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Die Blüte eines Landes

Von Josef Lehner, 12. Mai 2018, 15:00 Uhr
Die Blüte eines Landes
Eine junge Iranerin über den Dächern von Yazd: 70 Prozent der Einwohner sind jünger als 25 Jahre. Bild: Lehn/OÖN

Glitzernde Paläste, farbenprächtige Moscheen, geschäftige Basare, freundliche Menschen: Persien ist der Inbegriff vom Orient, das Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

Doch am Beginn steht gar nichts märchenhaft Schönes, sondern ein Schock: Nach Verlassen des Khomeini-Flughafens in Teheran steckt der Bus im ersten Stau und wird diesen in den nächsten zwei Tagen nie wirklich hinter sich lassen. Wer glaubt, Autoverkehr in europäischen Städten sei schlimm, der hat sich noch nie durch die iranische Metropole bewegt. Trotz eines U-Bahn-Systems quälen sich endlose Schlangen überwiegend weißer Autos, die hauptsächlich französischer und ostasiatischer Provenienz sind – oder ein einheimischer Nachbau –, über die Hauptstraßen.

Die Stadt am Stau

Teheran soll irgendwo zwischen zwölf und 15 Millionen Einwohner haben. Weil Arbeits- und Wohnstätten weit auseinanderliegen, ein Auto das Flair von Wohlstand verleiht und der Sprit nur 20 Cent je Liter kostet, wird gestaut.

Die Blüte eines Landes
Zum Freitagsgebet strömen die Gläubigen zu ihren Moscheen, hier in der Hauptstadt. Bild: OÖN/lehn

Die Hauptstadt muss nicht unbedingt auf der Route einer Persien-Reise liegen, weil sie nicht die kulturellen Höhepunkte wie der Süden bietet. Aber sie gehört irgendwie dazu, auch wegen der landschaftlich schönen Lage zu Füßen des mehr als 5000 Meter hohen Elburs-Gebirges. Die Stadt erstreckt sich von 1200 bis an die 1800 Meter Seehöhe. Oben im kühlen Norden, da haben die Wohlhabenden ihre Bleibe in Villen und Wohntürmen, um auf die traditionellen Flachbauten von Alt-Teheran hinunterzublicken. Oben, da sind die Ausflugsziele mit Seilbahnen und in die Felsen gebauten Lokalen. Dort residierte bis zur Revolution 1979 der böse Schah, mit seiner ebenso gutmütigen wie schönen und von der weltweiten Yellow Press geliebten Farah Diba.

Auf den Spuren Alexanders

Unten ist das bebende Zentrum mit dem riesigen Basar, in dem rund 30.000 Geschäfte mit Waren und Dienstleistungen aller Art locken. Drei Millionen Kunden ziehen sie pro Tag an. Das Einkaufszentrum am Stadtrand hat sich noch nicht durchgesetzt. Im Nationalmuseum finden sich die Schätze einer mehr als 3000-jährigen Geschichte.

Die Blüte eines Landes
Goldschätze im Nationalmuseum Bild: Lehn/OÖN
Die Blüte eines Landes
Die Zeugen des Achämenidenreiches in Stein gehauen, mit legendären Herrschern wie Darius und Xerxes. Alexander der Große zerstörte es 330 vor Christus. Bild: Lehn/OÖN

Diese Bilder von der großen Historie geistern durch den Kopf, als die Fahrt über Land geht. Wo heute Lkw-Kolonnen auf modernen Autobahnen durch das Hochland Zentralpersiens donnern, da zog um 330 vor Christus das Heer des großen Griechen Alexander gegen Süden, um Persepolis, die Metropole des persischen Weltreiches, zu erobern und schließlich zu zerstören. Es reichte im Osten bis nach Indien und im Westen bis ans Mittelmeer. Kunst und Wissenschaften wurden gepflegt.

Später fielen von Westen die Römer ein, dann die gerade muslimisch gewordenen Araber. Die Turkmenen eroberten Persien und auch die Mongolen. Tamerlan ließ Isfahan erobern und angeblich zur Abschreckung 200.000 Einwohner abschlachten und ihre Schädel zu Pyramiden auftürmen. Neue Herrscher brachten nicht nur Tod und Verwüstung, sondern neue Blüte.

Die Blüte eines Landes
Am „Tor aller Länder“ in Persepolis, Residenzstadt 500 vor Christus Bild: Lehn/OÖN

Das alles geistert durch den Kopf, während die schier endlose Steinwüste und in vielen Braun- und Rottönen schimmernde Berge vorbeiziehen. Das Land liegt hier über 1000 Meter Seehöhe. Tagsüber ist es heiß, nachts kalt.

