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Das Vermächtnis der Terrormiliz

Von nachrichten.at/apa, 25. April 2018, 09:20 Uhr
Abseits des Radars – Die unbekannten Katastrophen
(Symbolbild) Bild: Reuters

DOHUK. Nejma Suleyman Hassan ist verzeifelt. Die 65-Jährige, braunes Kleid, weißes Kopftuch, steht vor ihrem Zelt und schlägt immer wieder ihre Hände an den Kopf.

"Wir haben alles verloren", ruft sie und fleht zu Gott. Hinter ihr lehnt ein nasser Schrank an der Zeltwand. Gestern hat es wieder geregnet im Flüchtlingscamp Kabarto im kurdischen Norden des Irak.

Die komplette Unterkunft ihrer Familie wurde unterspült. Innen wischen sie gerade noch das Wasser vom Betonboden. Das dritte Mal sei das nun schon passiert, erzählt die Muslimin. Es gebe keine Arbeit im Camp, kein Geld. 15 Dollar erhielten sie nur pro Monat. "Ich kann mir nicht mal ein Kilo Tomaten kaufen." Dabei sei doch bald Ramadan, sagt sie.

Im Kampf gegen die Extremisten sind im Irak große Teile des Landes zerstört worden. Besonders hart getroffen hat es den Norden und Westen des Irak. Der Wiederaufbau wird eine Mammutaufgabe. 2,2 Millionen Binnenflüchtlinge vor allem aus Sinjar und Mosul (Mossul) führen ein notdürftiges Leben fern der Heimat. Die Camps, in denen die Flüchtlinge leben, sind extremen Wetterbedingungen ausgesetzt. Im Winter gibt es viel Niederschlag und die Temperaturen sinken fast bis zum Gefrierpunkt - im Sommer kann es bis zu 50 Grad heiß werden.

Im Camp Kabarto nahe der Stadt Dohuk leben 26.000 Binnenflüchtlinge in 24 Quadratmeter großen, weißen Zelten. Sie sind vor dem IS aus ihren Häuser geflohen. Die meisten hier sind Yeziden, rund die Hälfte davon Kinder. Die ethnisch-religiöse Minderheit der Yeziden im Nordirak wurde den Vereinten Nationen zufolge seit 2014 Opfer eines Völkermordes durch den IS.

Viele Vertriebenen leben seit Jahren hier. Gerade haben sie im Camp eine Kläranlage fertiggestellt, vorher flossen Abwasser und Exkremente durch offene Kanäle. Kinder tollen auf Spielanlagen herum. Es gibt Elektrizität, Wasser, Schulen. Nur keine Perspektive auf eine Rückkehr in die Heimat.

Nejma Suleyman Hassan lebt seit vier Jahren mit ihrer Familie hier. Sie schlafen auf Matten, die sie jeden Abend auf den Boden legen. Die Familie kommt aus dem Sinjar-Gebirge. Hassan hat sich vor kurzem für die nächsten drei Jahre im Lager registriert. Sie will zurückkehren in ihr Zuhause, aber sie hat Angst. "Ich fürchte einen Völkermord", sagt sie. Wenn sie das Wort "IS" sagt, wird sie plötzlich ganz leise, flüstert nur noch. Die sunnitische Familie hat Angst vor Vergeltung durch die Menschen, mit denen sie einst zusammenlebte, durch yezidische und schiitische Nachbarn. Der Siegeszug des IS im Irak 2014 lässt sich nicht ohne die Unterstützung vieler Sunniten erklären. Auch heute haben die Jihadisten noch viele Sympathisanten in der sunnitischen Bevölkerung.

Die Yeziden wiederum fürchten weiter den Hass der Sunniten, meint Ido Baba Sheikh. "Das Problem ist die Ideologie des IS in den Köpfen." Der 63-Jährige steht auf dem Dach des Haupttempels der Yeziden in Lalish, sein Bruder ist religiöses Oberhaupt der Religionsgemeinschaft, die so brutal verfolgt wurde vom IS. Viele Iraker sind weit entfernt von einer Rückkehr in die Normalität. Der IS-Gewaltherrschaft hat nicht nur Häuser und Infrastruktur zerstört, sondern auch Narben bei den Menschen hinterlassen.

"Das Trauma ist so verankert", sagt auch der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Die Menschen hätten komplett das Vertrauen verloren, "weil sie von Nachbarn ermordet wurden". Auf seiner Reise durch den Irak geht es dem CSU-Minister vor allem um die Rückkehr von irakischen Flüchtlingen aus Deutschland in ihre Heimat. Ido Baba Sheikh denkt allerdings noch nicht an Rückkehr. Im Gegenteil: Die Angst unter Christen und Yeziden vor ihren ehemaligen Nachbarn sei so groß, dass viele noch immer das Land verließen.

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fanfarikuss (14.170 Kommentare)
am 25.04.2018 10:01

Was eine radikal ausgelebte Religion und Fanatismus alles auslösen,
bzw. zerstören kann.
Ich lese gerade ein Buch über antike Völker in der Gegend des Schwarzmeerraums bis nach Ägypten und die Mongolei.
Natürlich waren es vor allem die großen Geschichtsschreiber wie Herodot, welchen wir diese Kunde zu verdanken haben.

Das waren Hochkulturen, welch Wissen und welche Genialität, welche Kunstfertigkeiten gab es bereits 900 v. Chr. bis 100 v. Chr.

Der radikale Islam hat es "geschafft", diese Länder in die Steinzeit zurückzuversetzen.

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