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Port in jedem Ort

Von Bernhard Lichtenberger, 15. Juli 2018, 00:04 Uhr
Port in jedem Ort
In Porto begegnet man den landestypischen Azulejos – prächtige Fliesen, die sich zu Mustern und Geschichten erzählenden Wandbildern zusammenfügen. Bild: OÖN

Die 4. OÖN-Flusskreuzfahrt mit Moser Reisen entführte ins portugiesische Douro-Tal. Bernhard Lichtenberger gab sich nicht nur der faszinierenden Landschaft hin.

Am Kai des südlichen Douro-Ufers buhlen Vinotheken, hippe Rooftop-Bars, kleine Lokale und Restaurants um die Gunst der Flanierenden. Zwischen den engen Gassen von Via Nova de Gaia, das Porto gegenüber liegt, reihen sich mit rotem Ziegel gedeckte Giebeldächer aneinander. Die dicken Mauern markieren ein Viertel mit hochprozentigen Untermietern. In 60 Kellereien lagern Portweine, von den jungen, kräftigen Rubys über die in kleinen Fässern reifenden Tawnys bis zu den edlen Vintage-Jahrgängen.

Unweit der Mündung des 897 Kilometer langen Flusses in den Atlantik legt die MS Douro Splendour ab und zieht an den traditionellen Rabelos vorbei. Die Boote mit dem langen Steuerruder transportierten bis Mitte der 1960er-Jahre die vollen Fässer von den Weingütern in die Portweinhäuser. Während die Schiffer einst mit unberechenbaren Strömungen und Engstellen zu kämpfen hatten, schaukeln sie nunmehr Touristen unter der mächtigen Eisenbrücke durch.

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Das Kreuzfahrtschiff vor der Kulisse Portos Bild: OÖN

Monströser Schlund

Schiffbar ist der in den nordspanischen Bergen entspringende Douro nur auf portugiesischer Seite. Zwischen Porto und dem Grenzkaff Barca d’Alva stellen sich Kreuzfahrern und Ausflüglern fünf Schleusen in den Weg. Jene von Carrapatelo versammelt ungläubig Staunende auf dem Oberdeck. Ein monströs wirkender Schlund aus Beton, in den sich kein Sonnenstrahl verirrt, nimmt das luxuriöse Wassergefährt auf, das nur langsam nach oben gedrückt wird. Mit einer Fallhöhe von 35 Metern ist die Schleuse die zweithöchste Europas.

So beeindruckend das Stauwerk ist, der sich dahinter öffnenden landschaftlichen Verführung kann es nicht das Wasser reichen. Der Douro schlängelt sich an sanften Hügeln, steinigen Platten und steilen Bergseiten vorbei. Weidengerten streicheln das ufernahe Nass. Das grüne Laub der Reben bemustert die Hänge bis zu deren Kuppen, als ob jemand ein Gitter aus Schrägen und Geraden darüber legte. Olivenbäume fassen die auf Terrassen angelegten Kulturen ein. Weiß getünchte Quintas, Weingüter, stechen heraus. Schwarzer Schiefer, der die Wärme speichert, trägt zum Mikroklima bei, das den Trauben taugt. Der Mensch muss sich daran gewöhnen. "Wir haben neun Monate Winter und drei Monate Hölle", drückt es Reiseleiterin Marta Villares drastisch aus. Extreme Temperaturen prägen den Sommer. "Vor zwei Jahren", sagt Marta, "bin ich in Pinhao aus dem Bus gestiegen, bei 48,5 Grad Celsius. Da dreht man gleich wieder um."

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Weinreben auf Schieferterrassen, Oliven- und Mandelbäume prägen die Landschaft des Dourotales. Bild: OÖN

Erzählende Fliesen

Pinhao. Herz des Dourotales nennt unsere Begleiterin die Ansiedlung. Vom Pulsieren ist allerdings wenig zu spüren. Die Fassaden bröckeln, einige Häuser stehen leer. In den wenigen Restaurants herrscht alles andere als Gedränge. Als Schmuckstück des Ortes wird der kleine Bahnhof gepriesen. Das Augenmerk gilt den landestypischen Azulejos, den Kunstwerken im Quadrat. Die bemalten und glasierten Keramikfliesen erschöpfen sich nicht in behübschender Ornamentik. Sie fügen sich mosaikartig zu fantastischen Wandbildern zusammen, die Geschichten erzählen.

Wer tiefer in die regionale Entwicklung des Weinbaus eintauchen möchte, kehrt Pinhao den Rücken zu und spaziert hinauf zur Quinta de la Rosa. Auf deren Terrasse kostet man sich in sogenannten Flights durch Weinproben, nippt am Rosé, prüft die Farbe des Weißen, schnuppert am Bouquet der roten Reserve und ergötzt sich an der Süße des Ports – und wie nebenbei lässt man die Pracht der Gegend auf sich wirken.