Klimaanlagen aus Lehm

In Persien wurden jahrhundertelang Lehmhäuser gebaut, die ein angenehmes Raumklima brachten. In Yazd am Rande der Wüste Lut gibt es ein ganzes Stadtviertel mit Lehmbauten, angeblich das weltweit letzte, das bewohnt ist.

Die Blüte eines Landes
In der Lehmstadt von Yazd: Die Architekten verstanden es, mit Baustoffen die extreme Hitze und Kälte am Rande der Wüste zu mildern. Bild: Lehn/OÖN

Eine Perle ist Kashan, am Knotenpunkt alter Karawanenwege. Reiche Kaufleute ließen sich Villen mit Gärten und Wasserbecken bauen. Die Häuser sind gegen Hitze und Kälte in die Erde versenkt und haben auf den Dächern mächtige Türme mit Luftschlitzen; durch sie werden die Winde ins Innere geleitet und über den Wasserbecken gekühlt – eine Klimaanlage.

Seine höchste Blüte erfuhr das alte Persien in Isfahan und Shiraz. Der Zauber aus Tausendundeiner Nacht blieb hier bis heute erhalten. Trotz Autokolonnen und Internet läuft der Alltag gemächlich ab. Die Menschen seien hier so gelassen und fröhlich, weil ihre Stadt so schön sei, voller Blumen, Parkanlagen und Springbrunnen, sagt die Reiseführerin.

Die Blüte eines Landes
Sehnsuchtsort: Hafiz-Grab in Shiraz Bild: Lehn/OÖN

Ein architektonisches Ensemble von Weltrang ist in Isfahan der riesige Maydan-e Imam-Platz mit Moscheen, Palast und Basarzeilen. Am – ausgetrockneten – Fluss (siehe Artikel unten) promenieren oder ruhen die Menschen. Es wird kaum ein anderes Land geben, wo die Einwohner so viel Freundlichkeit und Gastfreundschaft versprühen. Überall wird versucht, mit Touristen ins Gespräch zu kommen, Hilfe anzubieten und ein gemeinsames Foto zu erflehen.

Ein Viertel ist unter 14 Jahre

25 Prozent der Bevölkerung sind unter 14, zwei Drittel sind unter 30, nur fünf Prozent sind über 65 Jahre alt. Die hohe Geburtenrate nach der islamischen Revolution von 1979 ist mittlerweile gebremst worden.

Die Jugend mit ihrem Frohsinn ist die wahre Blüte dieses Landes. Sie strebt nach Bildung und versucht, westlichen Lebensstil nachzuahmen, so gut es in einer islamischen Republik gehen mag. Die Steuern sind niedrig, weil das Land sich großteils aus Öl- und Erdgasverkäufen finanziert. Das Wirtschaftswachstum verläuft in Wellen und wird immer wieder von internationalen Blockaden gestört.

Die Blüte eines Landes
Farbenspiele in der Moschee Nasir al-Moik in Shiraz: Die Baumeister liebten das Spiel mit Licht und Farbe. Bild: Lehn/OÖN

Aktuell herrscht in der Bevölkerung Verzweiflung, weil die Inflation auf 20 Prozent gestiegen ist. Die Landeswährung Rial hat binnen weniger Monate ein Viertel ihres Wertes verloren. Die Perser müssen ihre Importe teuer bezahlen und harren mit wachsender Ungeduld der Dinge.

Natürlich wird auf einer Reise durch den Iran viel über Politik und das Gesellschaftssystem diskutiert. Der Besucher erhält nur Momentaufnahmen und muss feststellen, dass die Zusammenhänge viel komplexer sind, als es aus westlichem Blickwinkel erscheint. Nach mehr als einem Jahrhundert der Bedrohung durch das zaristische und dann sowjetische Russland, der Ausbeutung durch Briten und USA – und eigene Herrscher – will das Regime seinen Weg selbstständig beschreiten.

Wenn Sie auf eine günstigere außenpolitische Lage warten wollen, ehe Sie dieses Land bereisen, dann werden Sie es womöglich nie sehen. Zumindest solange es diesen US-Präsidenten gibt, können politische Störungen an der Tagesordnung sein.

