärft wird der Lehrlingsmangel durch eine populistische Tagespolitik: Dass arbeitswillige, gut integrierte und qualifizierte Asylwerber abgeschoben werden, obwohl sie dringend gebraucht würden, ist nur durch kurzsichtige Parteitaktik zu erklären. "Recht muss Recht bleiben" ist dabei ein schwaches Argument. Jedes Gesetz, das sich nicht bewährt hat, kann man ändern. Gleichfalls unverständlich ist, dass tausende Asylberechtigte, die arbeiten dürften, aber es aus irgend einem Grund nicht tun, Sozialhilfe kassieren; hier ist das AMS gefragt. Wenn das Innviertel seinen Spitzenplatz behaupten will, müssen sich Politik und Wirtschaft mehr einfallen lassen.