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Geister, Glück und Katzenkaffee

Von Barbara Rohrhofer, 30. September 2018, 00:04 Uhr
Geister, Glück und Katzenkaffee
Der „Mount Bromo“ zählt zu den aktivsten Vulkanen Indonesiens und spuckt immer wieder Asche. Der Sonnenaufgang hoch über Java ist spektakulär. Bild: OÖN/bar

Tempel, Vulkane, Traumstrände und spektakuläre Sonnenaufgänge – die indonesischen Inseln Java und Bali sind ein Quell der Vielfalt.

Die Winterjacken hatten wir doch glatt vergessen. Aber wer denkt schon an dicke Daunenmäntel, wenn er eine Reise nach Java und Bali plant. Da hat man doch nur Bilder von Palmenhainen, Meer und romantischen Sandstränden im Kopf. Falsch gedacht.

Drei Stunden vor Sonnenaufgang werden wir von unserer Unterkunft in Ostjava von einem dick eingemummten Fahrer mit einem Jeep abgeholt, der uns in die Nähe des Vulkans "Mount Bromo" bringen soll. Die Fahrt führt über sehr holprige, staubige Wege durch kleine Bergdörfer. Am Straßenrand verkaufen fliegende Händler Schals, Handschuhe, Decken und dampfenden Ingwertee. Als wir auf fast 2300 Höhenmetern aussteigen, bläst uns ein kalter Wind um die Ohren, und wir ahnen, dass es ein eiskaltes Vergnügen werden wird, auf der Aussichtsplattform auf den Sonnenaufgang zu warten und den Mount Bromo aus der Nähe zu betrachten, der zu den aktivsten Vulkanen Indonesiens zählt, weil er immer wieder Asche spuckt.

Märchenhafter Sternenhimmel

"Das letzte Mal hat er das im April dieses Jahres gemacht, daher dürfen wir nicht näher an ihn heran", sagt Hannuto, ein ehemaliger Reisbauer, der Deutsch gelernt hat und jetzt seit einigen Jahren als Fremdenführer arbeitet. Der Sternenhimmel glitzert märchenhaft, und man könnte stundenlang hier ausharren. Doch die Kälte kriecht schnell bis tief in die Knochen. Der Ingwertee tut gute Dienste, auch die Leihgebühr für eine alte Decke ist ein gutes Investment. Langsam wird die Nacht zum Tag, der kurz bevorstehende Sonnenaufgang taucht den Himmel in ein sattes Rot-Orange und lässt den Vulkankegel neben uns plastisch hervortreten.

Die Dutzenden Urlauber aus aller Welt, die sich versammelt haben, kommen aus dem Staunen und Selfie-Machen kaum heraus. Das Spektakel wiederholt sich hier täglich, ist sehenswert und perfekt organisiert. Nach dem Sonnenaufgang holpern wir mit dem Jeep bis zum Fuße des Vulkans, wo bereits die Pferde gesattelt sind, auf deren Rücken wir gemütlich durch das schwarze Sandmeer reiten.

Die 60.000 hinduistischen Bewohner dieser Gegend, das sich Tengger-Hochland nennt, betrachten den Vulkan als heiligen Berg. Sie versammeln sich einmal im Jahr zu einer Besänftigungszeremonie auf dem schmalen Grat, um Obst, Gemüse und Blumen in den dampfenden Abgrund zu werfen und die bösen Geister zu besänftigen.

Geister, Glück und Katzenkaffee
Diese bunten Opfergaben sollen im hinduistischen Elefantentempel auf Bali die bösen Geister vertreiben. Bild: OÖN/bar

Geisterglaube ist im islamischen Java an jeder Ecke anzutreffen. So gibt es in der Stadt Malang einen Markt, auf dem Tauben verkauft werden, die hier Status- und Glückssymbole sind. "Singen sie besonders schön, bringen sie der ganzen Familie Glück. Fliegen sie besonders schnell, eignen sie sich wunderbar für das beliebte Tauben-Wettfliegen, bei dem es als Hauptpreis einen Kühlschrank gibt", erzählt der Reiseführer, der immer wieder mit kleinen übersinnlichen Geschichten aufwartet. So heiratet man auf Java ausschließlich an Glückstagen, die von Wahrsagern ganz genau berechnet werden. Ist das Schicksal ungnädig, muss man es besänftigen, was sich am besten mit dem Schlachten von Hühnern erledigen lässt.

