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Fang das Nordlicht

Von Philipp Braun, 16. März 2019, 12:00 Uhr
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Bildergalerie Fang das Nordlicht! Unterwegs in Finnland
Bild: OÖN/Braun

Faszinierend fluoreszierend: Polarlichter erhellen die Nacht und das Gemüt. Wer tagsüber die Sonne einfangen möchte, spannt sich im Norden Finnlands am besten Hunde vor den Schlitten oder leiht sich ein Schneemobil aus.

Kakslauttanen liegt so weit oben im Norden Finnlands, dass man meint, gleich einmal hört die Erde auf. 3500 Kilometer von Linz entfernt, setzt man sacht seine Schritte in den Schnee; nicht dass man von der Erdenscheibe hinunterfalle.

Nun gleicht unser Planet glücklicherweise mehr einer Kugel als einer Scheibe und wird unter anderem durch den Äquator, einen nördlichen und südlichen Polarkreis und zwei Pole charakterisiert. Stürzen können die "Hans Guck-in-die-Luft" trotzdem: in ein Abenteuer von Polarlichtern, die unvergessliche Eindrücke hinterlassen.

Wenn sich grün, manchmal auch violett leuchtende Schwaden, Schleier oder Girlanden in der Dunkelheit vor den Augen aufbauen und wieder verschwinden, ist das nicht das Zauberwerk einer Fee. Vielmehr sendet die Sonne Elektronen, Protonen und ein wenig Helium aus. Dieser Sonnenwind fegt mit einem Höllentempo (man spricht von bis zu drei Millionen km/h) durch den Weltraum, wird in Erdnähe vom Magnetfeld eingefangen und zu den Polen abgelenkt. In Höhen von bis zu 400 Kilometern kollidieren die Teilchen mit den Atomen und Molekülen der Lufthülle. Dieser Zusammenstoß ist als helles Leuchten zu sehen: die Polarlichter.

Das glänzende Phänomen flößte früher den Menschen Angst und Respekt ein. Heute zieht es Touristen und Wissenschafter in den Bann, die zum nördlichen Polarkreis aufbrechen, wo das schillernde Spektakel besonders gut zu erleben ist.

Kakslauttanen liegt 250 Kilometer nördlich vom Polarkreis. Der ehemalige Rentiersammelplatz (kaks bedeutet auf Finnisch zwei, lauttanen steht für Rentierfleischlager) war früher eine Station für Samen, die Indigenen im Norden Europas, die als Nomaden mit ihren Rentieren einsame Landstriche in Norwegen, Russland, Schweden und Finnland durchstreiften. Tourismus galt in Lappland nie als bevorzugte Einnahmequelle. Gerade ein paar Abenteurer fuhren in den Norden, um die Wildnis zu erforschen, Gold zu schürfen oder fischen zu gehen.

Vom Fischer zum Hotelier

Jussi Eiramo ist so ein Fischer. Den größten Fisch – die Idee für ein Resort – fing er 1973. Die Quelle der Inspiration war ein leerer Tank. Eiramo wollte von einem Fischerausflug aus Utsjoki (nördlichste Gemeinde Finnlands, Anmerkung) zurück nach Mittelfinnland reisen, bis ihm der Sprudel ausging. Eiramo campierte in der Wildnis, verliebte sich in die Gegend Kakslauttanens und verbrachte gleich den ganzen Sommer im Zelt neben der Straße. So, als ob das schon immer sein Heim gewesen wäre. Im zweiten Jahr eröffnet er bereits ein kleines Café, baute ein paar Holzhütten, eine Sauna und schuf das erste private Hotel in Lappland. Die ersten touristischen Erfolge rieselten nur langsam wie Schneeflocken.

