Ein Fräulein groß in Mode
Das Modelabel Frl. Else mag (noch) klein sein, aber es vereint Mode in großen Größen und im Vintage-Stil. Hinter dem Namen steht eine gebürtige Oberösterreicherin. Roswitha Fitzinger hat Cora Zimbrich besucht.
Die Begrüßung von Jagdhündin Enya in der Lazarettgasse in Wiens neuntem Bezirk fällt stürmisch aus, die von Cora Zimbrich nicht minder herzlich. Die 48-Jährige trägt ein Hemdblusenkleid im Stil der 40er-Jahre. Es bedarf keiner Worte, man sieht es auf den ersten Blick, die gebürtige Linzerin lebt was sie macht. Dass sie auch liebt, was sie macht, das zu erkennen, dauert ebenfalls nur kurz.
"Mode aus vergangenen Zeiten fand ich schon immer toll. Sie fasziniert mich, weil sie Frauen umschmeichelt, weiblich und gleichzeitig auch mondän erscheinen lässt", sagt Cora Zimbrich. Die Worte sprudeln aus ihr heraus, wenn sie über ihre Leidenschaft Vintage-Mode spricht. Ihre Augen leuchten beim Griff nach einer Schachtel. Es ist ihr persönlicher Schatz, gefüllt mit alten Original-Schnittmustern aus den 30er-, 40er- und 50er-Jahren. Sie hat sie ebenso gesammelt wie alte Modemagazine aus dieser Zeit. Beides dient der Designerin als Inspirationsquelle. Die 48-Jährige hat Kurse besucht, um die alten Schnittmuster auf große Größen übertragen zu können. Denn Plus-Size-Mode ist ein weiteres Hauptaugenmerk, dass ihre Vintage-Entwürfe unverwechselbar macht. Die Mode von Frl. Else beginnt, wo andere Kleidermarken enden, bei Größe 42. Sie schneidert bis 48/50 und auf Bestellung auch größer. Breitere Hüften, größere Oberweite, breitere Oberarme ..., "ich weiß, wo es bei gekauften Teilen hapert, wenn Frauen große Größen tragen und nehme darauf Rücksicht". Und so näht sie etwa Blusen jenseits von Körbchengröße 75B, setzt Abnäher oder schneidert Hosen, die auch auf breiteren Hüften mit schmälerer Taille perfekt sitzen.
Mit Liebe zum Detail
Details und Qualität sind Kriterien, die für Cora Zimbrich unerlässlich sind. Während herkömmliche Plus-Size-Mode gerne auf dehnbare und billige Polyester-Stoffe zurückgreift, verwendet Zimbrich Naturstoffe. Oberhalb der Taille ist das vor allem Baumwolle oder Viskose, auch um ein Geruchsproblem zu umgehen. "Fülligere Frauen schwitzen leichter, und wenn ich schon Mode für größere Größen mache, muss ich auch auf diese Details achten", sagt sie. Sie schöpft aber ebenso aus einem riesigen Fundus an Knöpfen aus den 30er- und 40er-Jahren oder verwendet heimische Spitze aus dieser Zeit. Details, die ihre Vintage-Entwürfe noch authentischer machen sollen. Die Stoffmuster sind ebenfalls an die damalige Zeit angelehnt. Sie kauft sie nicht nur in England, sondern sie werden auch dort produziert. Die Insel ist so etwas wie das Mekka der Vintage-Mode und so bekommt Zimbrichs "Stoff Dealer", wie die 48-Jährige ihren Stoff-Lieferanten nennt, regelmäßig Besuch von der gebürtigen Oberösterreicherin, die 2001 das Land ob der Enns verließ, um in Wien ihren Weg zu machen.
Aufgewachsen ist die Designerin in Schönering (Gmd. Wilhering). Sie hat an der HAK Rudigier maturiert, in Linz und London Jura studiert und lange Zeit ihre Geld am Linzer Landesgericht verdient. Auch wenn sie die Juristerei noch immer spannend findet, brennt sie auch für die Mode, denn "die kreative Seite" schlummerte stets in ihr.
Ihre ersten Näherfahrungen sammelte sie in jungen Jahren gemeinsam mit ihrer Mutter. Unvergessen ist das selbstgenähte Kleid zum Schulabschluss aus lilafarbenem Taft mit Corsage und Puffärmeln. "Es reichte vorn bis zum Knie und hatte hinten eine Schleppe. Es war wirklich außergewöhnlich", erinnert sie sich. Als 2002 die Mutter starb, war die Nähmaschine erst einmal ein schmerzhaftes Erinnerungsstück und wurde weggeräumt. "Gleichzeitig habe ich immer mehr Lust bekommen zu nähen." Und weil Cora Zimbrich zwar einige englische Labels mit Vintage-Mode für große Größen auftut, aber die Kleidungsstücke nie wirklich richtig passen, beginnt sie ihre eigenen Modelle zu entwerfen.
Von Freunden und ihrem Mann ermuntert, ihren Traum vom eigenen Modelabel zu verwirklichen, schlägt im Vorjahr die Geburtsstunde von "Frl. Else". Mit Arthur Schnitzlers Novelle hat der Name nichts zu tun, vielmehr kam er als Traummännlein daher. "Es klingt komisch, aber meine besten Ideen kommen mir im Schlaf", sagt sie. Einem Traum glich auch die Einladung zur diesjährigen "UK Plus Size Fashion Week", die aus London ins Hause Zimbrich flatterte. Doch die Vorlaufzeit war zu kurz und die Modedesignerin musste abwinken. "Aber nächstes Jahr bin ich dabei", sagt sie.
Die Modelle von Frl. Else werden übrigens von Näherinnen der Volkshilfe produziert, online verkauft und in der Lazarettgasse entworfen. Hier veranstaltet Cora Zimbrich einmal im Monat "Curvy Fashion Partys". Immer samstags (15-18 Uhr) können sich Frauen "in ruhiger und geschützter Atmosphäre" durch ihre Kollektion probieren, sich beraten lassen oder aus ihrem Fundus aus Schnitten und Stoffen ein individuelles Kleidungsstück anfertigen lassen.
Weitere Infos und Modelle: www.frl-else-vintage.at