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Die Hafenstadt, die etwas größer als Linz ist, wurde auf Hügeln erbaut. Bild: OÖN

Dass Wein zu Port wurde, liegt am Verderben. Im 17. Jahrhundert lechzten die Engländer geradezu nach Rebensaft. Da es mit der Lagerfähigkeit haperte, hielt sich die Gaumenfreude in Grenzen. Da kamen findige Mönche auf die Idee, den Tafelwein mit 77-prozentigem Weinbrand zu verschneiden und dadurch haltbar zu machen. Die Zugabe stoppt die Gärung, je früher das passiert, desto mehr Restzucker bleibt übrig – ebenso ein Alkoholgehalt zwischen 19 und 22 Volumsprozent.

Port ist nur Port, wenn die 29 verwendeten Rebsorten in einem exakt markierten Revier des Dourotales gedeihen. Das hat 1756 der Marques de Pombal festgelegt, um eine hohe Qualität zu besiegeln. Das zum UNESCO-Welterbe erhobene "Alto Douro" gilt folglich als älteste Weinregion der Welt mit geschützter Herkunftsbezeichnung.

Maschinen haben in den Schieferterrassen nichts verloren. Pflege und Lese sind harte Handarbeit. Die wird in vielen Quintas mit Füßen getreten. Was niederträchtig anmutet, ist tatsächlich fast zärtlich. In großen Granitbecken, Legares genannt, stampft ein gutes Dutzend Männer baren und gewaschenen Fußes stundenlang auf den Trauben herum. Das entlockt der Schale die herrlichsten Farben und schont die Kerne, die dadurch ihre Bitterstoffe nicht abgeben.

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Die MS Douro Splendour auf dem mäandernden Fluss, der in Spanien entspringt, aber nur auf portugiesischer Seite schiffbar ist. Bild: OÖN

Trotz kulinarischer Güte und entschleunigender Fortbewegung finden die Kreuzfahrer gute Gründe, das Schiff vorübergehend zu verlassen. Ausflüge führen etwa nach Guimaraes, der Wiege der Nation, und nach Lamego, das am Jakobsweg liegt. Im 16. Jahrhundert wurmte es den Bischof der Stadt, dass die Pilger nur durchreisten. Aus Rom brachte er zwei Statuen der Gottesmutter mit, einmal schwanger, einmal stillend, und entwickelte einen Wallfahrtsort, der Heiligen der Heilmittel gewidmet. Zur Kirche führt eine symmetrisch angelegte barocke Treppe mit 686 Stufen hinauf. Und wieder hinunter, wo unbedingt lokale Spezialitäten zu kosten sind: ein Glas leichter, erfrischender Raposeira-Schaumwein, dazu Bola, ein flach gehaltener Biskuit-Kuchen, der mit Stockfisch, Sardellen, Käse, Gemüse oder der würzigen Chourico-Wurst gefüllt ist.

Ein Abstecher nach Villa Real zahlt sich allein wegen des nahen Mateus-Palastes aus. Das barocke Juwel mit einer feinen Bibliothek aus Kastanienholz spiegelt sich im vorgelagerten Teich. Wertvolles Interieur, das seinen Ursprung nicht selten in Indien hat, zeugt von der früheren kolonialen Macht Portugals. Der weitläufige Garten erfreut das Auge – und den Zünsler, dem die Wächter des jahrhundertealten Buchses mit Giftspritzen den Appetit auf die Blätter zu verderben trachten.

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Für die Übernachtung im Mateuspalast, den eine gräfliche Familie als Sommerresidenz nutzt, bedankte sich ein Künstler mit einer im Teich liegenden Frauenskulptur. Bild: OÖN

Begleitet von Adlern, Milanen, Geiern und Störchen, die mit der Thermik spielen, erreicht der Bus von der Grenzanlegestelle Vega de Térron in etwa zwei Stunden das spanische Salamanca, das seit 800 Jahren die älteste Universität beherbergt. An deren überreich verzierter Fassade sucht man den winzigen, auf der Stirn eines Totenschädels sitzenden Frosch. Das Symbol für wollüstige Ausschweifungen sollte die Studenten gemahnen, tugendhaft alle Prüfungen zu bestehen. Ein Leichtes dürfte das in der Stadt mit seiner goldgelb strahlenden Sandstein-Architektur noch heute nicht sein – schließlich darf man sich in den Arkaden-Cafés am Plaza Mayor bis halb drei Uhr morgens ungestraft vergnügen.

Und schließlich Porto, Ausgangs- und Endpunkt der Reise mit der MS Douro Splendour. Durch die Hafenstadt, die dem berühmten Wein den Namen gab, mit den auf Hügeln errichteten alten Vierteln, lässt man sich am besten ziellos treiben – durch steile Gässchen, zu den Azulejos, die Kirchen, Häuser und den Bahnhof schmücken, durch den Park mit den verkrüppelten Platanen, zum Jugendstilcafé "Majestic", dessen Ambiente überwältigt. Wem sauer aufstößt, dass dort der einfache Espresso vier Euro kostet, der lege die Süße eines kräftigen Ports darüber. Den gibt es ohnehin in jedem Ort.

Vorschau: Für 2019 ist eine Nil-Kreuzfahrt geplant, Details folgen rechtzeitig.

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