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Kern in Abu Dhabi: Wo das Glück sogar ein Ministerium hat

Von nachrichten.at/apa, 25. Mai 2017, 09:19 Uhr
Kanzler Christian Kern war zu Besuch in Abu Dhabi. Bild: APA

ABU DHABI/DUBAI. Wirtschaftsfragen standen beim Besuch des Bundeskanzlers Kern in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Zentrum.

Spitz bohrt sich der Turm 828 Meter hoch in den Azurhimmel: Der höchste Wolkenkratzer der Welt, der "Burj Khalifa", in Dubai. Ein Symbol einer fast megalomanischen Wohlstandsdemonstration. Umgeben ist es von einem der größten Shopping Center dieses Erdballs, der "Dubai Mall". Solange der Konsumhunger gestillt werden kann, sehen die Bürger in den Vereinigten Arabischen Emiraten offenbar auch über Demokratiedefizite hinweg.

Sie können sich in dem Staat an der Küste des Persischen Golfs, der im Vorjahr im Ranking der global reichsten Länder der Welt auf Rang sieben rangierte, die Freuden des irdischen Lebens sichtlich weitgehend leisten. Davon konnte sich auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Donnerstag in Abu Dhabi überzeugen: Frauen flanieren ohne Schleier auf der Promenade, Auto oder sogar Motorrad dürfen sie sowieso fahren. Alkohol wird in weiten Teilen der Emirate in den Partymeilen unverhohlen konsumiert, und den Dresscode am Strand von Abu Dhabi dominiert - zumindest in den Hotelressorts - eher der Bi- statt der Burkini.

Keine Frage: Auch wenn bei vorehelichem sowie touristisch spontanem Sex absolute Vorsicht geboten ist oder abseits des Strandes zu freizügige Kleidung unangenehm auffällt: Im Vergleich mit dem vom puristischen Wahhabismus geprägten Nachbarland Saudi-Arabien sind die Vereinigten Arabischen Emirate und ihre Hauptstadt Abu Dhabi ein Hort der Freizügigkeit.

Der Liberalität freilich nicht. Auch wenn beispielsweise die freie Religionsausübung gewährleistet ist, haben Menschenrechtsaktivisten viel zu bekritteln: "Es gibt keine Wahlen nach demokratischen Prinzipien, keine Gewaltentrennung, und politische Parteien oder Gewerkschaften sind nicht zugelassen. Zu den bedeutendsten Problemen gehören willkürliche Verhaftungen von Andersdenkenden und Medienschaffenden sowie weitere Mängel des Justiz- und Haftregimes."

Zudem liegen Berichte über Folter und Misshandlung während der Haft vor. Die Todesstrafe gibt es noch, auch wenn sie selten vollstreckt wird. Grundrechte wie die Meinungsäußerungs-, die Medien-, die Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit sind eingeschränkt. Der gesetzliche Rahmen für Pressefreiheit lässt kritische Äußerungen zu, bestimmte rote Linien dürfen jedoch nicht überschritten werden. Ein Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung und Hassreden sorgt für weitere Einschnitte. Die Regierung nutzt ein Antiterrorgesetz, um zusätzlichen Druck auf Andersdenkende auszuüben. Kritik am Herrscherhaus kann noch immer unangenehme Folgen haben.

Aber wer nicht negativ auffällt, kann das Leben durchaus genießen. Es ist nämlich der Wohlstand des Landes, der die politische Stabilität garantiert. Kritisches Aufbegehren wie in anderen Ländern der Region im Zuge des "Arabischen Frühlings" gab es in den VAE nicht. Die politische Führung ließ es 2011 auch erst gar nicht so weit kommen. Kollektives Unwohlsein wurde mit großzügigen Gehaltserhöhungen und Sozialleistungen abgefedert, und Abu Dhabi - neben Dubai auch eines der insgesamt sieben Emirate, aus denen die VAE bestehen - verstärkte sein finanzielles Engagement in den sechs nördlichen Emiraten. Zugleich freilich machte die - von Familienclans, Stammesverbänden und einflussreichen Wirtschaftstreibenden dominierte - politische Führung deutlich, dass sie oppositionelle Aktivitäten nicht duldet.

