Vernetzungskünstler auf der Suche nach der Wahrheit
Der Linzer Prix Ars Electronica vergab die Goldenen Nicas unter 3046 Einreichungen in fünf Kategorien
Partizipativer Journalismus und das Milliardengeschäft Datenhandel sind die prägenden Themen und Forschungsprojekte der heuer beim Prix Ars Electronica mit der Goldenen Nica ausgezeichneten Künstler und Medienwissenschafter. 3046 Einreichungen aus 85 Nationen hatte die Jury diesmal für die Kategorien "Digital Communities", "Interactive Art+", "Computer Animation" und "u19 – Create Your World" zu sichten. Der Preis wird während des Ars Electronica Festivals überreicht, das unter dem Titel "Error – The Art of Imperfection" erneut in der Linzer Postcity (ehemaliges Postverteilerzentrum am Hauptbahnhof, 6.–10. September) den Irrtum als Ideenquelle beleuchtet.
Eindrucksvoll ist die Arbeit der weltweit agierenden Recherche-Community Bellingcat (www.bellingcat.com), die Fakten etwa über den Abschuss der Malaysia-Airlines-Passagiermaschine MH17 genauso zugänglich ins Netz stellt, wie sie belegbare Machenschaften mexikanischer Drogenbarone oder Kriegsverbrechen in Syrien veröffentlicht. Die Plattform sammelt Recherchen von Bürger-Journalisten, vernetzt diese und bietet zugleich Anleitungen für Menschen, die sich an diesem Projekt beteiligen wollen. Diese Leistung in "Digital Communities" wird mit der Goldenen Nica gewürdigt.
Die Fremdheit der Welt
Die Arbeit "TROPICS" der Französin Mathilde Lavenne, die in der Kategorie "Computer Animation" ausgezeichnet wird, wirkt nur auf den ersten Blick poetisch. Bilder eines Faro-Scanners, der von Architekten für dreidimensionale Gebäudebilder verwendet wird, montierte sie zu einem Film in der mexikanischen Provinz Veracruz am Rio Filobobos, wo bei Hochwasser Relikte aus vergangenen Kulturen an Land gespült werden. Ihre Arbeit wird dadurch zu einem Werk über die Fremdheit der Welt.
Die belgischen LarbitsSisters haben die "Interactive Art"-Jury mit der Internet-Installation "BitSoil Popup Tax & Hack Campaign" überzeugt, die "uns die Möglichkeit gibt, an der großen Geschichte des Datenhandels im Internet teilzunehmen", sagt Gerfried Stocker, künstlerische Leiter des AEC.
Im U19-Bewerb setzten sich die Wiener HTL-Schüler Lorenz Gosa, Martin Hatler, Samuel Stallybrass und Vincent Thierry mit ihrem Spiel "Levers & Buttons" durch.
Als "Visionary Pioneer of Media Art" wird das Leonardo-Netzwerk, eine der führenden Plattformen für Kunst, Wissenschaft und Technologie, prämiert. 1968 erschien das erste Leonardo-Journal, die Community wuchs, weitere Formate entstanden. Herausgeber ist nunRoger Malina, Sohn des Gründers Frank. "Unsere Community ändert die Geschichte", und "unsere Arbeit hat gerade erst begonnen", sagt er im Videogespräch.