Warum können Frauen oft nicht schlafen?
40 Prozent aller Menschen in den Industriestaaten sind von Schlaflosigkeit betroffen – Frauen doppelt so häufig wie Männer. Was dem weiblichen Geschlecht den Schlaf raubt und was Frau dagegen tun kann, erklärt Elisabeth Auer vom Landes-Krankenhaus Rohrbach
Im Schlaf erholen sich Körper und Geist, die Zellerneuerung kommt in Gang, Wunden heilen rascher und das Knochenwachstum wird angeregt. Wie wichtig das Schlafen ist, merken wir erst, wenn sich der Schlaf nicht einstellen will. Frauen leiden doppelt so häufig unter Schlafstörungen wie Männer, zeigen Studien. Oberärztin Elisabeth Auer vom Landes-Krankenhaus Rohrbach erklärt warum - und was Frauen hier helfen kann. „Die größten Störfaktoren sind der weibliche Hormonhaushalt, Stress und die Mutterschaft“, sagt die Fachärztin für Gynäkologie. „Das Hormon Progesteron hat einen stark schlaffördernden Effekt. Sinkt der Hormonspiegel kurz vor der Menstruation, nimmt auch der erholsame Nachtschlaf bei vielen Frauen ab. Schwangerschaft und Stillzeit sowie die Wechseljahre bringen ebenfalls schwankende Hormonspiegel mit sich, die die Schlafregulation wanken lässt.“
Bei Eingriffen in den Hormonspiegel zum Behandeln der nächtlichen Unruhe, ist die Medizinerin aber sehr zurückhaltend: „Besser als dieses komplexe System weiter zu stören, ist es die Frauen für ihren persönlichen Schlafrhythmus zu sensibilisieren. Schlafaufzeichnungen, die auch körperliche Bewegung unter Tags, zu sich genommene Nahrungsmittel und Stressfaktoren beinhalten, können helfen, das Problem einzugrenzen und individuelle Änderungen herbeizuführen.“
Wenig verändern lässt sich eine Schlafstörung, die sich im besten Fall von selber „verwächst“ – nämlich kleine Kinder. Die Evolution hat es so eingerichtet, dass Frauen die Kinder haben, sehr leicht schlafen. Müssen sie doch im Notfall sofort wach sein. Obwohl diese mütterliche Präsenz mit zunehmendem Alter der Kinder weniger nötig ist, hat sich bei vielen Frauen der Schlafrhythmus so stark verändert, dass sie auch dann nicht mehr gut schlafen können, wenn das Babyalter längst vorbei ist.
Dass Alltagsstress und Mehrfachbelastung Frauen eher wach liegen lassen als Männer, ist auch biologisch erklärbar: „Weibliche Gehirne verarbeiten Probleme anders als männliche. Frauen analysieren mehr, sehen öfter große Zusammenhänge und damit auch größere potentielle Problemfelder. Kommt der Körper zur Ruhe, springt dann häufig das Gehirn an und es ist vorbei mit dem Schlaf“, so die Expertin.
Wird der Schlaf durch Sorgen immer weniger, werden die Sorgen immer mehr. Denn Depressionen und Schlafmangel können eng zusammenhängen. Weitere Auswirkungen von langfristigem Schlafmangel, besonders von fehlenden Tiefschlafphasen, sind Unkonzentriertheit, Infektanfälligkeit und ein höheres Risiko, an Herz-Kreislaufproblemen zu erkranken. Außerdem begünstigt der fehlende Schlaf Übergewicht. Auf die leichte Schulter sollten länger andauernde Schlafprobleme also nicht genommen werden
Helfen kann die Medizin auf verschiedene Weise, wie Auer betont: „Das Wichtigste ist eine erste Diagnose, besonders dann, wenn langanhaltender Schlafmangel den Alltag einschränkt. Sind organische Probleme, Schmerzen oder auch ein schlafraubender Eisenmangel ausgeschlossen, gilt es die Rahmenbedingungen für guten Schlaf zu schaffen. Dazu kann psychologische Hilfe gehören, aber auch einfache Änderungen im Alltag wie ein kühles, gut gelüftetes Schlafzimmer, kein blaues Licht von Computerbildschirmen und Handydisplays am Abend und kleine Rituale, um den Tag loszulassen. Schlaffördernde Medikamente können ebenfalls kurzfristig zum Einsatz kommen, dürfen aber andere Maßnahmen nicht ersetzen.“
"Warum können Frauen oft nicht schlafen?"
Weil sie im Gegensatz zu vielen Männern im allgemeinen kaum ein entspannendes und beruhigendes Bier am Abend trinken.