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Schöne Perlen

Von Martin Duschek, 25. Februar 2017, 00:04 Uhr
Schöne Perlen
Die Piazza Ducale in Vigevano, ein riesiger, von Renaissancebauten mit Laubengängen umschlossener Platz. Bild: Duschek

Im Schatten Mailands bleiben sie meist unbeachtet, dabei bezaubern die Städte Vigevano und Pavia mit historischen Wahrzeichen.

Wenige hundert Meter nach der Autobahnabfahrt erinnert nichts mehr an die Hektik Mailands. Auf einer gemütlichen Landstraße tingeln wir Richtung Vigevano. Das Navi leistet gute Dienste, die verbogenen Straßenschilder wirken nicht wirklich vertrauenswürdig. "Warum nochmals fahren wir dorthin?", möchte ich von meiner Begleiterin wissen. Ach ja, der Hauptplatz soll so fantastisch sein. Die ersten Häuser der 63.000-Einwohner-Stadt wirken jedenfalls eher trist: ein paar Plattenbauten aus den 70ern, heruntergekommene Fassaden, wenig einladende Bars und Pizzerias.

Die Fahrt ins Zentrum Vigevanos dauert erstaunlich lange. Beim ersten "traffico limitato" lassen wir unser Fahrzeug stehen und gehen zu Fuß weiter. Die Geschäfte erscheinen einladender, das gepflasterte Trottoir wurde wohl erst vor kurzem verlegt. Ein braunes Schild weist den Weg zur "Piazza Ducale". Wir durchschreiten einen Torbogen und – "Wow!"

Die perfekte Stadt

Vor uns eröffnet sich ein riesiger, rechteckiger, von Renaissancebauten mit Laubengängen umschlossener Platz, an dessen Ostende sich die gebogene Fassade des Doms Sant’ Ambrogio erhebt. Die 134 Meter lange und 48 Meter breite Fläche wird von einem Netz geometrisch angeordneter Linien und Kreise durchschnitten. Acht mächtige Kandelaber stehen auf stilisierten Sonnenstrahlen. Die prächtig dekorierten Fassaden der einen Front leuchten orange-rötlich im Abendlicht.

"Der Bischof, Architekt und Mathematiker Juan Caramuel y Lobkowitz gestaltete den Platz zuletzt im 17. Jahrhundert. Vigevano wurde lange als die Verwirklichung der perfekten Stadt angesehen", klärt mich meine Begleiterin auf. Und tatsächlich verströmt das Ensemble eine Harmonie und Großartigkeit, die ihresgleichen sucht. In einem der vornehmen Restaurants auf dem Platz gönnen wir uns einen Aperitivo. Die dazu gereichten "Stuzzichini", kleine Häppchen, ersetzen fast das Abendessen.

Schöne Perlen
In der Certosa di Pavia beteten die Mönche für das Seelenheil. Bild: Duschek

In der Certosa di Pavia beteten die Mönche für das Seelenheil.

Auch abseits der Piazza Ducale beginnen wir, uns mit Vigevano anzufreunden. Das Castello Sforzesco, einst Herzogssitz des Mailänder Regentengeschlechts der Sforza, erstreckt sich über weite Teile der Altstadt. Die Habsburger, die im 16. Jahrhundert in Besitz der Anlage kamen, ließen die weitläufigen Gebäude jedoch verfallen. Erst seit wenigen Jahren wird hier renoviert. 2016 eröffnete ein Museum über die Frühgeschichte der Lombardei. Abenteuerlich kann der Turm des Castells bestiegen werden, von dem sich ein herrlicher Blick auf den Piazza Ducale bietet.

"Ihr müsst unbedingt in die Certosa di Pavia fahren", sagt Andrea Bellotti, der Besitzer der Weinhandlung in der Via Merula nahe dem Dom von Vigevano. Er kenne die Welt, exportiere seine Weine mit großem Erfolg nach New York und Tokio, aber so etwas Schönes wie die Certosa gebe es nur hier. Wir beschließen, seinem Rat zu folgen, und auch der Provinzhauptstadt Pavia einen Besuch abzustatten. Pavia, eine knappe Fahrstunde von Vigevano entfernt, beherbergt nur unwesentlich mehr Einwohner. Trotzdem wirkt die Stadt ungleich aufgeweckter und bedeutender. Pavia verfügt über eine der ältesten Universitäten Europas und ist seit dem ersten Jahrhundert Sitz eines Bistums.

Schöne Perlen
Andrea Bellotti, der Händler aus Vigevano hat guten Wein und gute Tipps.

Andrea Bellotti, der Händler aus Vigevano hat guten Wein und gute Tipps.

Belebte Geschäftsstraßen, mittelalterliche Plätze, Studentencafés und das 900 Jahre alte Gemäuer der Basilika San Michele Maggiore ziehen uns in ihren Bann. Hier wurde Karl der Große zum König der Langobarden gekrönt. Ein paar Kirchen weiter bewundern wir das prächtige Grabmal des Heiligen Augustinus.

Der Schatz im Garten

Der größte Schatz Pavias liegt jedoch sieben Kilometer nördlich im weitläufigen Garten des Castello Visconteo. Fürst Gian Galeazzo Visconti stiftete 1396 die "Certosa", die Kartause. Mehrere Dutzend Kartäuser-Mönche beteten hier rund um die Uhr für das Seelenheil des Mächtigsten der Visconti-Dynastie. Hinter dem recht unscheinbaren Eingangstor ins Klosterareal wird der Besucher von der Pracht der Renaissancefassade der Kirche Madonna delle Grazie schier erschlagen. Unzählige Marmorfiguren, Ornamente und Tafeln zieren die Front. Die detaillierten plastischen Darstellungen erinnern in ihrer liebevollen Ausfertigung an den Kenotaph Kaiser Maximilians in Innsbruck.

Im Inneren setzt sich die verschwenderische Gestaltung der Klosterkirche fort. Bedeutende Gräber, hochgezogene, gotische Gewölbe und die farbenprächtige Bemalung machen sie zu einer der schönsten Kirchen der Welt, wie viele Kunsthistoriker bestätigen. Erlebenswert und nahezu uneingeschränkt zugänglich ist auch der Rest der Klosteranlage. Ein kleiner und ein großer Kreuzgang schließen an die Kirche an. Letzterer wird von 22 identischen kleinen und einer etwas größeren Klosterzelle gesäumt. Wie eine Reihe Entchen hinter der Mutter umschließen die Häuschen so den fußballfeldgroßen Innenhof.

Elf Mönche des Zisterzienserordens leben heute in der Anlage. Auch in der Certosa di Pavia begegnen wir kaum anderen Touristen. Während sich in Mailand die Horden nahezu gegenseitig auf die Füße trampeln, erleben wir in Vigevano, Pavia, Abbiategrasso und anderen kleinen Orten eine sehr ursprüngliche, stimmungsvolle und unverfälschte Lombardei.

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