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Das Paradies hat Tradition

Von kalmarpress, 22. Juli 2018, 15:00 Uhr
Das Paradies hat Tradition
Der Weitwanderweg GR223 umrundet die gesamte Insel an der Küste auf dem historischen Cami de Cavalls, dem „Weg der Pferde“. Hier die Ostküste. Bild: kalmarpress

1993 wurde die gesamte Insel Menorca zum UNESCO Biosphärenreservat ernannt. Darüber hinaus steht fast die Hälfte des Territoriums unter Naturschutz.

Die Festes de Sant Joan findet zur Sommersonnenwende in der alten Hauptstadt Ciutadella (sprich: Siutadeija) statt. Dort wird Truc-Rumet seine Künste zeigen. Das Fest währt eine Woche mit wenig Schlaf. Aus allen Weltgegenden kommen Ausgewanderte zu Besuch, um bei der Gelegenheit Familienmitglieder und Jugendfreunde zu treffen. Dafür wird seit Wochen geputzt, renoviert, gebacken. Am Sonntag vor dem Johannistag ist es so weit. Ein nur mit einem Schaffell bekleideter Mann lädt die weit über 100 Reiter zum Fest. Dafür läuft er barfuß von Haus zu Haus und trägt noch dazu ein lebendes, geschmücktes Lamm um die Schultern. Den ganzen Tag stauen sich die Menschen in den engen Gassen. Alle wollen das Lamm berühren oder zumindest fotografieren. Es ist das Symbol des hl. Johannes des Täufers, des Patrons der Stadt. Die folgende Woche wird gefeiert, Tische stehen heraußen, und überall isst, trinkt und plaudert man zusammen.

Das Paradies hat Tradition
Vor dem Johannistag: Der Mann mit dem einjährigen Widder. Bild: kalmarpress

Salud beim größten Fest

Freitagabend setzt Musik ein, Open Air natürlich, von Rock und Soul bis zur afrikanischen Rhythmuscombo. Der trockene Sound wird gut befeuchtet mit dem Nationalgetränk Pomada, einem erstklassigen Gin, wie er auf der Insel gebrannt wird, gepaart mit Zitronensaft und Crushed Ice. Salud!

Mit dem Tanz der Pferde erreicht das größte Fest der Insel seinen Höhepunkt. Samstag eröffnet ein Reiter auf einem Esel mit Flöte und Trommel den wilden Reigen. Mitten in der dichtesten Menschenmenge steigen die Pferde hoch, extrem steil, so dass man meint, der Reiter müsse nach hinten stürzen. Damit die Tiere ja nicht rutschen, wurde Sand in den Gassen aufgeschüttet. Bei der Laufcourbette gehen sie etliche Schritte auf den Hinterbeinen und könnten noch viel weiter gehen. Doch das Gedränge erlaubt es nicht, die Menschen wollen Pferd und Reiter berühren.

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Bei der Festes de Gracia in Maó reiten auch die Frauen. Bild: kalmarpress

Durch die Gassen weht meist eine frische Brise vom Meer, selbst bei großer Hitze. Dicht an dicht reihen sich die Adelspaläste. Im großzügig restaurierten Gewölbe der jeweiligen Sala terrena logieren schicke Boutiquen und Juweliere, gestylte Bars und Restaurants. Alle sind mit bequemen Regiesesseln aus Holz und Stoff bestückt. Die autonome Inselverwaltung hat Plastiksessel in Lokalen verboten. Gern verschnauft man auch in den Lauben der Plaça de la Libertat. Das Besondere dort ist der Fisch, den man zuvor am Markt gekauft hat und nebenan im "s’Tagniat" je nach Gusto zubereiten lässt.

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Die engen Gassen in der Hauptstadt Ciutadella Bild: kalmarpress

50 Kilometer Schnellstraße verbinden Ciutadella mit der Hauptstadt Maó im Osten. Dort findet im September ein ebenso prachtvolles Fest mit menorquinischen Pferden statt. Aber hier, bei der Festes de Gracia, reiten auch die Damen. Die Kapelle spielt auf Teufel komm raus, und eine Laufcourbette zum stolzen Paso Doble kann durchaus Gänsehaut machen. Unübersehbar haben diese Feste kultischen Charakter und reichen in graue Vorzeit zurück, wie ja auch die Pferderasse.