 

Die Blüte eines Landes
Am "Tor aller Länder" in Persepolis, Residenzstadt 500 vor Christus

Wissenswert

Land und Leute
Der Iran hat 1,65 Millionen Quadratkilometer, also die zwanzigfache Fläche Österreichs. Die Distanzen stellen an die Reisenden hohe Anforderungen. Der Staatsname wird erst seit 1935 geführt und bedeutet „Arier“. Der Name Persien ist historisch; Pars oder Fars heißt die Provinz rund um Shiraz.
80 Millionen Einwohner leben wegen des vielen Öd- und Berglandes konzentriert auf größere bis sehr große Städte; sie sind wegen des Wachstums infrastrukturell gefordert. Die touristischen Einrichtungen sind akzeptabel bis sehr gut.

Essen und Trinken
Die persische Küche ist womöglich die beste der Welt: sehr viel Gemüse, Salate, allerfeinstes Joghurt, Gegrilltes von Lamm, Huhn, Rind, Fladenbrot. Weniger Schärfe als in den Nachbarländern. Es gibt trotz US-kritischer Haltung einen Westtrend, zu Burger, Pizza.

Trinken: Wasser nur aus verschlossenen Flaschen nehmen. Weltmarken sind verfügbar: Cola, Sprite und Fanta. Alkohol ist aus religiösen Gründen strengstens verboten, obwohl es (angeblich) Beschaffungswege gibt. Das Pseudo-Bier, das als völlig alkoholfreies Malzgetränk erzeugt wird, ist gewöhnungsbedürftig, kostet aber nur rund 50 Euro-Cent. Dinieren in Restaurants ist sehr preiswert, weil im Vergleich zu uns der teure Alkohol wegfällt.

Bekleidung: Frauen unbedingt Kopftuch/Schal, lange Blusen, Mantel oder lange Hose; Herren: keine Shorts.

Eurotours ab 999 Euro: Eurotours bietet für Hofer-Reisen im Oktober und November fünf Termine für eine Pauschaltour „Persien kompakt“. In sieben Tagen geht es mit AUA-Flügen nach Teheran, per Bus über Kashan nach Isafahan, über Yazd nach Shiraz. Rückflug mit AUA über Isfahan. Fünf Übernachtungen in sehr guten Hotels, eine Übernachtung im einfachen Wüstencamp, Vollpension, Reiseleitung und alle Eintritte kosten ab 999 Euro. www.hofer-reisen.at

 

Warum Iraner das Wasser hören wollen...

 

... und Isfahan seinen größten Fluss zu den dürstenden Menschen von Yazd umleiten muss

 

„Die Iraner haben Sehnsucht nach der Stimme des Wassers, denn wir haben so viel Wüste und Trockenheit“, sagt Reiseführerin Maryam am Becken vor dem Gholestan-Palast in Alt-Teheran. In vielen historischen Anlagen sind diese länglichen Wasserbassins, inmitten von bunten Gärten. Springbrunnen plätschern, und das verzückt die Menschen. Die Wohnpaläste der reichen Kaufleute in Kashan werden so zu erholsamen Oasen, auch die alte Karawanserei in Isfahan oder der Orangengarten (Bagh-e Narendjestan) in Shiraz.

Warum Iraner das Wasser hören wollen...
Wasserbecken im Kaufmannspalast. Bild: OÖN/lehn

Wasser gehört zu den großen Sorgenkindern des Landes. Vor 100 Jahren hatte das damalige Persien fünf Millionen Einwohner, heute sind es mehr als 80. In den meisten Provinzen gibt es weniger Niederschlag als die Menschen Wasser verbrauchen. Bedrückend ist die Lage in Isfahan. Die Stadt ist stolz auf ihre historischen Bogenbrücken über den Fluss Zayandehrud. Das heißt zwar „Ewiger Fluss“, er fiel aber schon früher öfters trocken.

Warum Iraner das Wasser hören wollen...
Brücke mit Fluss ohne Wasser Bild: OÖN/lehn

Seit fünf Jahren führt er das ganze Jahr kein Wasser, weil die politische Führung entschieden hat, das verbliebene Nass nach Yazd zu leiten. Es sei wichtiger, den Durst der Menschen am Rande der großen Wüste Lut zu stillen, als den Einwohnern von Isfahan an ihrem Fluss ein Vergnügen zu bereiten. Zu Zeiten des größten Herrschers, Abbas I., hat das Volk von den Brücken aus Bootsrennen verfolgt. Heute ist das Bett nur noch zum Wandern geeignet, nicht zum Rudern.

Das Land muss dringend Wirtschaftswachstum und Wasserangebot in Einklang bringen.

 

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