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Ein Flug, zwei Gesichter

Von Philipp Braun, 21. Juli 2018, 15:00 Uhr
Ein Flug, zwei Gesichter
Auf den Spuren von Ikarus und Dädalus, allerdings ohne Federn und Wachs, dafür mit Schirm und ohne Absturz. Geschmolzen ist einzig und allein das Herz. Bild: Phil

Paragleiten ist nichts für schwache Gemüter mit Höhenangst. Man kann aber auch auf dem Almenboden bleiben oder den Sprung ins kalte Isar-Wasser wagen. Im bayerischen Lenggries ist es möglich.

Der Cocktail an Glückshormonen hat gewirkt. Vielleicht etwas überdosiert, aber wer Euphorie haben will, bekommt sie auch. Das wohlige Kribbeln im Bauch wirkt wie ein Dutzend Flügelschläge von Schmetterlingen, das breite Grinsen im Gesicht scheint wie gemalt, und die Pupillen vermitteln den Eindruck, dass die Glücksbotenstoffe den Körper gehörig durchgewirbelt haben.

30 Minuten davor und 800 Meter höher war die Situation eine andere. Nervöses Hin-und-her-Tapsen, zittrige Stimme und kalte Fingerspitzen signalisierten nur ein Gefühl: Angst; Panik vor dem Absturz, Phobie vor der Höhe, Schiss vorm Wegspringen.

Die ersten Luftsprünge

Paragleiten zählt eigentlich zu den sicheren Sportarten. Unfälle passieren selten. Und wenn, dann sind sie auf Selbstüberschätzung, Fliegen bei widrigen Bedingungen oder mangelhafte Ausbildung zurückzuführen. "Im Verhältnis Piloten zu Unfällen liegt Paragleiten weit hinter Sportarten wie Klettern, Skifahren oder Mountainbiken", sagt Frank, der seit 16 Jahren regelmäßig in der Luft gleitet und der Fliegerei wegen von Würzburg nach Lenggries gezogen ist. Dort, wo thermische Voraussetzungen ideal und Ausblicke aufs Gebirge überwältigend sind. Für Frank passieren die Fehler, noch bevor man in der Luft ist. "Ein Start bei schlechtem Wind oder nahender Gewitterfront. Das Gefährlichste ist, wenn man in einen Baum fliegt und hängen bleibt, weil man die Höhe falsch abgeschätzt hat. Das ist leicht vermeidbar. Es benötigt nur Erfahrung, Talent und Gefühl."

Frank, der Franke hat alles. Vor allem Empathie. Mit ruhiger Stimme redet er jegliche Ängste weg und ist der ideale Flugbegleiter für Menschen mit Bammel vor der Höhe. Frank war jahrelang als Vertriebsmitarbeiter im Ausland unterwegs. Afrika, Asien, Amerika. Zig Flüge im Monat; immer unterwegs, immer in der Luft. Der Job wurde zu stressig, ins Flugzeug setzt sich Frank kaum mehr, nicht einmal im Urlaub. "Ich habe genug davon", sagt Frank. In die Luft geht er nur noch mit seinem Schirm – entweder allein oder zu zweit im Tandem. "Freilich wird alles zur Routine, aber die Faszination lässt mich auch nach 16 Jahren nicht los. Wenn du losläufst und den Boden verlierst. Das ist immer etwas Besonderes."

Wer fliegen will, muss laufen

Auf dem Brauneck lösen sich meine Phobien langsam in der Höhenluft auf. Frank breitet seinen weißen "Hochzeitsschirm" aus und kontrolliert alle Fäden, die an einem Punkt zusammenlaufen – am Gurtzeug für zwei Menschen, die bald ins Tal segeln werden.

Video vom Tandemsprung:

 

"Runterschauen und laufen", trichtert mir Frank ein. Meine letzte Frage, ob ich eh fixiert bin, wird bejaht, und wir sprinten beide den steilen Hang hinunter. Ich mit Unbehagen, Frank voller Zuversicht. Nach wenigen Schritten das erhebende Gefühl: Der Schirm bauscht sich auf, wir verlieren die Bodenhaftung, Angstballast wird abgeworfen, und der Stimmungsbarometer steigt mit der Flughöhe.

Selbst ein flüchtiger Blick ins spielzeuggroß wirkende Tal und das plötzliche Eintreffen von unheimlich kreativen Gedanken, was alles passieren kann, will dem fröhlichen Gemüt nichts anhaben. Und dass ich unergonomisch falsch sitze und eingezurrt meine Füße ins Ungewisse baumeln lasse, wird von Frank erkannt und richtiggestellt. Der anfangs etwas blasse Teint gewinnt an Farbe und wir an Höhe. Nach wenigen Minuten werden kleine Geschicklichkeitsübungen in der Luft vollführt – vom Hochmut aber weit entfernt. Wir landen sicher und ich bin verleitet, erneut in die Gondel zu steigen, zum Gipfel zu fahren und mich ein zweites Mal ins Abenteuer zu stürzen.

Von der Luft ins Wasser

Wer es sich anders überlegt und lieber festen Boden unter den Füßen haben will, ist auf dem Brauneck ebenso gut aufgehoben. Etliche Wanderwege locken Naturliebhaber an. Und wer lieber ins kalte Wasser springt, bucht am besten eine Kajaktour auf der Isar.

Auch wenn die Temperaturen aktuell bei zehn Grad liegen, bekommt man keine kalten Füße. Neoprenanzüge und ruhiges Gewässer sind beste Voraussetzungen, um zu "schnuppern", sich an springenden Salmoniden zu erfreuen und den Glückshormonspeicher wieder aufzufüllen.

Video von der Kajaktour:

Infos und Tipps in Lenggries

Paragleiten: Sepp Strobl und Rafael Lanzenberger bieten Genussflüge ab 129 Euro an. (www.adventure-sports.de)
Rafting: Die FFI veranstaltet Kajak- und Raftingtouren (ferien-freizeit-isarwinkel.de)
Unterkunft: „Der Altwirt“ ist ein Wirtshaus und Hotel mit Tradition. Liegt direkt im Ort. (altwirt-lenggries.de)
Camping: Anfang September wird der Campingplatz eröffnet. Entweder bucht man einen der 24 Plätze für Reisemobile, oder man entspannt in einem der sieben Chalets. (lenggrieser-bergcamping.de)
Tourismus: Mehr Infos auf: lenggries.de

 

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