Im Wüstenwasserpark der Ababda-Beduinen
Im tiefen Süden Ägyptens kontrastieren Naturschönheiten im Nationalpark Wadi el Gemal. Das karge, sandige Tal der Kamele mündet in die üppig-bunte Unterwasserpracht des Roten Meeres.
Gegen den Flughafen im südägyptischen Marsa Alam nimmt sich der Airport Linz-Hörsching wie Frankfurt aus. Das hat den Vorteil, dass die Einreise schnell vor sich geht, sofern nicht jemand die heimische Bürokratie herausfordert, etwa durch unbotmäßiges Verlangen eines Rechnungsbelegs für das Einreisevisum über 28 Euro. Das kann dauern.
Noch eineinhalb Stunden mit dem Bus in den Süden, dann beginnt das Gebiet des Wadi-el-Gemal-Nationalparks (WGNP): einer von dreißig in Ägypten, aber der einzige, der Wüste als auch maritimes Gebiet umschließt; 2003 ausgerufen, 7000 Quadratkilometer groß, davon 2000 Quadratkilometer Meer. Die Straße in den Süden säumen Müllablagerungen. An der Küste stehen etliche Hotelburgen, 40 Prozent sind Ruinen.
"Fehlinvestitionen in den Boomjahren nach der Öffnung des militärischen Sperrgebiets Anfang der 2000er-Jahre", kommentiert Johannes Girardi. Wie wohltuend hebt sich da "seine" Anlage ab. Das Gorgonia Beach Resort, dessen Direktor er ist, gilt als ökotouristisches Vorzeigeprojekt (siehe Kasten rechts). Davon gilt es sich sofort zu überzeugen. Mit Schnorchel, Taucherbrille und Flossen wird das Hausriff inspiziert und für intakt befunden – und dann, man fasst es kaum: Eine Seekuh schwimmt vorbei, umflort von gelben Fischchen (siehe Link am Textende). "Hier ein Dugong zu sehen, noch dazu beim ersten Tauchgang, ist so selten wie ein Lotto-Fünfer", schätzt Meeresbiologin Miriam Tercon. Die seltenen, vom Aussterben bedrohten Meeressäuger halten sich gewöhnlich weiter süd- oder nordwärts auf, wo sie Seegraswiesen abweiden.
Unbeeindruckt von der dicken Passantin erledigen die Fische zwischen den Korallen ihr Tagwerk. Da versteckt sich ein Arabischer Doktorfisch, dort schaukeln wie verliebt gelbe Maskenfalterfische paarweise durch das Blau. Ein Kugelfisch und ein noch dickerer Igelfisch schauen ohne Scheu den Schnorchlern zu, daneben ziehen fingerdünne Flötenfische vorbei, und durchsichtig-glitzernd schwebt eine Schule junger Calamari. Drückerfische, Papageienfische, die Liste wäre fast endlos, zu erwähnen sind noch – mit ein wenig Kribbeln im Bauch – die Weißspitzen-Riffhaie und Barracudas. Majestätisch hingegen die Grüne Meeresschildkröte.
Was den WGNP speziell macht, sind die Mangroven. Ein einzigartiges Ökosystem in Ägypten, das Fischen und Vögeln ein wichtiges Entwicklungs- und Rückzugsgebiet gibt. Sie stehen unter strengstem Naturschutz. Ansehen kann man sie dennoch, etwa in Qulaan nahe dem WGNP-Büro.
Wer die Taucherbrille zuweilen mit dem Fernstecher tauscht, um der Vogelwelt näher zu kommen, wird eine lange Liste abhaken können. Birdwatcher werden den Küstenreiher gleich auf dem Rasen des Resorts erblicken und die seltene Weißaugenmöwe beim Pritscheln im Pool beobachten können. Fischadler sind zu sehen, Schieferfalken oder Schmutzgeier. Wüste und Küste führen hier Arten zusammen, die es sonst selten an einem Fleck zu sehen gibt.
Im Jeep durch das Tal der Kamele
Die Haut schon weich vom Wasser, steht ein Ausflug in die Wüste an. Nationalparkranger lenken kräftige Jeeps auf den Spuren alter Flüsse ins Landesinnere. Wadi el Gemal heißt: Tal der Kamele. Hier floss vor Urzeiten Wasser in das Meeresdelta. Heute führt das Tal nur noch nach ausgiebigen Gewitterschauern Wasser, dann aber ordentlich, wie angeschwemmtes Gestrüpp aus dem Vorjahr erzählt. Unter Akazienbäumen, die den Beduinen wegen ihres Holzes und der Heilkraft ihres Harzes heilig sind, stehen Dromedare im Schatten. Mitte Mai hat es hier 30 Grad – Frühlingstemperaturen verglichen mit der sengenden Sonne des Sommers.
Graubraun zeichnet Granit eine Hügellinie an den Horizont, unterbrochen von roten Kuppeln voller Eisenoxid und weißen Einsprengseln. "Korallen", sagt Parkranger Ismael Mohamed. Tatsächlich weisen die kreidegleichen Steine die typischen Strukturen auf. Vor Jahrmillionen haben sie hier gelebt, als das Wasser noch ein paar hundert Meter höher stand.
"Obwohl die Gegend so wüst aussieht, ist sie voller Geschichten", sagt der Bozener Fotograf Gianni Bodini, dessen Buch "Via est vita" eine kleine Liebeserklärung an das Kameltal darstellt. Er bezieht sich auf die Via Hadriana, die, nach dem römischen Kaiser benannt, schon vor 2000 Jahren die Küste des Roten Meeres mit dem Niltal auf Höhe Assuan verband. Standen die Winde vor der Halbinsel von Berenike schlecht für eine Passage in den Norden, wurden Güter, die zum Teil aus Indien kamen, auf Karawanen umgeladen und durch die Wüste geschickt.