Das Staatswesen ist einigermaßen komplex: Die Macht obliegt stets einem der sieben Emire, die das höchste Amt in den Emiraten bekleiden. Die einzelnen Emirate - die jeweils nach ihrer Hauptstadt benannt sind - verfügen über gewisse Autonomien. Die Thronfolge ist erblich. Diplomaten sprechen daher von einem "patriarchalischen Präsidialsystem mit traditionellen Konsultationsmechanismen" und einer "föderalen konstitutionellen Erbmonarchie".

Solange aber die Wirtschaft brummt und der Lebensstandard ein hoher ist, nimmt die Bevölkerung großteils auch gewisse Einschränkungen in Kauf. Außerdem werden beispielsweise Frauen explizit gefördert und sind im öffentlichen Sektor (etwa Bildung, Diplomatie oder Justiz), aber auch in der Privatwirtschaft sogar in Führungspositionen gut vertreten.

Auch der Verfall des Ölpreises löste keinen Megaschock aus, mithilfe US-amerikanischer und europäischer Konzerne - darunter der OMV - soll die Erdölförderung bis 2020 sogar auf nicht weniger als drei Millionen Barrel pro Tag ausgebaut werden. Dennoch ist das Kernziel der sogenannten Economic Vision 2030 der Ausbau des Nicht-Erdölsektors, dessen Beitrag zum BIP des Emirats Abu Dhabi auf bis zu 70 Prozent angehoben werden soll.

Österreichische Firmen wollen sich die dadurch aufpoppenden Chancen nicht entgehen lassen. Heimische Unternehmen sind laut der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) mit ungefähr 230 Niederlassungen in den VAE (vor allem in Dubai) vertreten, etliche betreiben auch Produktionsstätten. "Von hier aus wird nicht nur der lokale Markt, sondern teilweise die gesamte Golfregion sowie das erweiterte Umfeld Nord- und Ostafrikas und Teile des indischen Subkontinents bearbeitet", heißt es seitens der WKO.

Rund 330 weitere Unternehmen sind über Agenten vertreten. Größere Investitionen bzw. Projektzulieferungen erfolgten unter anderem durch Plasser & Theurer, Rosenbauer, Odelga, Liebherr, Voest Alpine. Im Jahr 2016 wurde der erste Campus einer österreichischen Privatuni in Dubai fertiggestellt. Die Modul Universität Wien errichtete in Zusammenarbeit mit der DACH Advisory Group diesen Campus, der ein Bachelor- und Masterstudium in Tourismus, Management, Public Governance und New Media anbietet.

Sorgen bereitet manchen Unternehmern die leicht rückgängige Wirtschaftsentwicklung in der Region, der die lokalen Behörden auch mit einer zunehmenden Re-Regulierung Herr werden wollen. Schweißperlen stehen Lebensmittelunternehmern wie "Power Horse" oder "Red Bull" auf der Stirn. Und das nicht nur, weil die Temperaturen in der Golfregion im Sommer deutlich über 40 Grad liegen können. Vielmehr beunruhigt sie ein geplantes Gesetz, das es unter anderem ermöglichen würde, Energy Drinks künftig mit 100 Prozent zu besteuern.

Interessant ist die Bevölkerungsstruktur. Auf einer Fläche von 83.600 Quadratkilometern - entspricht in etwa der Größe Österreichs - leben 9,15 Millionen Menschen. Davon sind aber 85 Prozent Ausländer. Die größte Gruppe stellen die Inder, gefolgt von den Pakistani und den Filipinos. Offizielle anerkannte Staatsbürger sind krass in der Minderheit.

"Die Ausländer arbeiten, die Emirate zählen ihr Geld", schrieb jüngst der Korrespondent der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ). "Überfremdungsängste" wie in Europa sind aber dennoch unbekannt, wie der NZZ-Journalist konstatierte: "Die Scheichs kennen keine Skrupel westlicher Art und denken nicht im Traum daran, die Ausländer in größerer Zahl einzubürgern."

