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Osterbräuche auf Maltesisch

Von Gerhard H. Oberzill, 08. April 2017, 00:04 Uhr
Osterbräuche auf Maltesisch
Das Heilige Grab ist eines der populärsten Sujets der maltesischen Karfreitagsprozessionen. Bild: Oberzill

Echte Frömmigkeit und Freude am Spektakel mischen sich auf der Mittelmeerinsel Malta zu eindrucksvollen Osterzeremonien.

Ergriffen lauschen die Touristen den klagenden Molltönen der Blechbläser. Die Einheimischen freilich lassen sich durch einen Trauermarsch noch lange nicht beim Austausch des neuesten Dorfklatsches stören. Dann aber hören sie mit dem Kichern und Ratschen unvermittelt auf: Langsam öffnet sich das Hauptportal der Kathedrale und die erste lebensgroße Figurengruppe taucht auf. Getragen wird sie von Kapuzenmännern in weißen Kutten, die mit dem Oberkörper hin und her wippen, sodass die Statuen fast lebendig wirken. Schon nach wenigen Schritten müssen die Träger die auf ihre Schultern drückende Last absetzen. Sofort sind Ministranten zur Stelle, um den mächtigen Aufsatz mit Stöcken abzustützen. Jetzt folgen auch die Einheimischen dem Geschehen mit gespannter Aufmerksamkeit.

Osterbräuche auf Maltesisch
Auferstehungsprozession am Ostersonntag in Rabat Bild: Oberzill

Der Brauch, am Karfreitag mit Passionsgruppen durch Maltas Straßen zu ziehen, soll im 16. Jahrhundert im Zwillingsort Mdina-Rabat aufgekommen sein. Bis heute wird diese Tradition an vielen Orten der kleinen Mittelmeerinsel hochgehalten. In Maltas Hauptstadt Valletta ebenso wie in den ihr gegenüber liegenden "Drei Städten" Senglea, Vittoriosa und Conspicua; aber auch auf dem Land, etwa in Luqa, in Zejtun, in Mosta oder auf dem zum Zwergstaat gehörenden Nachbarinselchen Gozo.

Bei den großen Karfreitagsprozessionen defilieren rund ein Dutzend Statuengruppen mit Szenen aus der Leidensgeschichte des Herrn: das letzte Abendmahl, Jesu Todesangst im Garten Getsemani, der Judaskuss, der dornengekrönte Christus, seine Geißelung, der Sturz unter dem Kreuz, Veronika mit dem Schweißtuch, Kreuzigung und Kreuzabnahme, die Grablegung und das Heilige Grab selbst sind die populärsten Sujets.

Zwischen den Passionsgruppen marschieren Laiendarsteller in historischen Kostümen. Römische Soldaten sind zu sehen, aber auch Büßer, die zur Erfüllung eines Gelübdes schwere Holzkreuze schleppen. Andere tragen Fahnen und Transparente aus schwarzem oder purpurfarbenem Samt.

Die maltesischen Osterfeierlichkeiten setzen schon vor dem Karfreitag ein. Besonders eifrige Pfarren veranstalten gar eine Woche davor einen ersten Umzug zu Ehren "Unserer lieben Frau der Trauer", bei dem eine Pietà mitgeführt wird, also ein Vesperbild mit Maria, die den Leichnam ihres eben vom Kreuz abgenommenen Sohnes im Schoß hält. Andere Kirchen beginnen den vorösterlichen Prozessionsreigen am Palmsonntag.

Osterbräuche auf Maltesisch
In der Hauptstadt ziehen die Gassen mit den schönen Holzerkern an. Bild: Oberzill

Von Mittwoch bis Freitag der Karwoche stellen einige Orte Abendmahlstische nach, manchmal mit den Aposteln, meist jedoch ohne. Kerzen, Blumen, Lorbeerblätter und Trinkbecher schmücken die lange Tafel, an der Jesus einen erhöhten Sitz hat. Die Plätze der Jünger sind durch Teller mit geometrischen Mustern aus bunten Reiskörnern markiert.

An Speisen sind Fisch, Spaghetti, Frischobst, Datteln, Feigen, Nüsse und Oliven aufgetischt. Dazu gibt es das ringförmige Apostelbrot, das nur zu Ostern gebacken wird. Die wohl schönste Abendmahlstafel wird im hochbarocken Oratorium von Vallettas Dominikanerkloster ausgerichtet. Und am Gründonnerstag waschen in diesem Bet-raum die Sakramentsbrüder nach Christi Vorbild 13 Armen aus dem Volk die Füße.

