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Wenn Reisende zur Last werden

Von Bernhard Lichtenberger, 10. November 2018, 00:04 Uhr
Wenn Reisende zur Last werden
Bild: APA

Die Stimmigkeit zwischen wertschätzender Gastfreundschaft und Wertschöpfung ist aus den Fugen geraten, sagt Experte Harald Pechlaner zum Thema "Overtourism".

Kreuzfahrer, die Städte überschwemmen, ohne dort viel Geld zu lassen. Einheimische auf Mallorca, die gegen den Massentourismus auf die Straße gehen. Demos und Strandblockaden gegen die Touristifizierung in Barcelona. 80 Busse, die täglich das von Asiaten entdeckte Hallstatt überrollen. Der sogenannte "Overtourism" schürt Konflikte. Die OÖNachrichten haben darüber mit dem Südtiroler Tourismus-Experten Harald Pechlaner gesprochen, der am Donnerstag in Linz beim neuen Kongress "TravelCulture" zu Gast war.

 

OÖNachrichten: Ein Schlagwort der Zeit lautet Overtourism. Was löst diesen aus?

Harald Pechlaner: Ich denke, dass Phänomene, wie wir sie in Barcelona, Dubrovnik oder Venedig sehen, nur Momentaufnahmen sind. Overtourism greift tiefer, er ist nur der Beginn einer größeren Transformation. Gesellschaften ändern sich und mit ihnen auch die Art, wie wir Tourismus erleben und selbst Tourist sein wollen. Bei Spitzen wie in Barcelona kommt Verschiedenes zusammen: die Entwicklungen im Low-Cost-Airline-Bereich, der Kreuzfahrt-Tourismus, Airbnb, Digitalisierung, Globalisierung, neue Märkte, die uns entdecken. All das führt teilweise zu kritischen Situationen.

Was sehen Sie am Horizont heraufdräuen?

Dass sich touristische Destinationen sehr anstrengen müssen und sich nicht nur ein bisschen darauf konzentrieren, die Gästeströme zu lenken. Das greift zu kurz. Es wird notwendig sein, dass sich Destinationen ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, welchen Gast man haben möchte, weil er zum Angebot passt oder weil das Angebot in eine bestimmte Richtung entwickelt werden muss. Es reicht nicht mehr, tolles Marketing zu machen, damit möglichst viele Gäste kommen. Es muss stärker der Lebensraum entwickelt werden, in dem Menschen leben, deren Identität wiederum Grundlage für einen nachhaltigen Tourismus sein kann. Darin soll auch eine Perspektive für die nächste Generation enthalten sein.

Hallstatt ist nur eines der Beispiele, für die das UNESCO-Welterbe-Etikett schon mehr Fluch als Segen ist, das vor allem asiatische Besucher abklappern.

Der Run auf UNESCO hat gezeigt, dass das die Touristiker in der Tendenz eher als Marketing-Label gesehen haben. Das war aber nicht die Intention der UNESCO, das muss man ihr zugute halten. Da muss man jetzt wirklich in Fragen der Verantwortung für das Welterbe einsteigen. Hallstatt ist diesbezüglich eine einzigartige Fallstudie. Wir müssen jenen Gast haben, dem wir so viel Zeit widmen können, dass daraus eine wertschätzende Gastfreundschaft entsteht, und auf der anderen Seite muss auch die Wertschöpfung da sein. Zwischen diesen beiden braucht es eine Stimmigkeit, und die ist ein bisschen aus den Fugen geraten.

Kann man aus dieser Overtourism-Spirale herauskommen, in einer Zeit, in der via Instagram sogenannte touristische Geheimtipps global verbreitet werden?

Durch die Digitalisierung werden Orte urplötzlich zu attraktiven Destinationen, die man vorher gar nicht kannte, weil sie nicht beworben wurden. Da muss man entsprechende Maßnahmen treffen, in Richtung Besucherlenkung gehen. Eines muss man schon sagen: Wir Touristiker sind in der Vergangenheit viel zu wenig in den Dialog mit der Bevölkerung getreten, sondern haben die relevanten touristischen Entwicklungen einfach entschieden. Die Bevölkerung akzeptiert das immer weniger, sie will ernsthaft eingebunden sein. Passiert das nicht, kippt die Stimmung schnell.

Wohin entwickelt sich der Reisende?

Wir haben in unseren Ländern eine sehr reiseerfahrene Gesellschaft. Sie wird zunehmend in die Tiefe und nicht in die Breite reisen. Es geht immer weniger darum, noch mehr zu sehen. Das, was man bereist, und das muss nicht unbedingt die Ferne sein, will man gut kennen lernen, hinter die Kulissen blicken und den Lebensraum verstehen können. Das heißt, dass wir als Tourismusregionen sehr ehrlich sein müssen und nicht nur Schönfärberei betreiben dürfen, sondern die Probleme auch mit den Gästen diskutieren.

Kann es angesichts der Touristenströme passieren, dass sich der Reisende verstärkt der Heimat zuwendet?

Das würde ich nicht ausschließen. Im übertragenen Sinne ist es wie eine Reise nach innen. Weil wir so viel gereist sind, taten wir das letztendlich recht oberflächlich. Diese Erkenntnis könnte dazu führen, dass breite Gesellschaftsschichten gar nicht mehr weit fahren, sondern in einem regionalen Kontext bleiben.

Wie kann eine Industrie- und Kulturstadt wie Linz aus dem Schatten von Wien und Salzburg treten?

Die große Zeit von Linz kommt, vor allem wegen der angesprochenen Entwicklungen. Linz hat eine Transformation hingekriegt und ist gut imstande, diese auch zu zeigen. Linz geht mit seiner Vergangenheit sehr transparent und proaktiv um, beschönigt nicht und erklärt, wie Zukunft aussehen könnte – Stichwort Ars Electronica Center. Linz ist einen ganz spannenden Weg gegangen. Seit dem Projekt Europäische Kulturhauptstadt ist es auch mit den Gästezahlen ständig nach oben gegangen. Keine andere Stadt in Österreich hat in so kurzer Zeit so viel Entwicklung durchgemacht.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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hintergrundleser (4.812 Kommentare)
am 11.11.2018 13:09

Den Übertourismus haben wir in Österreich seit 2015 flächendeckend, weil diese Touristen aus fernsten Ländern uns gar nicht mehr verlassen wollen. Da machen die Griechen irgendwas falsch: aus deren Lagern reisen die Touristen nun wieder heim.

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jago (57.723 Kommentare)
am 11.11.2018 10:00

> Durch die Digitalisierung werden Orte urplötzlich zu attraktiven Destinationen,
> die man vorher gar nicht kannte,


Na eh klar, die Digitalisierung ists. Die Weber müssen wieder zum Aufstand gegen die Mechanisierung gerufen werden.

Euch Zeitungsschreiber wenn man nicht hätte, die Sonne bleibert nächtens am Himmel stehen grinsen

Nein, es ist nicht einmal halb so lustig, wie ich das über die Unmündigen schreibe, die sich schübelweis überall hin treiben lassen traurig

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