Winterliche Stadtversuchung

Die Schritte sind eilig. Wir sind mit Birgit Mayr verabredet, die uns in einer "Stadtversuchung" zu den kulinarischen Schmankerln von Bad Tölz leiten will. Gemeinsam mit vier Kolleginnen bietet die Stadtführerin seit mehr als zehn Jahren nicht ganz alltägliche Führungen durch ihre Heimatstadt an, gewürzt mit wahren Geschichten, unterhaltsamen Legenden und viel Zeit zum Genießen. "Besucher sollen der Stadt mit allen Sinnen begegnen."

Denkmal für Ottfried

Treffpunkt ist am Bullen-Brunnen vor der Tourist-Info, jenem Denkmal, das die Tölzer 2013 für ihre Kultfigur Ottfried Fischer bzw. den "Bullen von Tölz" errichteten. Von dort geht es durch den Franziskanergarten in Richtung Franziskanerkirche. Hier sollen einst unheimliche Geistermessen stattgefunden haben. Wir befinden uns im Bäderviertel, dem westlichen Teil der Stadt, durch deren Mitte die Isar fließt, und erfahren alles über deren Kur-Vergangenheit, die dank mildem Reizklima und natürlicher Jodquellen Prominente anlockte. Thomas Mann gefiel es in Bad Tölz so sehr, dass er dort ein Sommerhaus errichtete, das heute noch zu besichtigen ist – leider nur von außen, denn es befindet sich in Privatbesitz.

Bevor wir den Fluss überqueren, besuchen wir das "Rendezvous der Genüsse". Schokoladen-Aroma füllt das behagliche Café. In den Auslagen drängen sich feinste Pralinen, Bonbons und gebackene Köstlichkeiten, dazwischen kleine Päckchen mit Kieselsteinen, wie sie am Ufer der Isar liegen. "Nur geschmackvoller", sagt Birgit Mayr. "Die besondere Tölzer Spezialität besteht aus Marzipan und Nougat, eingemantelt in ein täuschend ähnliches Stein-Dekor."

Eine Kostprobe, dann verlassen wir das Schlaraffenland. Im Dämmerlicht schlendern wir in die Marktstraße, die mit dem Christkindlmarkt vom 23. November bis zum 24. Dezember von 11 bis 19 Uhr besonders hell erstrahlt. Hinter den unverwechselbaren Fassaden, die Anfang des 20. Jahrhunderts durch Gabriel von Seidl gestaltet wurden, ist eine Mischung aus Handwerksläden, traditionellen Gasthäusern und modernen Modegeschäften zu entdecken.

Etwas versteckt befindet sich das Tölzer Marionettentheater, das seine Gäste mit liebevollen Inszenierungen und handgemachten Puppen verzaubert. Mit etwas Glück trifft man hier auf Karl-Heinz Bille, einen der heutigen Betreiber und Nachkommen einer der bekanntesten deutschen Puppenspielerfamilien. Er gewährt gerne einen Blick hinter seine Theaterkulisse.

Inmitten der Stadt lädt der "Schwaighofer" zu Wein- und Spirituosenproben in seine gemütliche Stube. Die Tölzer Genuss-Institution ist seit mehr als 125 Jahren in Familienhand. Heute besichtigen wir nur die 1896 von Gabriel von Seidl gestaltete Weinstube und lassen uns von Gründer-Enkel Claus Janßen einen in der dazugehörigen Brennerei hergestellten Alpenkräuterlikör aushändigen. Denn vor Ladenschluss wartet noch Käsemeister Wolfgang Hofmann im "Tölzer Kasladen". Er bietet eine Probier-Auswahl aus dem 200 Käse umfassenden Sortiment an.

Mit der Würze der Stadt auf den Zungen geht es zum höchsten Punkt unseres Rundgangs. Zehn Minuten dauert der Spaziergang auf den Kalvarienberg, der mit seiner Doppelkirche wie eine Krone über Bad Tölz thront.

Info: www.bad-toelz.de, www.toelzer-stadtversucher.de