Maó, auch Mahón geschrieben und von den Einwohnern oft liebevoll Mó genannt, besitzt nach Pearl Harbour den zweitgrößten Naturhafen der Welt. Der Blick von den Aussichtsterrassen der darüber liegenden Altstadt auf die kilometertiefe Bucht, die darin liegenden Inseln und das Castel de Sant Felip ist gewaltig. Kein Wunder, dass jeder diesen Hafen besitzen wollte. Karthago, Rom, Byzanz, das Osmanische Reich und die Araber kämpften darum, später England und Frankreich. Das brachte viel Leid über die Insel, aber auch Gutes. Mit den Arabern kamen Pferde, Schafe und Ziegen, mit den Römern der Ölbaum und der Rebstock (und mit den Engländern der Gin). Damals verteidigten sich die Einheimischen mit der gefürchteten Steinschleuder. Die Steine wogen immerhin ein halbes Kilo und durchbrachen auf 200-Meter-Distanz selbst Schiffswände.

Maria hat einen Gemüsestand am Markt und verkauft dort nicht nur Zucchini, sondern auch Steinschleudern. Die Handhabung dieser vielleicht ältesten Distanzwaffe hat auf den Balearen als Volkssport überlebt, und Maria nimmt selbst an Wettbewerben teil. Die Distanz beträgt für Frauen 15 bis 30 Meter und für Männer 30 bis 45 Meter. Der Fischmarkt wird, anders als in Ciutadella, abends zur Lifestyle-Oase und verwöhnt mit nicht gerade billigen Tapas und den besten Weinen der Insel. Für Wiederholungstäter empfiehlt sich die Paella Mixta im "Ana Luisa" – ein kleines, charmantes Lokal mit nur sieben Tischen vor den Toren Maós, das erste an der Mole von Es Castell.

Wandern im Naturparadies

Am Hafen von Maó startet der Fernwanderweg GR223, der "Cami de Cavalls". Der uralte Pferdeweg wurde als Wanderweg adaptiert und 2009 eröffnet. Er umrundet die gesamte Insel entlang der Küste, führt durch intakte Ökosysteme mit Traumbuchten, rauen Felsklippen und seltenen Pflanzen und Tieren. Um dieses Projekt zu verwirklichen, bedurfte es der Überzeugungsarbeit von dreißig Jahren bei den Besitzern der großen Ländereien, über die der Weg verläuft. Dünensysteme, Strandseen, Riedgras und dunkles Schiefergestein der Klippen bestimmen das Bild der Ostküste.

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Typische Viehunterstände in Trockenbauweise aus heutigen Tagen Bild: kalmarpress

"Es Grau" ist ein Vogelparadies für Zugvögel. Gelbe Matten von wilder Kamille säumen die Cala de sa Torreta, und von den stattlichen Anhöhen schweift der Blick bis zum Leuchtturm am Cap Faváritx. Dort wendet sich der Weg nach Westen, und das Gemälde wird rauer, die Strände wildromantisch. Kreisende Fischadler sind nicht ungewöhnlich, auch Sturmtaucher und der Rotmilan mit 1,75 Meter Flügelspannweite sind zu beobachten. Bei Ets Alocs steigert sich die Küste vollends zu atlantischer Wildheit. In dieser Einöde, versteckt abseits vom Weg, liegt ein Denkmal von Cervantes an einer Fischerkate. Wer immer es errichtet hat – es ist in keinem Führer erwähnt –, wusste vermutlich, dass der Dichter des Don Quixote 1575 in diesen Gewässern von Korsaren gefangen genommen und als Sklave verschleppt worden war.

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Denkmal des Dichters Miguel de Cervantes Saavedra Bild: kalmarpress

Ab hier führt der Weg ein Stück landeinwärts. Nachtigallen singen in schattigen Steineichenwäldern auf Schritt und Tritt, bis Mitte Juni auch tagsüber zur Verteidigung ihres Reviers. Ausgedehnte Landgüter betreiben ökologischen Fruchtwechsel auf den Feldern und gewinnen Bio-Olivenöl. Im Röhricht des Prat de la Val nisten Wasservögel. Das Gewässer öffnet sich zum Strand Platja es Bot, einem wahren Märchenstrand mit Dünen im Rücken und Kiefernwald. Doch ist er nicht überlaufen. Der Pfad um die Felsnase ist nicht leicht zu finden und so bleiben die meisten nebenan auf der Cala d’Algaiarens. Spätnachmittags, an offenen Stellen des Wasserlaufs, ist eine kleine, neugierige Flotte von Schildkröten unterwegs, die abwechselnd tauchen.

