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Pflegen oder gepflegt werden, das ist hier die Frage!

Von Von Julia Evers, 11. Jänner 2019, 01:23 Uhr
Pflegen oder gepflegt werden, das ist hier die Frage!
In seiner Verkleidung als Ermi-Oma will Markus Hirtler Humor als Herzensöffner verwenden. Bild: Christopher Mavric

24-Stunden-Pflege ist wahrlich kein Thema, das es oft als Inhalt eines Kabarettprogramms auf die Kleinkunst-Bühnen schafft. Der Steirer Markus Hirtler wagt sich dennoch daran – in Verkleidung seiner Kunstfigur, der Ermi-Oma.

Die Ermi-Oma möchte zuhause bleiben, solange es geht. Also wird eine 24-Stunden-Pflegeagentur angeheuert. So beginnt Markus Hirtler neues Kabarettprogramm.

 

Das neue Programm dreht sich um 24-Stunden-Pflege. Ist das ein lustiges Thema?

Markus Hirtler: Gar kein Thema der Ermi-Oma ist lustig. Pflegebedürftigkeit, Sterbehilfe, Würde, angewiesen sein, das alles ist überhaupt nicht witzig. Und das war bei diesem Thema noch einmal schwieriger. Beim Recherchieren habe ich zu meiner Frau gesagt: Ob ich das wohl lustig hinkriege? Aber Humor ist diese eine Möglichkeit, sich aus Unangenehmem und Schwierigem herauszukatapultieren und von oben draufzuschauen. Genau das ist in allen Lebenslagen wichtig.

In welchen besonders?

In Beziehungen sehe ich das immer wieder: Es gibt Paare, die schaffen das, können sich aus der Situation erheben und sich selbst im Konflikt beobachten als wären sie die Nachbarn – dann kann es gut gehen. Das ist für mich beim kabarettistischen Arbeiten auch ganz wichtig, dieses Von-oben-Draufschauen. Da ist Humor dieser Herzensöffner, der Schuhlöffel, wie immer man es nennen will. Mit Humor komme ich dann in die Tiefe.

Wie lange wollten Sie schon an diesem Thema arbeiten?

Ich hatte dieses Thema schon am Schirm, bevor es das eigentlich gegeben hat. Ich habe im Jahr 1989 diplomiert, lange bevor es hierzulande legale 24-Stunden-Pflege gegeben hat. Als junger Pfleger wollte ich damals eine Organisation schaffen, die es ermöglicht, dass die Frau oder der Mann, die mit der Pflege beschäftigt sind, einmal ins Kino oder so gehen können. Das habe ich leider nie geschafft, aber damals ist mir schon bewusst geworden, wie wichtig dieser Bereich der Personenbetreuung ist. Im Zuge der Recherchen habe ich mich mit Gepflegten getroffen, mit Pflegenden, Agenturinhabern. Ich habe Menschen getroffen, die waren total happy, da ist die ganze Familie der Pflegerin aus Rumänien nachgekommen, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Ich habe aber auch Geschichten gehört, wo das Familiensilber weg war. Geschichten, wo Agenturen die Betreuerinnen total ausbeuten. Oft passt das nicht zusammen, was verkauft wird und was es dann ist – nämlich als 24-Stunden-Pflege. Ich habe junge Mädchen getroffen, die sind geködert worden – da ist nicht viel zu tun, bisserl einkaufen, der Opa ist ein bisserl dement. Und dann kommen die, und da ist ein schwerer Pflegefall zu betreuen. Eine Katastrophe für beide Seiten.

Würden Sie jemanden in Pflege geben?

Warum nicht? Aber es ist nicht mein Job, Antworten zu geben, sondern Fragen zu stellen – einen Spiegel in den Raum zu stellen. Grundsätzlich hat die Pflege keinen Wert, hat nie einen Wert gehabt. Das sind alte Menschen, die sind dann bald einmal gestorben. Wir sind nicht in der Situation und verdrängen es.

