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Nichts wie Weg

Von Bernhard Lichtenberger, 26. November 2016, 00:04 Uhr
Nichts wie Weg
Hunderte Kilometer im Schottenrock. Bild: Gruber

Das Wandern war eigentlich nicht Robin Grubers Lust. Bis der 19-Jährige aus Altenberg auf die Idee kam, den Westen der USA auf dem 4279 Kilometer langen Pacific Crest Trail von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze zu begehen – im Schottenrock.

"Bist verrückt? Da stirbst du!" Die Begeisterung hielt sich in bescheidenen Grenzen, als Robin Gruber im Freundes- und Familienkreis den Gedanken streute, sich alleine auf den langen Weg zu machen, der durch drei Bundesstaaten, sieben Nationalparks, 24 Nationalwälder und 33 ausgewiesene Wildnisareale führt.

Der Absolvent des Linzer Peuerbach-Gymnasiums ließ sich nicht beirren, obwohl stundenlanges Gehen in der Natur bis dahin auf seiner Prioritätenliste fehlte. "Mit meiner Mom", sagt der Sohn einer Oberösterreicherin und eines US-Amerikaners, "war ich vielleicht drei Mal auf der Goiserer Hütte. Aber sonst hatte ich vom Wandern keine Ahnung. Nüsse!"

Mit Schichtarbeit in der voest und als Verkäufer bei einem Sportartikelhändler füllte der Teenager seine Reisekasse auf, bevor er sich kurz bei der Oma in Cleveland (Ohio) einnistete und die letzten Vorbereitungen für den Marsch ins Ungewisse traf. Bepackt mit Ruck- und Schlafsack, "und absolut nervös", brach Robin Gruber am 14. April 2016 vom Startpunkt auf – einem schlichten Holzpfahl, nur einen Meter neben dem ominösen Grenzzaun zu Mexiko in den trockenen Wüstenboden gerammt.

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Der Tag, als der Regen kam, war nur kurz ein Spaß. Nach sechs Stunden "war mir so kalt, dass ich keine Motorik mehr hatte". Bild: Gruber

Der Tag, als der Regen kam, war nur kurz ein Spaß. Nach sechs Stunden "war mir so kalt, dass ich keine Motorik mehr hatte".

Allein musste er sich nicht fühlen. War der Pacific Crest Trail (PCT) früher weit weg von einem überlaufenen Trampelpfad, so schürte der Kinofilm "Der große Trip – Wild" mit Reese Witherspoon aus dem Jahr 2014 das Interesse am zweitältesten Weitwanderweg der Vereinigten Staaten. Der Streifen erzählt die Geschichte von Cheryl Strayed, die sich 1995 im Alter von 26 Jahren in drei Monaten einen 1800 Kilometer langen Abschnitt des PCT von der kalifornischen Mojave-Wüste bis zur "Brücke der Götter" nahe Portland, Oregon angetan hat, um die Trauer über den plötzlichen Krebstod der Mutter und ihre Heroinsucht zu überwinden. Die Leinwand-Reklame bedingte, dass eine Genehmigung eingeführt wurde. An einem Tag dürfen sich nun nicht mehr als 50 Gehwillige auf den Weg machen.

Nichts wie Weg
"Die ersten beiden Wochen waren körperlich hart. Mir taten die Haxen weh, und nach zwei Stunden hatte ich die erste Blase." - Robin Gruber, Weitwanderer

"Die ersten beiden Wochen waren körperlich hart. Mir taten die Haxen weh, und nach zwei Stunden hatte ich die erste Blase." - Robin Gruber, Weitwanderer

"Das ist dein Traum! Robin, du schaffst das!", redete sich der Wander-Novize aus dem Mühlviertel ein. "Die ersten beiden Wochen waren körperlich hart. Mir taten die Haxen weh, und nach zwei Stunden hatte ich die erste Blase", erzählt er. Weil auf der 20 Meilen langen Start-etappe kein Wasser zu bekommen ist, lastete auf den Schultern das zusätzliche Gewicht von acht Litern, die er mitschleppte. Ein Monat verging, bis er sich physisch an die Hatscherei gewöhnt hatte. Dann kamen Tage, an denen er 50 Kilometer am Stück zurücklegte, "und am Schluss war ich eine Wandermaschine".