Apropos Hühner: In versteckten Hinterhöfen findet man zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Gruppe von Männern, die ihrem verbotenen Hobby, dem Hahnenkampf nachgehen. "Verboten", haucht Reiseführer Hannuto, als er uns an einen derartigen Ort führt, um festzustellen, dass heute sogar der Dorfpolizist mit von der Partie ist und auf den stolzesten Hahn wettet.

In Java ist eben alles ein bisschen anders. Man lebt nach uralten Ritualen und Traditionen und macht sich um den Rest der Welt wenig Gedanken. "Wir haben Reisfelder, Tee- und Kaffeeplantagen, haben Bodenschätze und genügend Wasser, was brauchen wir mehr?", fragt Hannuto.

Geister, Glück und Katzenkaffee
Auf dem Blumenmarkt in Malang in Ostjava vertreiben sich die Verkäuferinnen ihre Zeit mit dem Handy. Bild: OÖN/bar

Er kennt die javanesische Seele in- und auswendig und auch die größten Wünsche und Träume der mehr als 143 Millionen Einwohner. Als "reich" gilt hier, wer ein Moped und einen Kühlschrank besitzt und dessen Familie sich täglich zum gemeinsamen Essen trifft. Verwandte zu besuchen, stellt einen wesentlichen Teil des Lebenssinns dar. "Wir feiern eigentlich immer. Einmal eine Schwangerschaft, dann die gute Reisernte, dann das Baby, den Geburtstag, die Liebe, das Wetter, unser fruchtbares Land", erzählt Hannuto.

Der Zusammenhalt zeige sich aber nicht nur bei Festen, sondern auch in Krisen. Und diese gibt es hier immer wieder, weil Erdbeben und Vulkanausbrüche zum Alltag gehören. Alltäglich ist hier aber auch, dass ein Mann mehrere Frauen hat. "Ich nicht, ist mir zu anstrengend", stöhnt Hannuto und zeigt uns in der Stadt Yogyakarta das Haus des Sultans, der den Status eines Heiligen genießt.

Der Sultan und sein Harem

Das ehemalige Haremshaus ist einem Erdbeben zum Opfer gefallen, nur ein Teil davon ist noch zu besichtigen: Drei große Swimmingpools dienten den Frauen des Sultans zur Reinigung, im nahen Turm konnte er seine Angetrauten beobachten, um eine auszuwählen, die ihm in die Privatgemächer folgen durfte. Der heutige Sultan aber lebe monogam und habe ein ehemaliges Model geheiratet. Die Trends der großen weiten Welt machen eben auch vor Java nicht halt. Auch wenn es scheint, man sei hier in einer anderen Welt gelandet, gibt es eine große Gemeinsamkeit: Das Smartphone, das neben Kühlschrank und Moped ganz einfach sein muss.

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Früchte, Reis und Gewürze in Hülle und Fülle. Wer einkauft, muss hier auch handeln, sonst zahlt er garantiert drauf. Bild: OÖN/bar

Der Verkehr in Yogyakarta ist chaotisch. Tausende Mopedfahrer ohne Helm, dafür zu dritt oder viert unterwegs, schlängeln sich an den stauenden Autos vorbei. Wahrscheinlich ist es der javanesischen "Alles-wird-gut"-Mentalität zu verdanken, dass es hier nicht mehr Unfälle gibt als anderswo. Das unglaubliche Gedränge auf den Straßen setzt sich auf den Märkten fort, wo Früchte, Gemüse, Gewürze, Tee, geschnitzte Figuren und Batik-Kleidung angeboten werden und heftig gefeilscht wird, freilich nicht ohne immerzu freundlich zu lächeln. Emotionen zu zeigen, ist hier nicht wirklich erwünscht.

