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"Wenn ich unten spare, ist das ökonomisch nicht klug"

Von Roman Kloibhofer, 23. Oktober 2018, 00:04 Uhr
"Wenn ich unten spare, ist das ökonomisch nicht klug"
Die Politiker sollten "anteilnehmend denken", wünscht sich Ökonom Stephan Schulmeister im Interview.

RIED. Ökonom Stephan Schulmeister über Sozialpolitik in Österreich.

Der Wiener Ökonom und Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister referierte in Ried über "Sozialpolitik in Österreich und Europa". Im OÖN-Interview spricht Schulmeister darüber, wo es dabei "an Herz und Hirn fehle", was Europa gefährden könne und was er der politischen Führung in Österreich rate.

 

OÖN: Sie sprechen zum Thema "Mit Herz und Hirn. Sozialpolitik in Österreich und Europa". Wie steht es um diese Sozialpolitik – wo fehlt das Herz, wo das Hirn?

Schulmeister: Eigentlich auf sehr vielen Ebenen. Seit 25 Jahren beobachten wir in Europa unter dem Titel Sparpolitik eine Schwächung des Sozialstaats, die nach der Finanzkrise 2008 markant verschärft wurde. Ganz massiv in den Ländern Südeuropas, und das hat enorme politische Konsequenzen, weil der europäische Kontinent immer mehr gespalten wurde. Dazu kommt die ökonomische Dimension. Was etwa in den 50er- und 60er-Jahren selbstverständlich war: Wenn ich den sehr gut Verdienenden ein bisschen mehr abverlange, wird das die Nachfrage kaum beeinträchtigen, denn die können es sich trotzdem erlauben, gut zu leben. Aber wenn ich unten spare, ist das eben ökonomisch nicht klug. Der Aufstieg des Rechtspopulismus hat natürlich damit zu tun, dass die Menschen immer mehr verunsichert sind und Angst haben. Diese Gefühle werden von bestimmten Politikern ausgenutzt.

Also gibt es zu wenig Herz?

Es gibt beides nicht. Ich glaube nicht, dass eine kluge Politik nur intellektuell durchgedacht ist. Da schwingt immer eine Anteilnahme, ein Mitgefühl für das Schicksal von Menschen mit.

Wo sehen Sie die ökonomischen und gesellschaftlichen Forderungen für Österreich?

Österreich kann natürlich nur in einem bestimmten Bereich handeln, das ist genau der Sozialbereich. Hier sollte auch wirklich das Ziel der Integration liegen – nicht nur der Flüchtlinge, sondern der vielen Menschen, vor allem der Kinder und deren Eltern, die schon seit 20, 30, 40 Jahren hier leben. In Wien haben bereits etwa 50 Prozent der Kinder Migrationshintergrund, Studien zeigen, dass deren Aufstiegschancen eklatant schlechter sind. Auch im Bildungsbereich ist sozial noch viel nachzuholen.

Ist Österreichs Politik reif, diese Herausforderungen zu meistern?

Nein, und sie will es auch gar nicht. Die Zustimmung zu dieser Bundesregierung kommt in großem Maße von der Verunsicherung von Menschen, von der Politisierung der Flüchtlingsfrage und davon, dass man Menschengruppen gegeneinander ausspielt. Das hat der Koalition nicht nur zu einem Wahlsieg verholfen, sondern ihr weiterhin eine Art Rückendeckung verschafft. Und die Erfahrung lehrt: Menschen bleiben so lang bei einer Strategie, solange sie ihnen nützt. Dass dabei andere Ziele draufgehen, ist nachrangig.

Und in Europa? Wie sehen Sie hier die Lage – Stichwort fehlende Einigkeit und Gemeinsamkeit.