Um das Wohl der (eigenen) Bürger ist die Regierung indes sehr bemüht. Seit rund einem Jahr gibt es in Abu Dhabi sogar ein "Glücksministerium": An seiner Spitze steht mit Houdini Khalfan Al Roumioll eine junge Frau. "Glück ist mehr als ein Wunsch", lautet ihr Motto. Schließlich soll sie die Regierungspolitik so koordinieren, "dass sozialer Profit und allgemeine Zufriedenheit entstehen".

Vielleicht greift Christian Kern, der am Donnerstag auch den VAE-Ministerpräsidenten Mohammed bin Rashid Al Maktoum und den Kronprinzen Sheikh Hamed Bin Zayed Al Nahyan traf, um die bilateralen wirtschaftlichen Bande enger zu ziehen ("Wir haben die Region lange vernachlässigt"), diese Idee ja auf. Als "Zuckerl" für den herauf dräuenden Wahlkampf in den "Vereinigten Österreichischen Bundesländern"...

 

 

 

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11  Kommentare
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fritzicat (2.724 Kommentare)
am 25.05.2017 21:22

Man sieht, dass sich 98 % der werten Mitposter der Hetze hingeben und das täglich.
Kern ist auch in AD als Staatsmann anerkannt, er öffnet Türen, ohne dass Wirtschaftsdelegationen hinter ihm nachschwanzeln.

Die Geschäfte, die angeblich solche Delegationen machen, sind längst ausverhandelt, scheinhalber reisen Wichtl und Unwichtl mit, um auch in den Segen der Redlichkeit und Geschäftstüchtigkeit zu kommen.

Hat z.B. Leitl mit seinen Delegationen ein einziges Geschäft angebahnt, das nicht vorher schon unterschriftsreif war ?

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pepone (60.622 Kommentare)
am 25.05.2017 13:12

na ja warum ned ? ö braucht immer Wirtschaftspartner ...
Trump geht nach zu den Saudis... Kern zu den Nachbarn .. zwinkern

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pepone (60.622 Kommentare)
am 25.05.2017 13:14

der Unterschied ist nur dass Kern KEINE WAFFEN mitbringt wie Trump sie an die GRÖSSTEN Verbrecher dieser Welt liefert .

Saudi-Arabien und USA sind die SCHLIMMSTEN Kriegstreiber dieser Welt ! traurig

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( Kommentare)
am 25.05.2017 10:58

Der Bericht ist informativ und interessant verfasst. Nur frage ich mich ob das eine Privatreise vom Herrn Kern ist. Wirtschaftsbeziehungen knüpfen, ohne mitreise einer Wirtschaftsdelegation. Ohne Mitreise von Firmenvertretern? Will Kern dort für österreichische Firmen einen Monolog ablegen?

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fritzicat (2.724 Kommentare)
am 25.05.2017 22:33

Eulen - Till

Der "Rechtschreibfehlerer" will halt als Greis auch noch mithalten ............. wird nichts mehr, jede Wette !

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Superheld (13.118 Kommentare)
am 25.05.2017 10:51

Werden schon die Weichen für Kerns Ausstieg aus der Politik gelegt und ein hoch dotierter Job bei der OMV anvisiert?

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Flachmann (7.126 Kommentare)
am 26.05.2017 14:02

Die ÖMV wird sich hüten!

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Gugelbua (31.807 Kommentare)
am 25.05.2017 10:46

auch einer der den Mammon vergöttert ? grinsen
Geld (ÖL) ist ein wundersames Mittel gegen jegliche Kritik grinsen

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jamei (25.489 Kommentare)
am 25.05.2017 11:49

(ÖL) ist ein wundersames Mittel gegen jegliche Kritik....

vor allem Kürbis-Kern-öl... grinsen

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tim29tim (3.205 Kommentare)
am 25.05.2017 10:11

Während es die SPÖ zwischen Häupl und Niessl zerreißt,

flüchtet er vor der Verantwortung ins Ausland zu PR-Terminen

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Flachmann (7.126 Kommentare)
am 25.05.2017 09:38

Ein Glücksministerium wird der Kern nach den Wahlen brauchen.
Ohne Glück sind die Roten unter zwanzig Prozent.
Überigens fürs Pizzaaustragen noch zuviel!

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