Aus Robin wird "Goldie"

Der Vorname Robin blieb unterwegs auf der Strecke. Stattdessen klaubt man einen Trailnamen auf, den einem Mitwanderer zuwerfen. Den ersten Taufversuch schüttelte der 19-Jährige ab. "Flash" sollte er heißen. Das leitete sich von seiner ungewöhnlichen Wanderbekleidung ab, einem Schottenrock. "Die kurze Hose war nicht gemütlich, also habe ich zum Kilt gegriffen. Schließlich ist die Oma ja in Schottland aufgewachsen", sagt Robin Gruber. Oft fehlte darunter jedes weitere Stückchen Stoff, und zur Gaudi ließ er bisweilen die blanke Kehrseite hervorblitzen ("flash"). Letztendlich nahm er den Spitznamen "Goldie" an, nachdem er, wie ein Golden Retriever, eines Tages vor Glück im Kreis herumtollte.

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Fantastische Bilder wie diese kann Robin Gruber niemand mehr nehmen. Bild: Gruber

Fantastische Bilder wie diese kann Robin Gruber niemand mehr nehmen.

Was treibt einen an, durch die kalifornische Wüste zu stapfen, Wälder zu durchstreifen, die Berge der Sierra Nevada und der Kaskaden zu kreuzen? "Auf jeden Fall bin ich nicht losgezogen, um mich selbst zu finden", sagt Gruber. Mit Erwartungen hielt er sich zurück. "Das Leben war simpel. Du hast alles, was du brauchst, im Rucksack. Du stehst auf, packst dein ,Haus’ zusammen und gehst. Das ist Freiheit." Sein Mantra, das ihn begleitete: Wenn dir das Gehen keinen Spaß mehr macht, dann hörst du auf! In einer frühen Phase seines Abenteuers schwirrten solche Fragen durch seinen Kopf: "Freut mich das? Will ich das wirklich tun?" Er wollte.

Stolz auf den ersten Schritt

Nach etwas mehr als fünf Monaten, in denen vier paar Schuhe verschlissen, ein Schneesturm und ein paar Regentage überstanden waren, tauchte abrupt jene Linie auf, die nach 4279 Kilometern das Ende der Reise bedeutete. "Erst dachte ich, ich werde in Tränen ausbrechen. Aber ich war einfach nur stolz – vor allem auf den ersten Schritt, dass ich den gemacht habe", sagt der Oberösterreicher, der unzählige Bilder wunderschöner Landschaften und prägende Begegnungen an Lagerfeuern in seinem Kopf abgespeichert hat.

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Eines von vier Paar Schuhen, die sich unterwegs auflösten.

Eines von vier Paar Schuhen, die sich unterwegs auflösten.

Als Pfad der Erleuchtung geht der Pacific Crest Trail nicht in die Gefühlswelt des 19-Jährigen ein, der seit Anfang Oktober Zivildiener beim Samariterbund ist. "Aber ich habe andere Sichtweisen bekommen. Definitiv wurde durch den Weg meine Abenteuerlust geweckt", sagt Gruber. Schon seit ein paar Jahren reizt es ihn, in die Entwicklungshilfe zu gehen, auch ein Studium mit ökologischer Ausrichtung schwebt ihm vor.

Und dann gibt es da noch diesen Weitwanderweg in Neuseeland, von dem er gehört hat. Robin, du schaffst das!

 

Grafik: So weit ging Robin Gruber

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Pacific Crest Trail

PDF-Datei vom 25.11.2016 (1.258,88 KB)

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