Das ist ein enorm wichtiges Thema. Man könnte das sozialpsychologisch unter Identitätsverlust einordnen. Die früher christlichen Parteien in den eigenen Ländern sind keine christlichen Parteien mehr, die Sozialdemokraten sind keine Sozialdemokraten mehr, und auf europäischer Ebene hat man das verloren, was man früher das europäische Sozialmodell genannt hat. Die Vorstellung davon ist geschwunden, und mit einer Nationalismuskarte wird nun Polemik gegen die Europäische Union gemacht. Im allerschlimmsten Fall kann wirklich Gröbstes passieren, wenn auf Finanzmärkten eine neuerliche Krise passiert.

Ihre Empfehlung für die politische Spitze Österreichs in einem Satz?

In einem Satz: Anteilnehmend denken! Es macht einen Unterschied, ob ich über Arbeitslosigkeit rede, ausgehend von einem ökonomischen Modell, oder ob ich hinter dem Modell auch Menschen sehe. Diese Art des Denkens halte ich für sehr wichtig, und das muss wieder gelernt werden.

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17  Kommentare
17  Kommentare
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jago (57.723 Kommentare)
am 23.10.2018 12:01

Die Medien machen schon wieder die Täter (Ökonom) zu den Lösern der Misere traurig

Wo doch eh nur Wortschwall zählt in den Medien und Luftgeld.

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StefanieSuper (5.167 Kommentare)
am 23.10.2018 10:44

Das mag ja sein, dass es nicht klug ist bei den "Kleinen" unten zu sparen, aber unsere Politiker sind einfach nicht klug genug, das auch zu erkennen. Unsere gegenwärtige Sozialpolitik ist der einfache Wahnsinn aber die Parteien können ihn einfach gut verkaufen. Die gute Konjunktur ermöglicht unseren Politiker sich so aufzublasen. Sie rudern in jede Richtung, da ja ihr Hauptthema Flüchtlinge abhanden gekommen ist.

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metschertom (8.061 Kommentare)
am 23.10.2018 10:40

Die Anteilnahme hört dort auf wo sie zur Belastung wird.

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WB (126 Kommentare)
am 23.10.2018 10:07

An Spoe
Stefan Schulmeister kritisiert den Neoliberalismus als Ideologie im Interesse des Finanzkapitals und nicht des Real-Kapitalismus.
Das bedeutet, zur Stärkung der Real-Wirtschaft. Denn ausschließlich hier werden die Abgaben für unser Sozialsystem erarbeitet.

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spoe (13.502 Kommentare)
am 23.10.2018 10:24

"Real": Und das ohne einen Tag selbst in der Privatwirtschaft verbracht zu haben. Von der Uni aus und aus den staatsbezahlten Forschungsinstituten, die parteinahe besetzt werden, lässt es sich leicht theoretisieren. Das habe ich kritisiert und dazu stehe ich.

Wenn er über Arbeitslose erzählt und kritisiert, dass diese oft zu statistisch betrachtet werden, klingt es ziemlich unglaubwürdig. Weil er nämlich nicht einmal die Sorgen und Ängste der arbeitenden Bevölkerung aus erster Hand kennt, woher denn?

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Orlando2312 (22.318 Kommentare)
am 23.10.2018 10:49

...Weil er nämlich nicht einmal die Sorgen und Ängste der arbeitenden Bevölkerung aus erster Hand kennt,...

Übersetzen wir das mal in ein anderes Fachgebiet:
Hat ein Arzt selber noch nie einen Bandscheibenvorfall gehabt, so hat er keine Ahnung, wie so etwas zu behandeln ist? Wenn ein Psychiater selber nicht depressiv ist, hat er keine Ahnung wie man die Beschwerden bei Patienten lindert?

Also meine ich, man muss nie selber arbeitslos gewesen sein, um zu wissen, wie es diesen Menschen geht. Es genügt ja, mit ihnen darüber zu reden.

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Orlando2312 (22.318 Kommentare)
am 23.10.2018 10:06

Anders sind da Sie, ein erklärter Anhänger des Neoliberalismus.

Margret Thatcher hat mal erklärt, wie Neoliberalismus funktioniert.