Pflege ist auch ein vieldiskutiertes Thema, das bei vielen Menschen Ängste hervorruft, sei es, weil diese sie selbst oder Familienangehörige betreffen. Hatten Sie Bedenken, das als Thema auszuwählen?

Ich habe diese Bedenken nie, weil ich mir nie die Frage stelle, ob das die Leute hören wollen oder nicht. Für mich ist es ein inneres Ringen und ein Zurückziehen, und wenn ich dann beim Schreiben bin, tu ich nichts anderes als kämpfen und ringen mit mir – was will ich sagen? Geschrieben habe ich dieses Mal in Bad Ischl, da hat ein Freund von mir ein Haus, das leer steht, da durfte ich mich zurückziehen.

Sie wollen Ihre Stimme für Alte erheben – haben Sie das Gefühl, etwas zu bewirken?

Ja, die Rückmeldungen lassen mich das glauben. Viele Menschen aus dem Pflegebereich kommen zu mir und sagen: "Morgen gehe ich anders arbeiten." Wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass es Sinn hat, würde ich es nicht mehr machen. Aber: Die Ermi-Oma gibt es jetzt das 15. Jahr. Und natürlich muss man einen nüchternen Blick darauf werfen – es hat sich nicht alles zum Besseren gewendet.

Sie haben selbst Ihre Frau und die Mutter Ihrer drei Kinder durch Krebs verloren und damit einen privaten Schicksalsschlag erlebt. Wie schaffen Sie es dennoch, ein freundliches, fröhliches Gesicht mit Lachfalten zu haben?

Ich hatte gerade am Wochenende eine Begegnung, die mir wieder gezeigt hat: Die Erdung ist wichtig. Wenn du deinen Kindern wirklich etwas antun willst, dann räum ihnen alle Steine aus dem Weg, dann werden sie nicht resilient, sie werden beim nächsten Windstoß auf die Papp‘n fliegen. Wenn du ihnen zutraust, dass sie ihr Leben leben, wie sie es leben wollen, dann können sie Schläge aushalten und werden stark werden. Ich glaube, dass die verschiedenen Geschichten in meinem Leben zum Guten mitgewirkt haben. Ich glaube einfach daran.

 

Markus Hirtler (49) arbeitete mehr als 20 Jahre lang als Krankenpfleger, Pflegedienstleiter, Heimleiter und Sozialmanager. Die Kunstfigur Ermi-Oma hat er geschaffen, um seine Stimme für die Menschen zu erheben, die in unserer Gesellschaft nicht gerne gehört werden.

Pflegen oder gepflegt werden, das ist hier die Frage!
Markus Hirtler Bild: Markus Wache

Termine "24 Stunden Pflege(n)" , das neue Programm von Markus Hirtler, das den Pflegealltag und den Alltag der Pflegenden humorvoll beleuchten soll, ist am 31. 1. in der Kürnberghalle in Leonding zu sehen, am 26. 2. im Stadttheater Wels und am 27. 2. im Centro in Rohrbach. Karten: 0732 7805 805.

 

 

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1  Kommentar
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Seebrise (6 Kommentare)
am 06.02.2019 15:21

Viel zu selten wird die negative/problematische Facette des Älterwerdens aufgezeigt, welche sowohl Betroffene als auch da ihre Familien belastet. Fraglich erscheint mir nur warum es bis dato noch immer ein so mäßig bezahlter Beruf ist wo man doch weiß, es werden mehr solcher Pflegekräfte gebraucht. Mit wenig Geld aber vielen Geduldsproben weiß ich ehrlich gesagt nicht wer sich für den Job begeistern wird und auf Arbeitskraft aus wirtschaftlich benachteiligteren Ländern möchte und sollte man sich auf Dauer wohl auch nicht verlassen. Schön, dass Herr Hirtler dem dennoch eine Portion Humor verleiht.

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