Katzenkaffee als Spezialität

"Unsere Spezialität ist der Katzenkaffee", erklärt der nette junge Mann, der uns durch eine große Gewürz-, Reis-, Tee- und Kaffeeplantage führt. "Schleich-Katzen essen die reifen Kaffeebohnen, die in ihrem Verdauungstrakt fermentiert und dann wieder ausgeschieden werden. Daraus entsteht die Delikatesse", sagt er und macht einen kräftigen Schluck. Leider spielt uns das Kopfkino einen Streich, und wir bleiben beim normalen Kaffee, der formidabel schmeckt, wie auch der Reis, der auf den unzähligen Feldern im ganzen Land gepflegt und gehegt wird. Überall sieht man Bauern, wie sie mit den typisch spitzen Strohhüten auf dem Kopf Unkraut aus den Feldern zupfen oder sie beackern, teilweise mit Hilfe von Wasserbüffeln.

Obwohl Java islamisch ist, gibt es hier das größte buddhistische Heiligtum der Welt, die Tempelanlage Borobudur, die 42 Kilometer westlich von Yogyakarta liegt. Um das Jahr 800 erbaut, also lange vor den großen Kathedralen Westeuropas, allerdings jahrhundertelang unter Vulkanasche verschüttet und fast vergessen. Erst 1814 wurde die Stufenpyramide wiederentdeckt und von 1973 bis 1983 mit finanzieller Hilfe der UNESCO aufwendig restauriert.

Geister, Glück und Katzenkaffee
Das größte buddhistische Monument der Welt, das einzigartige Borobudur, war jahrhundertelang unter Vulkanasche verschüttet. Bild: OÖN/bar

Hier ist an Winterjacken nicht zu denken, die Sonne brennt unbarmherzig auf die Tempelanlage, in der man – wäre es um zehn Grad kälter – gut und gerne einen ganzen Tag verbringen könnte. Die Wände sind mit Flachreliefs geschmückt, die Szenen aus dem Leben Buddhas, von seiner Geburt über seine Erleuchtung bis hin zum Eintritt ins Nirwana darstellen. Das Berühren einer der 432 steinernen Buddhas an Händen oder Füßen soll Glück bringen. Was sonst? Auch das Baden in den heißen Schwefelquellen im Osten der Insel, in "Air Panas" soll die Götter gnädig stimmen. Trotzdem verzichten wir darauf, weil die Wasser- und Außentemperatur 36 Grad beträgt, was unserem Kreislauf kein Glück bringen würde. Dafür nehmen wir die frühere Fähre, die uns nach Bali bringt, jener indonesischen Insel, die seit den 1930er-Jahren von namhaften Künstlern als Ort der Inspiration und des Seelenheils auserkoren wurde.

Geister, Glück und Katzenkaffee
Auf dem Markt in Ubud auf Bali suchte schon Julia Roberts nach Glück und Souvenirs. Bild: OÖN/bar

Der Glückstourismus hielt auf Bali einzog, als der Roman "Eat, Pray, Love" der US-Amerikanerin Elizabeth Gilberts verfilmt und mit Julia Roberts in der Hauptrolle in die Kinos kam. Seither pilgern Sinnsuchende aus aller Welt an die Originalschauplätze, vor allem aber nach Ubud, einer Stadt in der Mitte von Bali, die von Reisterrassen und einem Affenwald umgeben ist. Hier hat Julia Roberts im Film ihr Glück gefunden.

Noch heute – acht Jahre nachher – sind die Yogastudios, Bars, Restaurants, Massagestudios und Hotels voll mit Menschen, die es der Schauspielerin nachmachen wollen. Wenn es mit dem großen Glück doch nichts wird, hat man jedenfalls einen netten Urlaub gehabt, der am besten im Norden und nicht im sehr touristischen Süden der Insel ausklingen sollte. Vorzugsweise in Lovina.

Geister, Glück und Katzenkaffee
In Lovina im Norden Balis findet man doch tatsächlich Traumstrände, die nicht überlaufen sind. Bild: OÖN/bar

Hier gibt es spektakuläre Sonnenuntergänge, kleine Bars am Strand, in denen man am Abend hervorragend chillen kann. Vorzugsweise mit dem Lieblingsmenschen. Dann fühlt man sich ein bisschen wie Julia Roberts und weiß das Glück an seiner Seite. Und auch die Sache mit der vergessenen Winterjacke lässt sich in den Tropennächten auf Bali schnell vergessen.

 

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