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"Laufen ist auch Kopfsache"

07. April 2018, 00:04 Uhr
"Laufen ist auch Kopfsache"
Bild: OÖNGrafik

Der bekannte Mentaltrainer Michele Ufer hat im OÖN-Interview Heidi Riepl erklärt, wie man den Kopf am besten auf einen Marathon vorbereitet und diesen auch genießen kann.

Der Kopf ist die Schaltzentrale, wo alles zusammenläuft", sagt der Mentalcoach und Sportpsychologe Michele Ufer im OÖN-Interview. Gerade für Läufer sieht er im mentalen Training "noch viel Potenzial".

 

OÖNachrichten: Wie viel Kopf steckt in den Beinen? Oder anders gefragt, warum ist für Läufer mentales Training so wichtig?

Ufer: Der Kopf ist eine Schaltzentrale, wo alles zusammenläuft. Im Kopf werden Bewegungen gesteuert, es entstehen Emotionen. Wie bei einem Computer hängt alles von der Software ab. Je nachdem, wie unsere Zentrale eingestellt ist, funktionieren auch unsere Füße.

Ja gut, aber es sind doch die Füße, die laufen, und nicht der Kopf…

Klar, aber wo kommen denn die Nervenimpulse her, damit die Muskeln kontrahieren?

Dann erklären Sie doch bitte, wie mentales Training funktioniert.

Mentaltraining im ursprünglichen Sinn bedeutet, dass bestimmte Bewegungsabläufe nicht in der Realität ausgeführt werden. Das kennt jeder vom Fernsehen, wenn Skifahrer am Start noch einmal die Bewegung durchgehen. Interessant dabei ist, dass allein durch die Vorstellung die gleichen Muskelgruppen angesprochen werden. Es sind messbare Impulse, die durch den Körper gehen. Sie sind lediglich nicht so stark wie bei der tatsächlichen Ausführung. Das führt dazu, dass wir allein durch intensive Vorstellung Bewegung optimieren können. Ein Pilot zum Beispiel spielt immer wieder durch, wie er in kritischen Situationen vorgeht. Da werden komplette Settings automatisiert.

Was bedeutet das für Läufer?

Gerade beim Laufen können wir ganze Wettkampfdrehbücher entwickeln. Man hat eine Vorstellung von der Strecke und überlegt sich genau, wie man bei diesem oder jenem Teil vorgeht. Der Vorteil ist, dass man die Strecke schon einmal erlebt hat und manche Dinge vielleicht ihren Schrecken verlieren. Man entwickelt also psychologische Fähigkeiten oder Strategien, die hilfreich sind, um persönliche Ziele besser zu erreichen.

Heißt das auch, dass man sich durch mentales Training einen Teil des körperlichen Trainings ersparen könnte?

Ja, womöglich schon. Ich bin sogar der Meinung, dass man manche Ziele sogar entspannter erreichen kann. Aber gleichzeitig bin ich keiner, der sagt, dass mentales Training eine Wunderwaffe ist. Aus einem Würstchen kann man auch kein Steak machen. Letztendlich sind wir als Menschen eine Körper-Geist-Einheit. Innere Gefühle wirken sich immer auf unsere körperliche Leistungsfähigkeit aus.

Aber besteht nicht die Gefahr, dass ein allzu starker Kopf den Körper überfordert und es zu Überlastungen kommt?

Ich gehe im Rahmen eines mentalen Trainingsprogramms mit den Leuten die Ziele durch und sage auch, dass alles im Leben seinen Preis hat. Da gibt es dann welche, die sagen, dass ihnen eine Medaille so wichtig ist, auch wenn sie danach nur noch durchs Leben humpeln. Ansonsten arbeite ich mit meinen Leuten an einer Grenzkompetenz. Also an der Fähigkeit, ein Bewusstsein zu schaffen, wie weit man gehen kann bzw. will und wo man besser einmal zurücksteckt, damit man auch in Zukunft gesund und leistungsfähig bleibt.

Wie bekommt man Niederlagen wieder aus dem Kopf? Gibt es dazu gewisse Techniken?

