Das Schauspielstudio lädt ins zuckersüße Disneyland des Lächelns
Felix Krakaus Drama "Celebration (Florida)" wurde auf der Studiobühne im Linzer Schauspielhaus uraufgeführt.
Willkommen im Zuckerwatte-Land des Lächelns! Wo die Vögel zwitschern, so sie nicht von "Can You Feel the Love Tonight?" oder Ähnlichem übertönt werden. Seit Sonntag ist Disneyland mitten in Linz, auf der Studiobühne im Schauspielhaus, wohin die Uraufführung von "Celebration (Florida)" des 1990 geborenen Hamburgers Felix Krakau lädt. Schauplatz ist die gleichnamige reale Stadt in Florida, die 1994 von der Walt Disney Company gegründet wurde, samt 70 Seiten dicker "Bibel". Von der Höhe des Rasens bis zur Pastellfarbe der Häuser – nahezu alles ist in Celebration geregelt und geplant. Nur eines nicht: der Mord im Jahr 2000. Woraufhin die Disney Company ihr rufschädigendes Utopia rasch verkaufte.
Von Bambi bis Mickey
Den realen Faden hat Krakau als Stipendiat des "Drama Lab" der Wiener Wortstätten in seinem Stück weitergesponnen. Das Schauspielstudio von Landestheater und Bruckneruni brachte es am Sonntag in der Regie der Münchnerin Mechthild Harnischmacher zur Uraufführung. Alles beginnt im Foyer, wo das Publikum mit geschlossenen Augen zum Träumen eingeladen wird. Wer in Celebration und den folgenden 100 Minuten die Augen schließt, wird unerbittlich verfolgt: akustisch von Vogelgezwitscher oder Disney-Soundtracks. Auch der Zuckerwatte-Duft hat es in sich: Ausstatterin Stella Lennert hat die Bühne in ein weißes Schaumbad verwandelt.
Weiß ist auch die Hautfarbe der Bewohner, denen nur Englisch erlaubt ist, worüber die "Townmanagerin" mit Argusaugen wacht: Vivian Micksch schwingt ihr Zepter umso energischer, je mehr die Idylle bröckelt und am Heilsversprechen kratzt. Was nicht lange dauert für ein junges Paar, neu in Celebration: Mit immer überdrüssigerer Miene rührt "Celebrate A" (Hubert Chojniak) seine Zuckerwatte, "Celebrate B" (Alexandra Diana Nedel) ringt noch etwas länger tapfer um ihr Lächeln. Bis es totenstill wird in Celebration. Nur die Zuckerwatte, mit denen die Leichensäcke flugs bedeckt werden, knirscht wie morsches Gebälk.
Die eingeborene Jugend hadert bis dahin längst mit ihrem Schicksal: Kevin Bianco ziert sich prätentiös als "La Daisy", "Bambi Boy" Jonas Hämmerle beherrscht perfekt den Rehlein-Augenaufschlag samt Körperschütteln. Dana Koganova ist eine resolute, schlaue "Queen Jasmin". Letztere leihen auch Mickey und Minnie ihre Fistelstimmen, die immer schriller wie die Worte immer brutaler werden. Aus ihrer Inszenierung, die das Disney-Filmuniversum gekonnt und detailliert parodiert, schält Harnischmacher die unterschwelligen Aggressionen ob des in Perfektion erstarrten Lebens heraus. Auf immer höherem Wellengang schwankt die Idylle wie das Schiff im Sonnenuntergang einer Szene. Die Crew steuert spielfreudig durch den kathartischen Disneyland-Schock. Zuckerwatte will man nach diesen 100 kurzweiligen Minuten eher keine mehr.
Fazit: Eine treffend überzeichnete und gerade deshalb etwas anstrengende Disney-Parodie, die vor Heilsversprechen aller Art warnt.
Bis 21. 6., landestheater-linz.at