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Celle ist die Aller-Schönste

Von Alfons Krieglsteiner, 01. Dezember 2018, 00:04 Uhr
Celle ist die Aller-Schönste
Die von Fachwerkhäusern gesäumte Altstadt ist schon seit den 1970er-Jahren eine Fußgängerzone. Bild: LWK

Nachtwächter Harald Hintz führt durch die am Fluss Aller in Niedersachsen gelegene Stadt mit ihrem größten geschlossenen Ensemble von Fachwerkhäusern in Europa.

Harald Hintz lässt sich hören. Wenn der Nachtwächter von Celle ins Horn bläst und mit voller Stimme verkündet, was die Uhr geschlagen hat, fühlt man sich in alte Zeiten zurückversetzt. Die Hellebarde geschultert, hält er Nachfolgende bei der Stadtführung auf Respektabstand. Im offenen braunen Umhang, der an der Brust von zwei Stoff-Fibeln zusammengehalten wird, trotzt er der Kälte. In der Linken schwenkt er die Laterne, auf dem Kopf trägt er den Filzhut mit der elegant geschwungenen Krempe: "Na, denn woll’n wa man los!"

Nachtwächter gab es in der nordöstlich von Hannover gelegenen Stadt schon im 14. Jahrhundert. "Gicht und Rheuma waren ihre Berufskrankheiten", berichtet Hintz. Noch 1925 drehte einer von Amts wegen seine Runden. Mit Einführung der Stechuhren und der Polizei verschwand er aus dem Stadtbild. 2002 hat Hintz den Nachtwächter "zum Leben erweckt". Seither ist der geprüfte Fremdenführer zuständig für das Infotainment der Touristen. Er nimmt sie mit auf eine Zeitreise durch die Altstadt, berühmt für ihr geschlossenes Ensemble aus Fachwerkhäusern – 500 an der Zahl, alle bestens erhalten. "Celle ist von Kriegsschäden verschont geblieben", sagt Hintz.

Celle ist die Aller-Schönste
Nachtwächter Harald Hintz

Lieber Knast als Universität

1292 wurde die Stadt erstmals urkundlich erwähnt. Sie liegt an der Aller, einem Nebenfluss der Weser, und hat 69.000 Einwohner. Ihr Name leitet sich vom althochdeutschen "Kellu" ab (wie Zell am See) und bedeutet "Handel am Wasser". Zellen gibt’s in Celle aber auch: Gefängniszellen, und das schon seit dem 18. Jahrhundert. "Damals standen die Stadtväter vor der Wahl, eine Universität einzurichten oder einen Knast", sagt Hintz: "Doch die Bürgersfrauen wollten keine Uni, weil sie von den Studenten eine sittliche Gefahr für ihre Töchter befürchteten, also hat man sich für den Knast entschieden, und die Uni bekam Göttingen."

Handel am Wasser betrieb man in Celle einst mit den Erzeugnissen der Lüneburger Heide, vor allem Heidehonig und Wolle. Ein knorriger, resoluter Menschenschlag ist hier daheim. Der Anchorman der Celler Kulturgeschichte ist der Heidedichter Hermann Löns (1866– 1914). Meist knapp bei Kasse, war er dennoch Liebling der Wirte, denen er die Zeche mit Versen beglich, die er eilig auf Bierdeckel schrieb. 63 uneheliche Kinder soll er auf nimmermüden Streifzügen durch die Heide gezeugt haben.

30 Millionen Arbeiterinnen

Wie durch eine Wandelhalle bewegt man sich in der Fußgängerzone der Altstadt entlang der hohen, schmalen Fachwerkhäuser mit ihren von Traversen und Streben unterteilten Fassaden. Eine Chronik aus Lehm, Backstein und Eichenholz. Nur 1,80 Meter hoch sind die Wohnungen mit kleinen Fenstern, die wenig Licht einlassen. Prunkstück ist das 1532 erbaute Domizil des Simon Hoppener, Rentmeister der Welfenherzöge. Viele junge Leute leben heute in Wohngemeinschaften in den denkmalgeschützten Häusern. Bis zu acht Euro pro Quadratmeter kostet die Miete.

Einen ganz großen Dienstgeber hat Celle auch zu bieten: "Unser Bieneninstitut hat 30 Millionen Arbeiterinnen und mehrere Königinnen", sagt Hintz. Da kann das Krankenhaus mit 1900 Mitarbeitern nicht mithalten. Und Wasa-Knäckebrot wird auch in Celle produziert.

"Guckt man da rüber!", sagt Hintz. Dort zeichnen sich hinter Nebelschwaden die monumentalen Umrisse des im 11. Jahrhundert erbauten Welfenschlosses ab, heute im Besitz des Landes Niedersachsen. Umgeben ist es von Baukränen, denn es wird gerade saniert. "Im Advent soll es fertig werden, nur wurde nicht gesagt, in welchem Jahr", sagt Hintz.

Ein letztes Hornsignal, und die Stadtführung klingt aus. Doch der Abend in Celle ist noch nicht vorbei: Hereinspaziert in die "Bierakademie", ein Fachwerkhaus mit rustikalem Innenleben. Über knarrende Stufen geht es ins Obergeschoß. Dort wird’s kulinarisch kultig, wenn die freundliche Bedienung auf dem Holzbrettchen "Löwenfutter" serviert. So heißen die rohen Rindfleischrollen, gefüllt mit Pastinaken, Zwiebeln, Speck, Gurkerln. Gibt’s nur hier. Dazu vier regionale Biersorten und köstlichen Moselwein. Denn in Celle weiß man, wie man Bacchus huldigt.

Infos: Celle Tourismus, Tel. 0049-5141 909080. www.celle-tourismus.de

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