Also frei nacht Thatcher: Die Reichen müssen noch reicher werden und die Armen müssen mit dem auskommen was sie haben.

Das ist gut für die Wirtschaft? Das ist sicher toll für die Reichen aber schlecht für alle anderen Menschen. Den früheren Mittelstand gibt's heut ja schon fast gar nimmer.

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nichtschweiger (5.824 Kommentare)
am 23.10.2018 11:45

Das hat Thatcher mit Sicherheit so nie gesagt!

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Orlando2312 (22.318 Kommentare)
am 23.10.2018 13:21

...nicht wortwörtlich. Daher auch frei nach. Dem Sinne nach stimmt es aber so. Weiss nicht mehr wo ich das gelesen oder ev. auch gesehen habe.

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nichtschweiger (5.824 Kommentare)
am 23.10.2018 13:36

Unsinn!!!

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Orlando2312 (22.318 Kommentare)
am 23.10.2018 17:38

Na klar wissen Sie besser, was ich gelesen habe........

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spoe (13.502 Kommentare)
am 23.10.2018 09:00

"Unsere" heutigen Experten: die Privatwirtschaft kennen sie nur vom Hörensagen, den öffentlichen und sicheren Bereich umso mehr.

Ein erklärter Feind des sogenannten Neoliberalismus (und damit jahrelanger Einheizer und Stichwortgeber bei den Sozis) und prominenter Unterstützer der sozialistischen SYRIZA-Bewegung.

Vielleicht wären für solche Theoretiker ein paar Monate in der Privatwirtschaft heilsam?

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jamei (25.498 Kommentare)
am 23.10.2018 08:55

Also wenn Geld, dass man NIE hatte NICHT mehr ausgegeben wird - so ist das für mich Vernunft und nicht sparen.

Sparen kann ich nur wenn ich etwas habe - wenn NIX da ist kann ich Ausgaben nur EINSPAREN.

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nichtschweiger (5.824 Kommentare)
am 23.10.2018 08:37

Die Sozialpolitik müsste folgenden Spagat schaffen. Sie müsste einerseits die finanzielle Situation der ärmeren Bevölkerung verbessern ohne jedoch die Motivation eine Arbeit anzunehmen zu mindern. Durch die jetzt geübte Praxis, vor allem im Wiener Sozialmodell, die Zuwendungen für Familien zu erhöhen je mehr Kinder in der Familie geboren werden wird das Gegenteil des Gewünschten erreicht - man vergrößert auf diese Weise die Anzahl der in prekären Verhältnissen lebenden Personen. Erreicht werden könnte dies durch eine, durch finanzielle Anreize gestaltete, "Ein-Kind-Politik" bei der es für das erste Kind erhöhte Zuwendungen gibt, für jedes weitere Kind jedoch nur mehr steuerliche Anreize als "Gegenleistung" Kinder auf die Welt zu bringen. Die Mindestsicherung in der derzeitigen Form hat zu absurden Auswüchsen geführt - eine Deckelung sollte eingeführt werden. Gleichzeitig sollte eine Negativ-Steuer die niedrigen Einkommen erhöhen um so den Abstand zur Mindestsicherung zu vergrößern.

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jago (57.723 Kommentare)
am 23.10.2018 16:48

Das ist doch ganz einfach!

Statt Geld im Unternehmen zu verdienen verdienst Geld als Parteipolitiker mit Fingerzeigen auf die Unternehmer. Das verzeihen dir die Parteisimpeln immer.

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despina15 (10.072 Kommentare)
am 23.10.2018 07:53

ich kann dem Ökonom Stephan Schulmeister
nur zustimmen,dass alles was versäumt
wird in unserer Gesellschaft wierd uns
allen auf dem Kopf fallen!

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nichtschweiger (5.824 Kommentare)
am 23.10.2018 09:15

Das ist eine Binsenweisheit zu deren Feststellung es keinen Ökonom Schulmeister benötigt. Alles was man anstehen lässt fällt einem irgendwann auf den Kopf!

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