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Cala Fustam: eine kleine Bucht mit türkisfarbenem Wasser im Süden Bild: kalmarpress

Bretteben, wird die Steinplatte im Westen der Insel leicht zur Durststrecke. Surfer schätzen das Revier allerdings und beim Leuchtturm d’Artrutx taucht die Schwesterinsel Mallorca zum Sonnenuntergang aus dem Dunst des Meeres. Monumentale Felsbuchten im Westen, und dort das köstliche, vollkommene All-Ein-Sein bilden den Auftakt zur Südküste. Die Strände mit weißem Sand und kristallklarem, türkisblauem Wasser suchen ihresgleichen. Mit wenigen Ausnahmen sind sie nur zu Fuß, eben über den GR223 erreichbar. Wir finden hier weder Liegestühle noch Sonnenschirme, wohl aber Naturschatten. Der Wettbewerb von Zikadenorchestern lässt einen sowieso wegdösen. Wacht man ein wenig lax auf, kommen vielleicht Ananas mit dem Schubkarren, und man geht schwimmen.

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An den weitläufigen Buchten und Stränden der Insel finden auch Wind- und Kitesurfer ideale Bedingungen vor. Bild: kalmarpress

 

Nützliche Tipps und Infos

 

Reisezeit/Klima: Im April, Mai Juni, September und Oktober ist die Insel nicht überlaufen – mit idealen Temperaturen zum Baden und Wandern.

Telefon-Vorwahl Menorca: +34 71

Veranstalter: Rhomberg Reisen GmbH, Eisengasse 12, 6850 Dornbirn, Tel: 05572/22420, reisen@rhomberg-reisen.com, www.rhomberg-reisen.com

Unterkunft: Hotel Artiem Carlos III****, Erwachsenenhotel in Panoramalage über der Hafenbucht von Mahón,
Adresse/Kontakt: 07720 Es Castell, Calle Carlos III, 2-4, carlosiii@tiemhotels.com,
Tel: 363100;

Restaurants: Ses Voltes, luftige Terrasse über der Altstadt; zu empfehlen: menorquinische Fischsuppe. Adresse/Kontakt: Carrer Ses Voltes, 16-22, Ciutadella, Tel: 480314; www.espai-sesvoltes.com; sesvoltes@recibaria.com;

Restaurante la Minerva, am Hafen stimmungsvoll auf Ponton gelegen, traditionelle menorquinische Küche, Adresse/Kontakt: Moll del Llevant 87, 07701 Mahón; Tel: 351995, www.restaurantelaminerva.es, laminerva@restaurantelaminerva.es

Shopping: Avarcas von RIA: Factory Shop, Handarbeit seit 1947, Adresse/Kontakt: Calle Trencadors, 25, 07750 Ferreries, www.ria.es, info@ria.es,

Binifadet Bodega, Restaurant: Weine in vier Qualitäten, die Spitzenweine gedeihen auf kleinen, besonderen Rebflächen die auf Manorca als Tancas bezeichnet werden. Allen gemeinsam ist ein zartes Salzaroma durch die Nähe zum Meer, ähnlich manchen Rebhängen in Malta oder im Medóc. Es hebt den frischen, fruchtigen Charakter hervor.
Adresse/Kontakt: Cami de ses Barraques, S/N 07710 Sant Lluis, Tel: 150715, info@binifadet.com, www.binifadet.com

Literatur:
Cees Nooteboom: „Die Insel, das Land – Geschichten über Spanien“, Suhrkamp 2002;
Ces Nooteboom: „ Roter Regen – Leichte Geschichten“, Suhrkamp 2007;
Baedeker: Reiseführer Menorca, 263 Seiten, gute Karte, Maßstab 1:50.000.

Informationen: www.menorca.eswww.spain.info

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