Auf der Suche nach dem Ende der Welt
In Feuerland ist man am südlichen Zipfel von Südamerika der Antarktis am nächsten. Von Gletschern und Steilhängen erholt man sich am besten bei Tango in Buenos Aires.
Südamerika ist anders. Feuerland und Patagonien auch. Zuallererst lernt man, dass man im südlichen Zipfel der Welt Klopapier nicht einfach in die Muschel wirft. Nein, auch in Argentinien wird es extra entsorgt, um die Umwelt zu schonen. Ein sorgsamer Umgang mit der Natur ist auch das Motto in den Wander-Camps.
Die meisten treibt die Sehnsucht nach dem ewigen Eis hierher. Es ist so blau wie die Gletschereis-Zuckerl unserer Kindheit. Wir haben neun Kilo Gepäck auf den Schultern und das Mekka der Kletterer vor uns. Der Ort heißt El Chalten. Er ist die einzige Ansiedelung im argentinischen Nationalpark Los Glaciares.
Hier herrscht ein Hauch Wildwest. Scharen durchtrainierter Kletterer aus aller Welt warten auf "das Fenster". Manchmal dauert es Monate, bis zwei, drei Sonnentage ohne Wind hier Halt machen. Dann hängen die Seilschaften auf den Sehnsuchtsbergen Fitz Roy und Cerro Torre.
Zwei junge Leute mit Muskeln wie aus der Fitnessstudio-Werbung haben auf halber Höhe aufgegeben. Sie sind froh, noch am Leben zu sein. Ein Bergfex erzählt, eine Nachbarspitze in 26 Stunden non-stop ohne Schlaf bezwungen zu haben.
Wir haben das nicht vor. Wir sind Bergsteiger, keine Kletterer. Doch um den Schauer zu spüren, den Fitz Roy und Cerro Torre über den Rücken jagen können, muss man kein Bergsteiger sein. Bergwandern reicht. Modisch sagt man Hiking dazu.
In drei Stunden sind die neun Kilo aus El Chalten ins Zelt-Camp geschleppt. Strom gibt es nicht. Wasser kommt vom Fluss. Dafür heißt es um fünf Uhr früh aufstehen, um in der Dunkelheit die Lichterkette der Stirnlampen zu beobachten, die das Eisfeld in Richtung Fitz Roy quert.
Trifft der Strahl der aufgehenden Sonne seine Spitze, färbt sich das Massiv rot. Dann wandern wir drei Stunden und liegen ihm dort zu Füßen, wo der Gletscher sein blaues Eis in den See kalbt. Einen Tag später züngeln uns die Ausläufer des patagonischen Eisschilds an, das 400 Kilometer lang und 60 Kilometer breit ist.
Am mächtigsten schiebt der Gletscher Perito Moreno an. Dreieinhalb Autostunden von El Chalten entfernt ist er über das Städtchen Calafate zu erreichen. Zwei Meter pro Tag schiebt sich das Eisfeld vor. Knacksen kündigt den Abbruch von häusergroßen Eisspitzen an, die fontänenspritzend in den See krachen.
"Grast" man die die Mode-Berge Patagoniens und Feuerlands ab, darf der Nationalpark Torres del Paine nicht fehlen; ein UNESCO-Weltnaturerbe. Zuviel sollte man sich als bergverwöhnter Europäer aber nicht erwarten. Mit ihm nehmen es locker Jungfrau, Mönch und Eiger auf. Das besondere an den Berg-Highlights Patagoniens: Ab schlappen 300 Metern Seehöhe fängt das ewige Eis an. Höhenkrank wird hier niemand.
Nach vielen Tagen Zelterfahrung, etlichen Guides, die unterwegs schon mal Kokablätter kauen, hat man sich das Ende der Welt verdient. Ushuaia ist die südlichste Stadt der Erde. Sie ist auch kulinarisch berühmt. Hier gibt es die Königskrabben, die geschmacklich jeden Hummer in den Schatten stellen.
Mit dem Flugzeug geht es zurück an den Ausgangspunkt der Reise, Buenos Aires. Man wird im Februar vom Neuschnee in den Hochsommer katapultiert. Schlendern Sie dort durch die Stadtteile San Telmo und La Bocca. Dort schallt Tango aus vielen Restaurants und es wird in Parks getanzt.
Schnell noch das historische Teatro Colon mitgenommen, das sich mit dem Wiener Musikverein um die weltbeste Akustik matchen soll. Nach einer Runde über den Friedhof Recoleta mit dem Grabmal der Familie Duarte (Evita Peron) hat man in dieser westlich geprägten 13-Millionen Stadt voller Hochhäuser schon (fast) alles gesehen.
Ja, eine Parilla (sprich Parischa) sollten Sie auch essen. Diese Grillplatte vereint diverse Fleischsorten, Würste und Innereien. So ganz nebenbei erwähnt sei, dass die für ihre Steaks berühmten Argentinier sechs Garstufen kennen.
Reisetipp
Die beste Reisezeit für Patagonien und Feuerland ist Oktober bis März. In unserem Herbst/Winter ist in Südamerika Frühling und Sommer. Impfungen braucht man nicht.
Ausgangspunkt in Südamerika ist Buenos Aires.
Flüge gibt es etwa mit Lufthansa von Linz via Frankfurt oder mit Air France ab Wien via Paris. Ab Buenos Aires geht es mit Aerolineas nach El Chalten, dem Ausgangsort des Trekkings.
Hiking-Pakete mit allen Highlights, Guides und deutschsprachiger Reiseleitung bietet das Reiseunternehmen Weltweitwandern von Gründer Christian Hlade an: www.weltweitwandern.at
Vor dem Heimflug sollten die Wasserfälle von Iguazu „mitgenommen“ werden. Die argentinische Seite ist die schönere und von Buenos Aires aus mit preisgünstigen Inlandsflügen zu erreichen.