Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Unsere Kammern

Von Roman Sandgruber, 16. März 2019, 00:04 Uhr
Unsere Kammern
Bild: Tom Leitner

Kammern sind eigentlich Relikte einer längst anachronistisch gewordenen Wohnkultur.

Österreich ist ein Kammerland: Wir haben das Salzkammergut und das Schloss Kammer und hatten Kammerherren und Kammerdiener. Wir kennen die Kammermusik und den Kammerton, die geistliche und die weltliche Schatzkammer, die Hoftafel- und Silberkammer und eine Fülle von Kammersängern und Kammerschauspielern. Was wir aber ganz fix haben, und das sogar verfassungsmäßig garantiert, sind die Kammern: die Wirtschaftskammer, die Arbeiterkammer und die Landwirtschaftskammer, nicht zu vergessen die in der Mitgliederzahl recht überschaubare Landarbeiterkammer, aber auch die Rechtsanwalts-, Notariats-, Ärzte-, Apotheker- und die Wirtschaftstreuhänderkammer und weitere freie Berufe, die sich ebenfalls in Kammern zusammengeschlossen haben, die Ingenieure, Zahnärzte und Dentisten, Tierärzte und Patentanwälte, die mit 76 Mitgliedern (Stand 2016) die wohl kleinste Kammer bilden.

Und in allen diesen insgesamt 13 Kammern gibt es Kammerräte und Kammerpräsidenten und regelmäßig auch Kammerwahlen. Gewählt und entschieden wird meist im stillen Kämmerlein, nur die Präsidenten treten gelegentlich, vor allem wenn es um Stimmen geht, in Plakatkampagnen an die Öffentlichkeit. Kammern sind eigentlich Relikte einer längst anachronistisch gewordenen Wohnkultur. Das Wort ist aus dem Lateinischen entlehnt – "camera" bezeichnete einen gemauerten Raum mit gewölbter Decke, also einen relativ brand- und einbruchssicheren Bereich, wo man wertvollen Hausrat, Bücher oder auch sein Geld gut geschützt verwahren konnte. Das Merkmal der Wölbung und des Steinbaus wurde mit den Fortschritten der Bautechnik zwar unwesentlich, aber die Bedeutung eines im Gegensatz zu Stube und Zimmer vornehmlich zu Verwahrzwecken bestimmten Nebengemachs blieb erhalten und wurde auf Schatzkammern, Vorratskammern, Folterkammern, Leichenkammern, Grabkammern oder Dunkelkammern und sonstige meist unwirtliche Räumlichkeiten übertragen. Allesamt sind sie Relikte einer nicht besonders guten, aber gern als gut bezeichneten alten Zeit.

Unsere Kammern, so sagt man häufig, sind die zweite Macht im Staate. Die Handelskammern sind eine Errungenschaft der bürgerlich-liberalen Revolution von 1848, aber aufgebaut wurden sie im sogenannten Neoabsolutismus des jungen Kaisers Franz Joseph. Zusammen mit den nach 1918 eingerichteten Arbeiter- und Landwirtschaftskammern wurden sie zum Grundgerüst der österreichischen Sozialpartnerschaft. Manchmal heißt es, nur ehemals faschistische Länder hätten heute noch eine Kammerpflichtmitgliedschaft. Das ist natürlich Unsinn. Nur in acht von 27 EU-Staaten gibt es eine Kammerpflichtmitgliedschaft. Doch ein ständisch-autoritärer Grundzug haftet den Kammern immer noch an, und das Ausmaß der Wahlbeteiligung deutet auf eine gewisse Entfremdung zwischen den Mitgliedern und ihrer Führung hin.

 

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

mehr aus Oberösterreich

Details nach Brand in Mehrparteienhaus im Innviertel: Mädchen (10) sprang aus dem Fenster

Mit den Niederlanden huckepack zu neuen Transportflugzeugen

Was ein südkoreanisches TV-Team in Gutau sucht

Wolfgang Steinmaßl: Wie Essensabfälle zu Strom werden

Interessieren Sie sich für dieses Thema?

Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

5  Kommentare
5  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
VSteyr (185 Kommentare)
am 17.03.2019 11:54

„....gewählt wird meist im stillen Kämmerlein.....“
Zumindest bei den AK-Wahlen (auch anderen Kammerwahlen) wird flächendeckend in ganz Österreich gewählt!

„......Kammern ständisch-autoritärer Grundzug...“?
Stets waren es Politiker und „Wissenschafter“ die durch Abwertung und Verächtlichmachung von Organen der Demokratie autoritären Strukturen Vorschub leisteten!

lädt ...
melden
antworten
Maireder (2.427 Kommentare)
am 16.03.2019 22:36

Herr Roman Sandgruber hat unser Kammernland sehr gut beschrieben, die Handelskammern als Errungenschaft der 1848 Revolution und nach dem WW1 die Gründung der Arbeiter- und Landwirtschaftskammer.
Wir leben heute im 21. Jahrhundert und es sollte jeder Person vom Unternehmer bis zum Arbeiter frei stehen sich der gewünschten Interessensvertretung anzuschließen.
Eine Zwangsmitgliedschaft lehne ich kategorisch ab.

lädt ...
melden
antworten
vinzenz2015 (46.163 Kommentare)
am 16.03.2019 23:32

Sozialpartnerschaftliche Interessensvertretungen -
darum beneiden uns andere Staaten!

lädt ...
melden
antworten
vinzenz2015 (46.163 Kommentare)
am 16.03.2019 21:53

Ach-Hr.Sandgruber!?
Dieser Beitrag während der Kammerwahl? Warum denn?
Treuer Diener-wessen?

Zunächst"harmlos"Lexikalisches-aber dann:

"Gewählt und entschieden wird meist im stillen Kämmerlein,nur die Präsidenten treten gelegentlich,vor allem wenn es um Stimmen geht,in Plakatkampagnen an die Öffentlichkeit."

Warum der tendenziöse propagandistische Ton?
Für WEN schreiben Sie?

Synonyme:"Kammer":
Volksvertretung, Abgeordnetenhaus, Bundestag, Hohes Haus, Kammer, Landtag,Oberhaus, Reichstag,Ständehaus, Parlament, House of Commons, Kongress,Unterhaus ..
Alles-anachronistisch?

Na gut:"Kammern sind eigentlich Relikte einer längst anachronistisch gewordenen Wohnkultur."
Negative Emotion geweckt! Suuper!

Demagog. politisierend,kommen Sie trotz aller historischer Beteuerungen zum Schluss:
"Ein ständisch-autoritärer Grundzug haftet den Kammern immer noch an, und das Ausmaß der Wahlbeteiligung deutet auf eine gewisse Entfremdung zwischen den Mitgliedern und ihrer Führung hin."

Was soll das?

lädt ...
melden
antworten
vinzenz2015 (46.163 Kommentare)
am 16.03.2019 22:03

Wollte man ebenso emotional tendenziös sein,
könnte man ja formulieren:
Herr Emeritus!
Das würde ich aber nie und nimmer wagen!
Besser schon Ehwg!

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen