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Das schreckliche Geheimnis des Sternleitenhofes

Von Hannes Fehringer, 19. November 2018, 03:12 Uhr
Das schreckliche Geheimnis des Sternleitenhofes
Das Massaker auf dem Sternleitenhof (Name abgeändert) ereignete sich am 24. Oktober 1947 in der russischen Besatzungszone, Ennsgrenze. Bild: Haidin

Die ärgste in Österreich begangene Bluttat hinterlässt im Jahr 1947 elf Leichen auf einem Bauernhof. Die Munition deutet auf die russische Besatzungsmacht. Eine falsche Spur, glaubt Buchautor Wolfgang Haidin.

In der Mostviertelgemeinde St. Peter in der Au war es im Nachkriegsösterreich der Fünfzigerjahre kein Thema, mit dem man sich im Ort beliebt machte: Der Landarbeiter Josef M., ein Mittzwanziger und Sohn der Schustersleute Franz und Marie M., fragte bei den Einheimischen nach Hintergründen, warum seine Eltern auf dem Sternleitenhof, wo sie bescheiden in Untermiete wohnten, auch umgebracht worden waren. "Nach nur wenigen Tagen bekam M., wie mir seine Schwester erzählt hat, einen Drohbrief. Darin stand, dass er die Nachforschungen besser bleiben lässt, wenn er nicht wolle, dass es ihm genauso ergeht wie seinen Eltern", sagt Wolfgang Haidin. Den Ratschlag, er solle von der Vergangenheit die Finger lassen, hörte der mittlerweile in Pension gegangene Seitenstettner Hauptschullehrer auch selbst, seit er sich für ein Buch mit dem größten und bis heute ungeklärten Mordfall der österreichischen Kriminalgeschichte befasst.

Bis heute ungeklärt

Am 25. Oktober 1947 wurden die Bauersleute Matthias (50) und Marie E. (41), deren vier Kinder im Alter zwischen einem und 15 Jahren sowie der Knecht Lajos A. tot in der Stube des Sternleitenhofes aufgefunden. Es war ein Massaker, die meisten Todesopfer wurden mit Kopfschüssen getötet, zwei mit einem Wäschelöffel erschlagen. Im Obergeschoß wurden der Schuhmachermeister Franz M. (63), dessen Frau Marie (49) und deren beiden leiblichen Kinder Hedwig (11) und Karl (5) – ebenfalls regelrecht hingerichtet – tot in der Küche aufgefunden. Nur die Ziehkinder Alfred E. (5) und Rudolf S. (4) schliefen in ihren Betten, wurden von den Gewalttätern entweder nicht gefunden oder verschont. Sie sagten aus, dass sie in der Nacht aufgewacht seien und Uniformierte am Hof bemerkt hätten, die die Bewohner aufgefordert hätten, Ausweise vorzuzeigen. Die Spuren am Tatort schienen schnell die Täter zu überführen: Beim Lokalaugenschein ließen russische Besatzer gleich ein paar der Patronenhülsen in ihren Mäntel verschwinden, und die kriminaltechnische Untersuchung der anderen Projektile, die die einheimischen Gendarmen sicherstellen konnten, ergab, dass mit russischer Munition geschossen wurde. Die Ermittlungen wurden aber abgeschlossen, der Fall als ungeklärt zu den Akten befördert, was keine unübliche Vorgehensweise war, wenn der Verdacht auf russische Besatzer gefallen war.

Das schreckliche Geheimnis des Sternleitenhofes
Das Massaker auf dem Sternleitenhof (Name abgeändert) ereignete sich am 24. Oktober 1947 in der russischen Besatzungszone, Ennsgrenze. Bild: Moser

Die fürchterliche Bluttat fand dann sogar eine Erörterung im Parlament. Der russische Generaloberst Alexej Scheltow hat laut einem Ministerratsprotokoll vom 25. November 1947 die Ablöse des Sicherheitsdirektors von Niederösterreich, Andreas Liberda, gefordert, offenbar weil die Ermittlungen im Mordfall E. in die "falsche Richtung" geführt worden seien. "Scheltow kennt scheinbar den Massenmord und seine Täter", rapportierte der Berichterstatter vor Bundeskanzler Leopold Figl. Für die Österreicher war somit sonnenklar, dass die Russen etwas vertuschten. Laut Protokoll vom 23. Dezember 1947 macht Innenminister Oskar Helmer seinem Ärger Luft: "Im Falle E. waren die Patronen russischer Herkunft, und ich muss mich noch vom Scheltow beschimpfen lassen, dass in der Sache nichts geschieht."

Haidin hat in jahrzehntelanger Recherche in Polizei- und Gerichtsakten nun herausgefunden, dass die meisten Indizien auf Österreicher hinweisen, die sich sogar als Russen verkleidet haben könnten. Matthias E. soll nach Kriegsende auf dem Wiener Schleich eine große Nummer gewesen sein, was auch der St. Peterer Gendarmerie nicht entgangen war. Der Schwarzhandel mit Lebensmitteln war in Zeiten, in denen Figl den Leuten zu Weihnachten nichts auf den Christbaum hängen konnte – "Wir haben nichts!" – ein brutales wie einträgliches Geschäft. Vielleicht wurden die zwei Ziehkinder des Schusters deshalb am Leben gelassen, mutmaßt Haidin, um dann eine Mär von Russen im Haus zu erzählen.

 

Das Massaker am Sternleitenhof“ hat Autor Wolfgang Haidin sein Buch über den größten und bislang nicht geklärten Kriminalfall in der Geschichte der Republik Österreich betitelt. Der erste Teil des Buches ist ein dokumentarischer Roman, im zweiten Teil veröffentlicht Haidin umfassendes Quellenmaterial wie Polizeiberichte, Gerichtsakte und Zeugenaussagen. Das Buch ist im Tredition-Verlag erschienen und u.a. in der Buchhandlung Ennsthaler in Steyr und beim Autor selbst erhältlich.

 

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5  Kommentare
5  Kommentare
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Luftschlossgefahr (2.533 Kommentare)
am 23.11.2018 18:19

Die Bewohner der russischen Besatzungszonen können viele Geschichten erzählen.
Keine davon ist lustig. https://www.youtube.com/watch?v=iJsxaXiJBw0

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picknick (503 Kommentare)
am 23.11.2018 18:10

Hats damals auch schon Ausländer gegeben bei uns?

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jago (57.723 Kommentare)
am 24.11.2018 18:44

Ja, die ärmsten von ihnen waren damals Deutsche.

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jago (57.723 Kommentare)
am 20.11.2018 15:14

Der "Kriminalfall" interessiert mich nicht als solcher.
Daa Verhalten der gewöhnlichen Feiglinge in allen Rängen schon mehr.

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blubert (117 Kommentare)
am 19.11.2018 06:32

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