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Macht mich wandern!

Von Bernhard Lichtenberger, 09. Juni 2018, 00:04 Uhr
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Blitz und Donner halten sich vornehm zurück, Zeit ist genug – da darf man schon einmal vom vorgezeichneten Weg abkommen und St. Wolfgang vom Vormauer-Kreuz ins Auge fassen. Bild: beli

Bernhard Lichtenberger hat sein Wanderschicksal in die Hände von Eurohike gelegt und sich auf eine 8-Tage-Tour zu Salzkammergut-Seen schicken lassen – mit festgelegter Strecke, vorgebuchten Unterkünften und Gepäckstransport. Die Schuhe schnüren und gehen musste er doch selbst.

Über Wanderkarten tüfteln, in Tourenführern schmökern, Etappen abstecken, Herbergen googeln, Preise vergleichen – der Weg zum Wanderweg kann ein beschwerlicher sein. Sich ans Gehen machen geht auch anders. Eurohike aus Obertrum schultert seit 14 Jahren die Last der Organisation von Wanderreisen von A wie Albanien bis Z wie Zypern.

Gut, sollen sie mich, den Planlosen, eben wandern machen. Die Wahl fiel auf das Zehn-Seen-Trekking im Salzkammergut mit Start- und Zielpunkt Fuschl. Der erste Schritt darf bis 7. Oktober individuell an jedem beliebigen Tag (außer Freitag) getan werden. Ab 575 Euro sind familiär geführte Quartiere im 3-bis-4-Sterne-Segment sowie der tägliche Transport des Gepäcks zur nächsten Destination gebucht. Das hat den Vorteil, dass der leichte Tagesrucksack nicht als Ballast quält – und den Nachteil, dass sich die eingepackten Siebensachen multiplizieren, statt eines Buches drei zwischen die zu vielen Unterhosen, Socken und Leiberl gesteckt werden. Aber darüber mag sich der Kofferbote beschweren.

Wer sich von Eurohike Beine machen lässt, gibt sich bei den Unterkünften mit einem Paket zufrieden, das neben der Nächtigung nur das Frühstück enthält – wobei die lukullischen Morgengaben zwischen Fuschl- und Hallstättersee durchwegs üppig ausfallen. Der Verzicht auf eine Halbpension entpuppt sich als Gewinn. Er fördert die kulinarische Abenteuerlust nach getaner Hatscherei. Frisch geduscht und rucksacklos streift der Wanderer auf seiner appetitanregenden Pirsch durch die Gassen des jeweiligen Etappenziels. Vor den Lokalen ausgehängte Speisekarten werden inspiziert, Teller von Schmausenden im Schanigarten in Augenschein genommen und Einheimischen Empfehlungen entlockt.

Das solcherart Entdeckte will verlautbart werden: Blunzenknödel in Rindsuppe im Schlossbräu gleich neben der Mondseer Basilika, der röstfrische Muntermacher in der Kaffeewerkstatt in St. Wolfgang, der fantastische Saibling im Gasthof zum Hirschen in Altaussee. Die Qualität des Eises, für das sich in Mondsee eine imposante Menschenschlange anstellt, führt den Namen des Anbieters ad absurdum: Übleis. Mit Salzkammergut-Tapas überrascht in Bad Ischl die Brasserie "3 Prinzen", von der gegrillten Blunzn auf Honig-Biersenf und Kraut bis zum geschmolzenen Bierkäse mit Kürbiskernöl. Selbst der Keller offenbart Originelles: Ein Fenster gewährt dem Wasserlassenden einen Blick auf die Fässer mit Hausgebrautem, das Waschbecken funktioniert per Zapfhahn.

Dieses gaumenfreudige Abendprogramm ist wohlverdient. Zwischen fünf und sieben Stunden bleiben die Beine je nach Abschnitt in Bewegung. Am Ende darf man auf 120 Kilometer zurückblicken, und auf unauslöschliche Spuren. Zu solchen gehört, sich am Schobergipfel um die eigene Achse zu drehen, um Fuschl-, Irr-, Mond- und Attersee zu schauen. Da rückt ein Zweizeiler in den Sinn, den eine wassernärrische Kollegin gerne streute: "Wann i an See seh’, brauch’ i ka Meer mehr."

Eingebrannt hat sich der Erzherzogin-Valerie-Weg an den steil abfallenden Wänden der Burggrabenklamm, aus der das Tosen des Wassers emporsteigt. In der Erinnerung taucht das leuchtende Lila des Breitblättrigen Knabenkrautes im Naturschutzgebiet Blinklingmoos am Wolfgangsee-Ufer auf, ebenso die saftigen Blumenwiesen, die nicht frühzeitig von Silage-Ballen verschluckt wurden.

Ein Auge, das nicht ständig an Oberflächen hängt, auf denen wischende Finger eine Informationslawine auslösen, schärft sich wieder für Natürliches. Es folgt einem gelbschwarzen Schmetterling, der vor der Nase tanzt. Den flatternden Kurs des prächtigen Schwalbenschwanzes kreuzt ein Kleiner Fuchs. Auf der rissigen Rinde eines umgestürzten Baumes breitet ein Braunfleckiger Perlmutterfalter seine zarten Flügel im Sonnenlicht aus. Da windet sich eine Ringelnatter, dort zeigt im morgenfeuchten Laub der Feuersalamander sein gelb-schwarzes Kostüm.

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Kultur- und geschützte Naturlandschaft finden zwischen Abersee und Strobl zusammen. Kaum zu glauben, dass auf der linken Trasse einst zwischen Salzburg und Bad Ischl a liabe klane Eisenbahn a bissl rauchte und pfauchte. Bild: beli

Während auf Pfaden, die zu Gipfelkreuzen führen, das "Servas" und das "Griaß eich!" recht fleißig zu verteilen ist, wähnt man sich auf Übergängen zwischen den Seen und schmalen Wegen (wie dem entlang der Ischler Ache) im berühmtesten Roman der oberösterreichischen Schriftstellerin Marlen Haushofer. Irgendwo muss doch die Wand sein, dieses unsichtbare, unüberwindbare Mysterium, das einen vom Rest der Welt abgeschnitten hat. Stundenlang begegnet einem keine Menschenseele, was dazu führt, dass man sich selbst wieder näher tritt.

Wiewohl der meditative Rhythmus des Gehens und Atmens den Gedanken Beine macht und diese eigene Pfade einschlagen, geht der Eurohiker nicht verloren. Ein 66-seitiges Heft begleitet ihn, in der jede Teilstrecke auf Kommakilometer genau beschrieben ist, mit Höhenprofil, Länge, Daumen-mal-Pi-Gehdauer, Sehens- und Wissenswertem sowie mit Alternativ-Ausflügen per Linienbus, falls es aus himmlischen Schleusen einmal Schusterbuben regnet.

Ohnehin gilt, dass das Wetter ist, wie es ist, unabhängig davon, ob man sich eine Wanderreise selbst zusammenschustert oder Spezialisten ein Gesamtpaket schnüren. In beiden Fällen heißt es: Was nass wird, trocknet – aber was sich hinter tiefhängenden Wolken verbirgt, bleibt unsichtbar.

Finaler Wegweiser des Autors: Auch wenn man Sie wandern macht – seinen Weg muss jeder selbst gehen.

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