Fang das Nordlicht
Die Landschaft ist so oder so bezaubernd Bild: P. Braun

In den 80er Jahren dominierte die Wirtschaftskrise, der Tourismus kam wie unter einer Schneedecke an Enttäuschungen beinah zum Erliegen. Eiramo hingegen pilgerte wie ein Lichtprediger durch Europa, um Gäste von der Schönheit der Arktis zu überzeugen. Immer im Gepäck dabei: Bilder von Nordlichtern. "Wir haben diesen außergewöhnlichen Platz. Du musst kommen, um die Polarlichter zu sehen", wird Eiramo zitiert. Und die Gäste kamen, um zu schauen. Wie Maulwürfshügel entstand eine Holzhütte nach der anderen in Kakslauttanen. Einzig die Kälte von bis zu minus 35 Grad schreckte Touristen davon ab, in der frostigen Nacht in den Himmel zu starren und auf Nordlichter zu warten. Diese arktischen Temperaturen waren jedoch die Angelschnur, mit der er den zweiten große Fisch fing: die Idee der Glasiglus.

> Video: Das Hundeschlittenrennen

 

Gut für Nordlichter

Vor zwanzig Jahren baute Eiramo die ersten davon. Doppelt verglast, mit freiem Blick auf den Sternenhimmel und wohligen Innentemperaturen. Zwei Varianten laden zum Himmelgucken ein: die Minimalversion mit einem Bett, einer Toilette und einem Waschbecken. Geduscht wird in einem Gemeinschaftsbad. Oder die luxuriöse Kelo-Variante, wo sich in einem Holzchalet die Annehmlichkeiten einer Sauna, Dusche und Küche befinden. Ein Glasiglu ist an das Holzhaus angebaut, mit Bett ausgestattet und bietet einen faszinierenden Blick auf die Landschaft und den Himmel.

Beide Unterkünfte kommen ohne Fernseher aus. Die besten Sendungen liefert sowieso die Natur. Außerdem entspreche das der "Detox-Philosophie" des Eigentümers, erklärt Medienmanager Gianluigi Bartolini. Dafür gibt es WLAN, das gegen anfänglichen Widerstand von Eiramo durchgesetzt wurde. "Wir haben fünf Jahre gebraucht, um Jussi davon zu überzeugen. Aber das Erste, was Gäste machen, wenn sie Nordlichter sehen oder im Glasiglu übernachten, ist, Bilder auf den sozialen Netzwerken zu posten. Eine unbezahlbare Werbung für Kakslauttanen", sagt Bartolini. Seit einem Jahr können Gäste im resorteigenen Netz surfen. Sie drehen Videos, posieren in der Schneelandschaft und lassen mit einem Klick die virtuelle Welt am Zauber teilhaben.

Fang das Nordlicht
Auch Rentiere ziehen Schlitten. Bild: P. Braun

Eine Garantie für Nordlichter gibt es nicht. Die Wahrscheinlichkeit, welche zu sehen, ist in den Wintermonaten jedoch sehr hoch. Sie präsentieren sich als Bögen, als Streifen oder als Strahlen. Die Struktur reicht von einheitlich, gefaltet, breit bis eng gestreift. Einmal bewegen sich die Lichter kaum und verharren in stoischer Ruhe, ein anderes Mal meint man, pulsierende Wolken zu erkennen. Auch die Intensität wechselt in Farbe und Helligkeit. In kurzen Momenten sieht man weiße Schleier in der Ferne, mit etwas Glück bauen sich grüne Girlanden vor dem Glasiglu auf und bewegen sich wie Rauchschwaden im Wind.

Chronische Schlafmützen, die solche Himmelserscheinungen gerne verschlafen und nicht auf Verdacht wach bleiben können, dürfen beruhigt sein. In jedem Zimmer ist ein Signalmelder befestigt, der die Nordlichter mit einem ohrenbetäubenden Surren ankündigt. An Schlaf ist bei Aktivierung kaum zu denken. Sobald die Polarlichter den Himmel erhellen, kann man den Tinnitus-Stecker ziehen. Der optische Reiz verdängt jede Müdigkeit.

Mit Ende der Nacht, verschwinden auch die Nordlichter. Der Liebreiz geht in den Tag über. Waren es zuvor noch Nordlichter, die das Herz berührten, sind es tagsüber die Sonnenstrahlen und die Winterlandschaft. Nie war es schöner, mit roten Backen und angeeisten Haaren durch die finnische Schneelandschaft zu stapfen.