Lunch unter dem Dattelbaum
Unter einer Wüstendattel wird der Lunch bereitet. "Aus Vollkornmehl, Öl und Wasser knetet man einen Teig und backt ihn auf glühenden Kohlen. Gaburi heißt es." Das Brot schmeckt, so man Asche und Sand gut abklopft, köstlich – als Unterlage für Baba Ghanoush, ein Püree aus gegrillten Auberginen und der Sesampaste Tahina. Die umami-bitter Mischung harmoniert mit dem gesalzenen Feta, mit Tomaten, Gurken und scharf eingelegten Auberginen hervorragend. Jetzt ein kühles Bier! Naja, Wasser tut es auch und beleidigt das Auge des Muslims nicht. Es entspinnt sich ein Dialog zwischen Tourist und Mohamed Gap, dem pensionierten Manager des WGNP:
"Warum kein Alkohol?"
"Gott hat ihn verboten."
"Aber haben Sie nicht gesagt, ein guter Muslim hinterfrage die Dinge des Seins und ziehe dann seine Schlüsse?"
"Ja, Allah hat sich bei dem Verbot ja auch etwas gedacht."
"Was denn?"
"Dass insgesamt die Nachteile, die durch das Trinken von Alkohol entstehen, die Vorteile überwiegen."
"Aha, danke. Ist doch gut, wenn einem das einmal wer erklärt."
Kleopatras Smaragdmine
Nach dem Essen Zähne putzen ist in der Wüste ein weitaus einfacheres Unterfangen als vermutet. Denn der Zahnbürstenbaum (Salvadora persica) findet sich hier häufig. Noch heute schneiden Beduinen ein Stück von einem Zweig ab, zerkauen ein Ende und putzen sich mit den Fransen die Zähne. Zudem enthalten die Zweige ein starkes Antiseptikum.
Der Wind bläst Steppenläufer über die Sandpiste im Seitental des Wadi el Gemal namens Sikait. Nahezu völlig verfallene römische Mauern und ein in den Berg gehauener Tempel erinnern daran, dass hier spätestens zu Zeiten Kleopatras Bergbau betrieben wurde. Man gewann über 1500 Jahre jene Smaragde, welche die ägyptische Königin sehr geliebt haben soll. "Der Tempel dürfte auf die Ptolemäer zurückgehen, zwei-, dreihundert Jahre vor Kleopatra", vermutet Fotograf Bodini. Im Abraum, der sich hier zwei Fußballfelder weit über zwei Meter hoch türmt, finden sich noch heute die grünen Splitter der Edelsteins.
Ökotourismus, wo man mit Müll sorglos umgeht
Es sind nicht die Gorgonen – altgriechische Schreckgestalten mit Schlangenhaaren – , die dem Gorgonia Beach Resort den Namen geben, sondern die Hornkorallen oder Gorgonien. Tatsächlich wird die Unterwasserwelt direkt am Hausstrand des Resorts von einem noch völlig intakten Korallenriff dominiert (siehe obigen Bericht). Unglaublich, wenn man bedenkt, dass die Anlage seit zehn Jahren in Betrieb ist. Nachvollziehbar, wenn man sieht, wie man sich im Resort, das im Nationalpark Wadi el Gemal liegt, um Nachhaltigkeit bemüht.
Das Tiefenbrunnenwasser für die 350-Zimmer-Anlage wird entsalzt und nach Gebrauch in einer Kläranlage aufbereitet für die Bewässerung der Gärten, die sich üppig entfalten. In einem Land, das mit Abfällen fahrlässig umgeht, wird der Müll hier getrennt und entsorgt. Das Warmwasser bereiten Solaranlagen, Photovoltaik ist in Planung. Noch kommt der Strom aus einem Dieselgenerator abseits des Resorts.
Gäste werden in einer eigenen, kleinen Ausstellung auf die Sensibilität der Meeresflora und -fauna hingewiesen. Zwei Meeresbiologen informieren vor den Tauchgängen ebenfalls entsprechend. Die Leitung des Resorts – es gehört einer Veroneser Familie– ist durch Owner Representative Johannes Girardi vertreten, der sich stark in die ökotouristische Entwicklung des Nationalparks einbringt. So wird u. a. ein Schulprojekt für Beduinenkinder gefördert. Ziel ist, dass der Nationalpark Arbeit für die Einheimischen schafft, für Besucher (auch künftiger Generationen) offen bleibt. www.gorgoniabeach.com
Marsa Alam
In Hinsicht auf Tauchferien lohnen wenige Destinationen den Reiseaufwand besser als die Gegend um die Stadt Marsa Alam, dessen kleiner Flughafen 65 km südlich liegt.
Klima: November–März 23 bis 21 Grad, im Sommer steigt die Maximaltemperatur auf über 40 Grad, das Wasser erreicht bis zu 30 Grad, meist weht ein kühlender Wind.
Pauschalangebote für All-inclusive-Aufenthalte plus Flug (ab München) beginnen bei knapp 400 Euro pro Woche, Qualität gibt’s ab 800 Euro.
Ich bin der Meinung, dass die Stadt Marsa Alam 65 km südlich des Flughafens liegt.
"Ökotourismus, wo man mit Müll sorgLOS umgeht"
Das kann doch so nicht gemeint sein, denn falls doch reise ich dort sicher nicht hin!
Fehlt gerade noch, dass die Westler zu Fuss die Nationalparks ansteuern.
Kerosin? Was issn dass ....