Spannende Wahl in Südtirol: SVP muss weitere Verluste befürchten
BOZEN. Auch Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache rührten in Bozen die Wahltrommel.
Die Landtagswahl in Südtirol am Sonntag wird spannend wie selten zuvor: Trotz prominenter Wahlkampfhilfe aus Österreich wird erwartet, dass die Südtiroler Volkspartei (SVP) empfindliche Verluste hinnehmen muss. Der europäische Trend mit Verlusten für die Volksparteien und Gewinnen für die Populisten dürfte sich auch in Südtirol fortsetzen.
Landeshauptmann Arno Kompatscher von der SVP, der noch vor wenigen Monaten von einer "Rückholung der Absoluten" geträumt hatte, ist ernüchtert: "Man muss die Rechnung mit der Realität machen", sagte der 47-Jährige, der nach der Wahl 2013 Langzeitlandeshauptmann Luis Durnwalder nachgefolgt war. Er wolle mit der Südtiroler Volkspartei "über 40 Prozent" erreichen. Dies wäre ein "gutes Ergebnis". Kompatscher erhielt prominente Unterstützung aus Österreich. Kanzler Kurz war im September eigens nach Bozen gekommen, um die autonome Provinz als ein Erfolgsmodell zu preisen, "das nicht durch Instabilität aufs Spiel gesetzt werden darf".
> Video: Die regierende Südtiroler Volkspartei mit Arno Kompatscher hat vor fünf Jahren die absolute Mehrheit verloren. Umfragen zufolge wird es schwierig, diese zurückzuerlangen. Die größte Frage wird bei dieser Wahl aber wohl, wer als Koalitionspartner in Frage kommt.
Doch glaubt man den Umfragen, dann droht die seit 1948 regierende SVP nun endgültig ihren jahrzehntelangen Alleinvertretungsanspruch für die deutschsprachigen Südtiroler zu verlieren. Die absolute Mandatsmehrheit im Landtag hat sie bereits 2013 nach mehr als 60 Jahren verloren, mithilfe der aufgrund des Proporz nötigen italienischen Vertretern konnte sie aber weitgehend uneingeschränkt weiter regieren. Die bisher mitregierende sozialdemokratische Partito Democratico (PD) ist jedoch innerlich zerstritten, deshalb muss sich die SVP nach der Wahl wohl nach einem anderen Partner umsehen.
Mit Interesse erwartet wird auch das Abschneiden der Freiheitlichen. Obwohl die Partei besonders auf das Thema der Doppelstaatsbürgerschaft setzte und damit Missstimmung zwischen Wien und Rom auslöste, werden ihr keine großen Gewinne vorausgesagt. Dass Vizekanzler Heinz Christian Strache und Verkehrsminister Norbert Hofer in Südtirol die Werbetrommel rührten, dürfte laut Umfragen wenig gebracht haben. Gewinner wären demnach die rechtspopulistische Bürgerunion und das Team Köllensperger.
Wird die Lega neuer Partner?
Interessant wird das Abschneiden der Parteien, die um die italienische Volksgruppe werben, die gerade 26 Prozent der Bevölkerung stellt. Hier wird vor allem ein gutes Abschneiden der rechtspopulistischen Lega erwartet. Sie hat gute Chancen, stärkste italienische Partei zu werden. "Eine Koalition der SVP mit der Lega wäre ein Novum, denn bisher hat die Südtiroler Volkspartei immer mit italienischen Mitte-Links-Parteien zusammengearbeitet", sagen Beobachter. Italiens Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini hatte die Südtiroler Parteikollegen jedenfalls tatkräftig unterstützt. "Man kann keine Pässe verschenken, ohne dass die italienische Regierung damit einverstanden ist", polterte er dabei auch gegen Österreich.
Die regierenden Parteien gehören demokratisch zusammengestutzt auf unter 25% - damit sie nichts mehr anstellen können.