Russlands Doping-Begnadigung erregt die Gemüter
MOSKAU. Gegen die Wiederaufnahme Russlands in die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) regt sich weiter großer Widerstand.
In einer gestern veröffentlichten gemeinsamen Erklärung forderten die Spitzen von 13 namhaften internationalen Anti-Doping-Agenturen die Verschiebung der für Donnerstag geplanten Entscheidung. Zunächst müsse das Land beweisen, dass es die nötigen Kriterien erfüllt habe. Die RUSADA war im November 2015 nach der Aufdeckung des staatlich gedeckten Dopingsystems in Russland von der WADA suspendiert worden.
"Ich habe null Verständnis für diese Vorgehensweise. Man versucht, in den letzten Tagen quasi durch ein Hintertürchen einen Schleichweg zu finden", ärgerte sich Michael Cepic, Chef der österreichischen Anti-Doping-Agentur. Sein amerikanischer Kollege Travis Tygart wird noch deutlicher: "Ganz ehrlich, das stinkt zum Himmel", sagte er in Richtung der WADA: "Die Interessen einer Handvoll Sportfunktionäre werden über die Rechte von Millionen sauberer Athleten gestellt."
Zugang zum Labor gefordert
Die WADA hatte letzten Freitag überraschend mitgeteilt, dass der unabhängige Compliance-Prüfungsausschuss CRC empfohlen habe, die RUSADA nach drei Jahren Suspendierung wieder aufzunehmen. Tygart moniert: "Bis zum heutigen Tag haben WADA-Offizielle keinen Zugang zu den Proben von Athleten im Moskauer Doping-Labor. Zudem ist der McLaren-Report bislang nicht öffentlich anerkannt worden."
Sieben Mitglieder der WADA-Athletenkommission haben sich in einem Statement ebenfalls strikt gegen eine Wiederzulassung der russischen Anti-Doping-Agentur ausgesprochen. "Es darf nicht möglich sein, den größten Doping-Skandal des 21. Jahrhunderts zu begehen und dann wieder zugelassen zu werden, ohne die geforderten Bedingungen zu erfüllen", hieß es in der gestern veröffentlichten Erklärung. Und: "Als Athleten müssen wir jeden Tag die Regeln befolgen. Dies erwarten wir auch von allen Anti-Doping-Organisationen."
Ein Brief mit Zugeständnissen
Aus einem Schreiben von WADA-Chef Craig Reedie an Russlands Sportminister Pawel Kolobkow vom 22. Juni, das die BBC veröffentlichte, geht hervor, dass die WADA zugunsten der Russen von ihrer ursprünglichen harten Marschroute abweichen will und Russland vor allem beim Kriterium Zugang zum Moskauer Dopinglabor Zugeständnisse gemacht hat. Die ARD veröffentlichte am Samstag Kolobkows Antwortschreiben, in welchem der russische Minister erklärt, mit der WADA-Vorgehensweise einverstanden zu sein. Datiert ist dieser Brief auf den 13. September – einen Tag bevor der CRC die Empfehlung zur Wiederaufnahme der RUSADA aussprach.