> Video: Ausflug mit den Schneemobilen

 

Minus 20 Grad mögen im ersten Moment abschrecken. Sonne, trockene Kälte und Windstille können aber auch vergnügen: der Schnee knirscht und quietscht unter den Schuhen besonders schön, Schneeglitzern wirkt wie Zauber. Abenteurer und Wagemutige leihen sich ein Schneemobil aus oder nehmen auf einem Hundeschlitten Platz, um die finnische Arktis zu erkunden: 200 Hunde, darunter Alaskan und Siberian Husky, Europäischer Schlittenhund, Alaskan Maalmute, Greyster und Grönland-Hund, jaulen beim Arctic Resort. Alle wollen eingespannt werden. Sechs von ihnen haben Glück und ziehen einen Schlitten mit zwei Erwachsenen.

Mit einem Jahr treten sie ihren Job als Schlittenhund an. Hierarchie und Kompetenzen sind im Rudel festgelegt. Gleich vor dem Schlitten werden die stärksten Hunde eingespannt, dann kommen die Teamspieler für die Kraftverteilung. Danach laufen die Swinger – Spezialisten für die Kurven. Und an vorderster Stelle schnaufen die Leithunde, die sich die Laufspur eingeprägt haben und besonders sensibel für Kommandos sind.

Hunde befolgen klare Anweisungen, falls jedoch Neulinge die Position des Schlittenführers einnehmen, sind Kommandos zweitrangig. Wichtig ist, die Balance zu halten; immerhin erreichen die Schlitten bis zu 30 km/h. Wem es zu schnell wird – ein Stopp-Ruf stößt auf taube Hundeohren. Besser erkennen die Hunde das Signal der Krallenbremse, die sich an Scharnieren am Schlittenende befindet und bei Bedarf in den Schnee gedrückt wird.

Nach zwei Stunden kehrt man zurück, auch wenn man mit den Huskys am liebsten bis ans Ende der Welt reisen möchte. Wo auch immer das liegen mag. In Finnland liegt man nicht verkehrt.

Fang das Nordlicht
Der Morgen ist genauso schön wie die Nacht. Bild: P. Braun

Informationen

Anreise: Das „Kakslauttanen Arctic Resort“ liegt 250 Kilometer nördlich des Polarkreises und ist über den Flughafen Ivalo (30 Kilometer entfernt) gut zu erreichen. Finnair fliegt regelmäßig von Wien über Helsinki nach Ivalo (hin und retour um zirka 400 Euro). Wer einen längeren Aufenthalt in Helsinki hat, kann um fünf Euro in die Innenstadt fahren (Dauer 30 Minuten) und die Hauptstadt erkunden. Empfehlenswert: Hafen mit Markthalle.

Umgebung: Der Urho-Kekkonen-Nationalpark, wenige Minuten vom Resort entfernt, gilt als einer der größten Parks Finnlands und wird seit hundert Jahren von Samen besiedelt. Das Skizentrum Saariselkä ist in einer Viertelstunde zu erreichen. 15 Pisten sowie ein 200 Kilometer großes Loipennetz laden zum Sporteln ein.

Unterkunft: Von einfach gehaltenen Glasiglus (475 Euro bei Einzelbelegung) über Blockhütten (555 Euro für zwei Personen) bis zu komfortablen Kelo-Glasiglus (bei Doppelbelegung 848 Euro pro Nacht inklusive Halbpension zur Hauptsaison) stehen Zimmer für jeden Geschmack und jede Preisklasse zur Verfügung.

Aktivitäten: Das Resort bietet viele Aktivitäten an. Unvergesslich ist eine Huskysafari (zwei Stunden ab 152 Euro). Langlaufski können um 26 Euro ausgeborgt werden. Eine vierstündige Fahrt mit Schneemobilen zur Rentierfarm kostet ab 166 Euro und inkludiert ein Mittagessen. www.kakslauttanen.fi

 
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