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"Heute würde man keine Brücke mehr so bauen wie die Morandi-Brücke"

Von Alfons Krieglsteiner, 17. August 2018, 00:04 Uhr
"Heute würde man keine Brücke mehr so bauen wie die Morandi-Brücke"
42 Todesopfer haben die Einsatzkräfte bisher aus den Trümmern der eingestürzten Brücke in Genua geborgen. Bild: APA/AFP/VALERY HACHE

LINZ. Brückenbau-Experte Hermann Thal zu den möglichen Ursachen der Katastrophe.

Auf einer Länge von 200 Metern ist die vierspurige Morandi-Brücke in Genua am Dienstag eingestürzt. 42 Menschen kamen ums Leben. "Die Brücke war wegen ihrer für heutige Ansprüche viel zu filigranen Form schon lange in der Kritik", sagt Hermann Thal (82), renommierter Spannbeton-Experte aus Mondsee.

 

OÖNachrichten: Was charakterisiert die Morandi-Brücke?

Hermann Thal: Sie ist das Werk eines berühmten italienischen Betonbrückenbauers der Nachkriegszeit, des 1989 verstorbenen Riccardo Morandi. Er hat sich von ästhetischen Kriterien leiten lassen, die er in ihrer filigranen Form realisierte. Für heutige Verkehrsverhältnisse zu filigran – heute würde man das nicht mehr so machen. Allein schon, wenn man bedenkt, dass ein Lkw vor 50 Jahren, als die Brücke gebaut wurde, im Schnitt 25 Tonnen gewogen hat, heute aber 45 Tonnen.

Was könnte die Ursache für den Einsturz gewesen sein?

Ich vermute, dass an Beton, Stahltragseilen und Kabeln unbemerkt Materialermüdung und Korrosion aufgetreten sind. Es könnten auch die Lager an den Gelenken schadhaft gewesen sein.

Um welchen Bautyp handelt es sich bei dieser Brücke?

Um eine Spannbetonbrücke. Das heißt, dass gespannte Stahleinlagen den Beton wie ein Gummiband zusammenhalten und größere Stützweiten ermöglichen. Leider war die Morandi-Brücke dafür viel zu dünn gebaut.

"Heute würde man keine Brücke mehr so bauen wie die Morandi-Brücke"
Hermann Thal, Brückenbau-Experte

Wie kann man die Tragfähigkeit solcher Brücken erhöhen?

Durch spezielle externe, freiliegende Vorspannungen, die die Tragfähigkeit erhöhen. Dadurch kann man bestehende Betontragwerke den Belastungsanforderungen anpassen. In den letzten 20 Jahren wurden diese Systeme entwickelt und zur Sanierung eingesetzt. Bei der Morandi-Brücke ist es dazu aber nie gekommen. Man wollte sie ja abreißen, hat es aber immer wieder hinausgeschoben.

Ist so ein Brückeneinsturz auch in Österreich denkbar?

Ich meine, nein. Unsere Brücken sind sehr sicher. Sie sind sehr solide gebaut, und wir haben strenge Vorschriften. Die Asfinag leistet bei der Kontrolle hervorragende Arbeit, alle zwei Jahre werden etwa die Tragwerke auf Risse und die Lager überprüft, alle fünf Jahre gibt es genaue Kontrollen mit Vermessung, und alles wird penibel protokolliert. Früher gab es schlechtere Brücken – als die Projekte noch in einem Wettbewerb ausgeschrieben und an den Billigstbieter vergeben wurden. Heute sagt bei uns der Bauherr: So will ich die Brücke, und so wird sie auch gemacht.

Gibt es Beispiele für Spannbetonbrücken in Oberösterreich?

Ja, etwa die große Ennsbrücke in Steyr, die unsere Firma vor zehn Jahren vorgespannt hat. Ihre Tragwerke sind genauso solide wie jene der Donaubrücken. Filigran wie die Brücke in Genua waren in den 1960er-Jahren Brücken in Österreich, die aber nach 30 Jahren vorsorglich abgetragen und durch moderne ersetzt wurden.

Wie wird die Brücke der Zukunft ausschauen?

Beton und Stahl werden die Bausteine bleiben. Sie garantieren eine Lebenszeit von 120 Jahren und zersetzen sich durch Korrosion am Ende selbst – anders als Kunststoff, den man nur mit hohem Aufwand recyceln könnte. Und Stahl durch Kohlefaser zu ersetzen, wird sich wirtschaftlich nicht rechnen.

 

 

Video: Die italienische Regierung macht den Autobahnbetreiber "Autostrade d"Italia" für den Brückeneinsturz in Genua verantwortlich. Katharina Wagner (ORF) spricht über mögliche Konsequenzen.

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