Tobende Frau entwaffnete Polizisten
STEYR, DIETACH. Bedingte Freiheitsstrafe: Dietacherin hatte bei ihrer Tat 2,38 Promille Alkohol im Blut.
"Ich kann mich an nichts mehr erinnern", sagt die Mittvierzigerin aus Dietach, die sich am Landesgericht Steyr wegen Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf einen Beamten und Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Richter Wolf-Dieter Graf verantworten muss. Den wundert dies genauso wenig wie Staatsanwalt Andreas Pechatschek.
Emilie P. hatte bei jenem verhängnisvollen Vorfall am 22. August des Vorjahres 2,38 Promille Alkohol im Blut. Aufgrund von Problemen mit ihrer drogensüchtigen Tochter war die Alkoholikerin rückfällig geworden, hatte ihren Lebensgefährten geschlagen und in der Wohnung Blumentöpfe aus dem Fenster geworfen. Dem Mann blieb nur noch die Wahl, die Polizei zu Hilfe zu rufen.
Doch damit nahm das Unheil erst seinen Lauf. Die beiden Beamten versuchten, die tobende Frau zu beruhigen, und wollten sie danach vom Amtsarzt ins Landeskrankenhaus Steyr einweisen lassen. "Der Mann war verletzt, und die Frau hat viele Beleidigungen von sich gegeben", sagt einer der als Zeugen geladenen Polizisten. "Sie war in einem Ausnahmezustand und hat gesagt, dass sie sich das Leben nehmen will."
Als ihr einer der Beamten in der Küche kurz den Rücken zudrehte, sprang die Frau unerwartet auf den Polizisten zu und riss ihm von hinten die Dienstpistole samt Halfter von der Uniform. "Es ist mir unerklärlich, wie das gegangen ist", erklärt der Entwaffnete entwaffnend ehrlich. "Wir haben das im Kollegenkreis ausprobiert, das geht eigentlich gar nicht." Staatsanwalt Pechatschek spricht von einem Zufall: "Sie dürfte die Waffe mit viel Kraft genau im richtigen Winkel gedreht haben. Dann geht das Halfter mit."
"Ich wollte mich erschießen"
Der rabiaten Frau war genau das gelungen. "Plötzlich hab ich die Waffe in der Hand gehabt und wollte mich erschießen. Aber ich kenn mich mit Pistolen nicht aus", sagt die Angeklagte, "sonst hätte ich mir das hier heute alles erspart." Mit leichtem Schmunzeln ergänzt sie: "Ich hoffe nur, dass der Polizist wegen mir keine Schwierigkeiten bekommt, weil ich ihn entwaffnet habe."
Von einem Sprung aus dem Fenster konnten die Beamten die Frau gerade noch abhalten. Mit Handschellen fixiert wurde sie dann doch noch ins LKH gebracht, wo sie weiter tobte.
Richter Graf verurteilt die Frau wegen des Angriffs auf einen Beamten und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu drei Monaten bedingter Haft. Die Dietacherin nimmt das Urteil an.