Kuttners "Hitlershow": Ein bunter Abend, der Kult sein will
Durchschnittliche Uraufführung von Kuttners "Hitlershow" im Linzer Schauspielhaus.
Mit der rechtefreien Marke Adolf Hitler speist sich eine Verwurstungsmaschinerie, die Jürgen Kuttner mit seiner "Hitlershow: Am Tag, als Adolf Hitler starb" entlarven wollte. Die Uraufführung fand am Samstag im Linzer Schauspielhaus statt, und nach knapp drei Stunden hing die Frage im dampfend schwülen Raum: Warum zupft Kuttner nur am Marketing-Umhang, der den Massenmörder verharmlost? Warum löst er das wie eine Plane riesige Feigenblatt nicht von der braunen Fassade und nimmt den Laden richtig auseinander?
Was Comedy zum Kabarett fehlt
Eine Bert-Brecht-Puppe entschuldigt sich zu Beginn für den Fehler, dass über Lautsprecher die "Arturo Ui"-Parabel angekündigt worden sei. Dieses Stück hat erst am 15. März 2019 Landestheater-Premiere. Dass Brecht trotzdem "viel Spaß" wünscht, mag die Mittel und Absichten markieren, die sich auch in der Unterscheidung von deutscher Comedy und österreichischem Kabarett niederschlagen. Vor lauter Witz kommt der Schmäh kaum auf die Beine.
Kuttner streichelt das Publikum warm. Brav wird Beifall geübt, brav lobt der Conférencier, es soll ja eine "tolle Show" werden. Eine Show, die sich anstrengt, Kult zu sein. Nichts Neues sei zu erwarten, es habe ja jeder Historiker an Hitlers Socken gerochen. Österreichische Schauspieler tragen Armbinden in Rot-Weiß-Rot, deutsche in Schwarz-Rot-Gold. So zettelt Kuttner den Nachbarn-Hickhack an, mit "Cordoba"-Verblendung und dem Dasein eines deutschen Theatermachers in der österreichischen Provinz gefüttert.
Das ist unterhaltsam, chauvinistisch, manchmal wortpfiffig, aber es zieht vorbei, ohne Spuren zu hinterlassen. Im Revue-Modus, der ausgediente Landestheater-Bühnenbilder von Momme Röhrbein verwurstet, und mit spaßigen "Kollateralschlagern" von Udo Jürgens über Juliane Werding bis Nina Hagen formen die Ensemble-Schauspieler Corinna Mühle, Theresa Palfi, Robert Finster und Klaus Müller-Beck einen bunten Abend der Groteske.
Hitlers Kür zur "Austria’s next Stop-Model" wird lange angebahnt, in rosaroter Uniform singt er "I am from Austria" und Thomas Bernhards Drama "Der deutsche Mittagstisch" als Mitmach-Spiel – rauf und runter geht’s in der Achterbahn des Führers. Hätte Kuttner die Wurstmaschinen-Szene gestrichen, in der Hitlers mit Leim und Gleitgel vermanschtes "Mein Kampf" in Därme gestopft wird, man hätte nicht nur Zeit gespart. Die glänzenden Momente zündet Suse Wächter. Wie sie Baby-Hitler, Sigmund Freud (mit Thomas Manns klugem Text "Bruder Hitler") und Elfriede Jelinek als Puppen führt, spricht und singt, offenbart eine rare Verschmelzung an diesem Abend: große Kunst und tolle Show.
"Kuttners Hitlershow: Am Tag, als Adolf Hitler starb", Regie: Jürgen Kuttner. Uraufführung: 9. Juni, Linzer Schauspielhaus. Termine: 13., 17., 21., 22., 25., 28., 29., 30. Juni; 1., 6. Juli. Info/Karten: www.landestheater-linz.at, 0732/7611-400.
OÖN Bewertung:
Die Kritik ist sehr treffend.
Ein netter Abend - aber auch nicht mehr.