Ich halte mich immer mit pauschalen Tipps zurück. Denn wir alle haben unterschiedliche Erfahrungen, Ziele und Stärken. Außerdem stellt sich die Frage, was eine Niederlage überhaupt ist. Ich glaube, dass 98 Prozent der Läufer ihren Sport als Hobby machen. Wenn es da einmal nicht klappt, ist es in der Regel kein Drama. Aber man kann daraus lernen und etwas Positives daraus ziehen. Wenn man da eine gewisse Entspanntheit als Grundhaltung annimmt, ist vieles gewonnen. Ich habe einmal eine kleine Studie zum Thema psychische Widerstandskraft gemacht und mir angesehen, wie Leute mit Stresssituationen umgehen und daraus gestärkt hervorgehen. Und da zeigte sich, dass sich mentales Training positiv auswirkt. Also, wie man sich seine Ziele setzt, wie man sich selbst motivieren und auch selbst pushen kann und wie man sich entspannt. Es ist also sinnvoll, das alles zu trainieren.

Das klingt nach langfristigem Training…

Ja, aber es gibt natürlich auch Momente, wo es reicht, gewisse Impulse zu setzen, die zum Umdenken zwingen und gewisse Dinge relativieren. Letztendlich ist es wichtig, eine gewisse Routine zu entwickeln, die man immer wieder übt und perfektioniert, um sie dann beim Wettkampf ohne viel nachzudenken abrufen zu können – quasi wie auf Autopilot.

Wie groß sollte Ihrer Ansicht nach der Zeitaufwand des mentalen Trainings in der Marathonvorbereitung sein?

Auch das kann man pauschal nicht sagen. Mit manchen Läufern arbeite ich zehn Stunden intensiv, und sie machen dann selbständig weiter. Sie führen dann zwei oder dreimal die Woche eine halbe Stunde in einem entspannten Zustand eine Vorstellungsübung durch. Oder sie probieren beim Lauftraining bestimmte Dinge aus. Aber das ist typabhängig.

Sie bezeichnen den sogenannten "Mann mit dem Hammer" als Gerücht, quasi eine Art von self- fulfilling prophecy?

Ja, wenn man ihn intensiv erwartet, dann kommt er auch. Da ist dann wieder die Frage, was es an alternativen Denkmodellen gibt. Man muss sich vom Modell des Mannes mit dem Hammer emanzipieren und sich sagen: Okay, irgendwann sind die Beine müde, aber dann möchte ich trotzdem entspannt sein und meine Lockerheit beibehalten. Wir können beim mentalen Training eine Erinnerung suchen, wo wir früher auch locker waren. Daran sind auch gewisse Gefühle und Bilder gebunden, die wir uns dann beispielsweise bei Kilometer 30 abrufen können. Das kann man so oft üben, dass wir dann quasi wie auf Autopilot locker bleiben und sogar genießen können. Aber das gilt es für jeden individuell herauszufinden.

Kann man mit mentalem Training tatsächlich auch den Laufstil verbessern?

Ja, allein wenn Sie jetzt die Aufmerksamkeit ganz bewusst auf den Rücken lenken, passiert eine Veränderung. Auch mit inneren Bildern oder Metaphern. Wenn man zum Beispiel zu jemandem sagt, er soll ganz geschmeidig wie eine Katze laufen, dann ändert sich sofort sein Laufstil. Das können wir in der Realität machen oder auch nur im Geiste. Wir können uns vorstellen, wie wir bei Kilometer 35 noch immer locker sind, und dann hat das auch konkrete Auswirkungen auf die Bewegungsökonomie. Jeder hat ein persönliches Fenster eines optimalen Spannungszustandes, das man trainieren kann. Darin liegt viel Potenzial.

 

Michele Ufer

Michele Ufer ist Mentaltrainer und international gefragter Experte für Sport- & Managementpsychologie. Ohne je
einen Marathon oder Halbmarathon absolviert zu haben, erreichte er 2011 nach nur viermonatiger Vorbereitung bei einem 250-Kilometer-Wüstenrennen den sensationellen siebenten Platz. Mittlerweile gehört der 46-Jährige zu den erfolgreichsten Extremläufern Deutschlands. Er hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, am bekanntesten ist sein Ratgeber „Mentaltraining für Läufer – weil Laufen auch Kopfsache ist“, Meyer & Meyer, 280 Seiten, 20,60 Euro

 

Linz Marathon

Knapp 20.000 Nennungen – so viele wie nie zuvor – sind für die verschiedenen Bewerbe des Linzer Marathon-Wochenendes bereits eingegangen. Für Kurz-Entschlossene gibt es bei der Marathon-Expo am 13. und 14. April in der Linzer Tipps-Arena die Möglichkeit für die Bewerbe am 15. April (Viertel-, Halb-, Staffelmarathon, Marathon) nachzunennen.

 

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