Großglockner Hochalpenstraße als "staufreie Alternative" zur A10?
SALZBURG. Die Betreibergesellschaft will Urlauber von der staugefährdeten Tauernautobahn mit vergünstigten Tarifen auf die Panoramastraße lotsen.
Am Samstag soll die Großglockner Hochalpenstraße für die Saison öffnen. Während auf der Verbindung durch den Nationalpark Hohe Tauern noch die letzten Schneeräumarbeiten laufen, ist die Betreibergesellschaft GROHAG in die Kritik geraten. Sie will heuer Urlauber von der staugefährdeten Tauernautobahn mit vergünstigten Tarifen auf die Panoramastraße lotsen und hat das als "wohl umweltfreundlichere" Alternative beworben. Das brachte ihr nun einen "Greenwashing"- Vorwurf ein.
Video: Derzeit laufen die Schneeräumungsarbeiten
Derzeit werden Teile der Tauernautobahn (A10) in Salzburg saniert. Abgesehen von den Monaten Juli und August steht bei der Tunnelkette Werfen (Pongau) bis Juni 2025 nur eine der beiden Röhren für den Verkehr zur Verfügung. Das hat in den vergangenen Monaten bei starkem Verkehrsaufkommen für teilweise stundenlange Staus gesorgt. Die GROHAG hat darum gemeinsam mit Tourismuswerbern am 9. April über die Aktion "Staufrei über den Großglockner" informiert.
Sondertarife für Urlauber
Urlauber, die eine Buchungsbestätigung für einen Beherbergungsbetrieb in Kärnten, Osttirol oder Salzburg vorlegen können, können am An- und Abreisetag die Straße zum Sondertarif nützen. Für einen Pkw kostet das dann 33 statt 43 Euro, für ein Motorrad 26,50 statt 33 Euro. "Für die Gäste wird die vergünstigte Alternativroute über die Großglockner Hochalpenstraße ein sehr lohnendes Erlebnis werden. Kein Autobahnstau und entspannt durch die beeindruckende Hochgebirgswelt", teilte GROHAG-Vorstand Johannes Hörl dazu mit.
Und: Die Strecken seien im Wesentlichen gleich lang oder sogar kürzer, man löse keine Umwege aus. Den eigenen ökologischen Fußabdruck habe man als Straßenbetreiber bereits um 90 Prozent vermindert - unter anderem durch die Reduktion der Höchstgeschwindigkeit von 100 auf 70 km/h und durch E-Mobilität. Entlang der Strecke gebe es bereits 80 Ladepunkte, betonte Hörl.
"Hoch sensibles alpines Gelände"
Aussagen, die nun Mitglieder der Scientists for Future auf den Plan gerufen haben. Sie kritisieren in einer Aussendung, dass die Fahrt über die Hochalpenstraße den Umweg nicht verkürze, dafür aber CO2-Ausstoß und Feinstaubbelastung steigen ließe. "Die Strecke von Bischofshofen bis Spittal/Drau beträgt auf der Tauernautobahn 104 Kilometer, über die Glocknerstraße 188 Kilometer. Diese Route führt auf rund 2.500 Meter Höhe in hoch sensibles alpines Gelände." Auf einer Straße, die mit 36 Serpentinen rund 1.500 Höhenmeter überwindet, spiele auch eine Temporeduktion auf 70 km/h kaum eine Rolle für die Emissionen.
Dazu stößt grundsätzliche Kritik: Das Auto werde von der Tourismuswirtschaft nach wie vor als Vehikel der Gewinnmaximierung betrachtet. "Je höher die Frequenz - desto besser", sagte Johannes Fiedler von den Scientists for Future. Im Jahr nach einer präzedenzlosen Gletscherschmelze infolge jahrzehntelang ungebremsten CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr sei es eigentlich angebracht, über ein neues Betriebsmodell der Großglockner-Hochalpenstraße nachzudenken - ohne individuellen Kfz-Verkehr, mit E-Bussen und E-Rädern.
Vorstand sieht "Sturm im Wasserglas"
GROHAG-Vorstand Hörl sprach angesichts der Vorwürfe von einem "Sturm im Wasserglas". Das jährliche Verkehrsaufkommen auf der Hochalpenstraße - im Jahr 2022 wurden gut 181.000 Pkw und 92.000 Motorräder gezählt - werde auf der A10 binnen weniger Tage erzielt. Nach dem Brand im Tauerntunnel 1999 habe man während der dreimonatigen Totalsperre eine ähnliche Aktion geführt. "Damals wurden das Nachtfahrverbot aufgehoben, die Tarife um 50 Prozent reduziert und die Maßnahme intensiv über die Automobilklubs beworben. Im Endeffekt haben wir dann fünf bis sieben Prozent mehr Verkehr verzeichnet."
Zudem sei die Frage des Umwegs immer eine der Perspektive. "Wenn wer von München nach Villach fährt, ist er auf der Autobahn zeitmäßig kürzer, aber von der Strecke her länger unterwegs, als über den Glockner." Man habe viel positives Feedback von Tourismusbetrieben erhalten, die ihren Gästen nun eine Alternative zur Anreise über die Tauernautobahn anbieten können.
Die Aktion der GROHAG gilt übrigens nicht für die Zeit von Juli bis Mitte September, in der wieder beide Tunnelröhren in Betrieb sind (Juli bis Mitte September). Die Großglockner Hochalpenstraßen Aktiengesellschaft (GROHAG) gehört zu 79 Prozent die Republik Österreich, jeweils 10,5 Prozent tragen die Bundesländer Salzburg und Kärnten.
Was für eine blöde Idee!
Die Strecke gehört von den Ölverbrennern befreit.
Dann können die Betreiber von umweltfreundlich reden.
Ansonsten ist es lukratives greenwashing.
Setzen.