Völlig verschieden von der ernsten Feierlichkeit des Karfreitags präsentiert sich der Ostersonntag. Die Trauer über Jesu Tod weicht einer überschäumenden Freude über sein Wiedererscheinen. Applaus brandet auf, als im offenen Portal der Kathedrale die Statue des strahlenden Erlösers erscheint, der den irdischen Tod überwunden hat. Nicht mehr gemessenen, sondern beschwingten Schrittes setzt sich die Auferstehungsprozession in Bewegung. Ein abendliches Feuerwerk krönt den Freudentag.

Kirchen lassen es krachen

Krachen lassen es die Malteser nicht nur zu Ostern. Jede Kirche auf den Inseln, die etwas auf sich hält, feiert ihren Heiligen mit einem Kirtag, den ein – erraten! – Feuerwerk beschließt. Sollte man aber als Besucher wider Erwarten keine solchen "Festa" erleben, tut es ein mittägiger Besuch von Vallettas Upper Barracca Garten auch: Schlag 12 wird als Reminiszenz an die verflossene britische Ära zum Gaudium der Touristen auf der Saluting Battery ein Kanonenschuss abgefeuert.

Osterbräuche auf Maltesisch
Jeden Mittag schießt in Valletta eine Kanone Salut. Bild: Oberzill

Sprüht Malta schon zu normalen Zeiten vor mediterraner Lebenslust, so herrscht derzeit in Valletta Ausnahmezustand. Abgesehen davon, dass Europas kleinster Mitgliedsstaat – im Bezirk Perg fände er zweimal Platz – noch bis Ende Juni die EU-Präsidentschaft innehält, putzt man sich für 2018 heraus: Dann nämlich wird Valletta (zusammen mit dem holländischen Leeuwarden) europäische Kulturhauptstadt. Ein Ereignis, das mit zahlreichen Baukränen lange Schatten vorauswirft, will man doch glänzen wie zur Zeit der Malteserritter.

Valletta bietet dem Urlauber – zusätzlich zur imposanten Lage der rundum befestigten Stadt – mindestens drei Gebäude, die man sehen muss: die auf den eigenartigen Namen Co-Cathedral hörende Hauptkirche, den Großmeisterpalast des Malteserordens und das in der "Auberge de Provence" (dem einstigen Sitz provenzalischer Ritter) beheimatete Archäologische Museum mit Zeugnissen der fünf jahrtausendealten Megalithkultur der Inseln. Eine andere Attraktion nicht nur der Hauptstadt sind die "arabischen" Holzerker. Und dann die vielen Klopfer der Malteser. In Löwenkopf- oder Delfinform schmücken sie die Portale der vornehmen Häuser. Besonders reizvolle Stücke findet man in Mdina-Rabat oder in den "Drei Städten". Und zum Abschluss darf das Postkartenmotiv nicht fehlen: die im Hafen von Marsaxlokk schaukelnden Luzzus mit den Unheil abwehrenden Augen. Mit Begeisterung pinseln die Fischer ständig an den typischen Booten herum. Als wollten sie dem Urlauber ein möglichst buntes Erinnerungsbild mitgeben.

Osterbräuche auf Maltesisch
Das Postkartenmotiv schlechthin: die Boote im Hafen von Marsaxlokk Bild: Oberzill

Information

365 Kirchen, für jeden Tag eine, soll es auf den maltesischen Inseln geben. Jede will mit dem Kirtag zum Patronatsfest die Nachbargemeinde übertrumpfen.

Mosta: Die Stadt zeichnet sich durch eine riesige Kuppelkirche aus, die 10.000 Gläubige fasst, mehr als die Stadt zur Bauzeit Einwohner hatte. Diese
„Rotunda“ ist Mariä Himmelfahrt geweiht und veranstaltet nicht nur zu Ostern, sondern auch am 15. August einen der größten Umzüge der Inseln. Im Zweiten Weltkrieg durchschlug eine deutsche Fliegerbombe die Kuppel, explodierte aber nicht, was die Einheimischen der Wunderkraft der Gottesmutter zuschreiben.

Anreise: Air Malta fliegt bis 28. Oktober täglich von Wien nach Malta, außerdem zwischen 5. Juli und 7. September mittwochs zwei Mal, bis 27. Oktober freitags zwei Mal. Ab 9. April fliegt Eurowings dienstags und sonntags von Wien nach Malta. Die Flugzeit beträgt zwei Stunden.

Info: www.urlaubmalta.com, www.visitvalletta.de

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