Philippinen: Kriegsrecht nach Massenflucht?
MANILA. Präsident Rodrigo Duterte drohte damit, das eben erst verhängte Kriegsrecht von der Region Mindanao auf das gesamte Land auszuweiten.
Auf den Philippinen hat nach dem Angriff von islamistischen Rebellen auf eine Großstadt im Süden des Landes eine Massenflucht eingesetzt. Mehrere tausend Menschen versuchten am Mittwoch, aus der umkämpften Stadt Marawi zu entkommen. Präsident Rodrigo Duterte drohte damit, das eben erst verhängte Kriegsrecht von der Region Mindanao auf das gesamte Land auszuweiten.
Wegen der Krise brach der seit vergangenem Jahr amtierende Staatschef einen Besuch in Moskau ab und kehrte nach Hause zurück. Seinen mehr als 100 Millionen Landsleuten versicherte der 72-Jährige: "Habt keine Angst." Duterte ist international umstritten. Zuhause genießt er nach den Umfragen jedoch viel Unterstützung. Der Präsident kündigte an, den Vormarsch der Rebellen "brutal" niederschlagen zu lassen. Die Armee habe den Auftrag, jeden zu erschießen, der im Besitz einer Waffe erwischt werde und gewalttätig sei. Duterte fügte hinzu: "Wenn das den Tod von vielen Leuten bedeuten sollte, dann sei es so."
19 Tote nach IS-Angriff
Mit der Verhängung des Kriegsrechts hatte Duterte am Abend zuvor auf den Vormarsch von etwa 100 bewaffneten Islamisten in Marawi reagiert, einer Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern. Die Angreifer brannten Häuser nieder, auch eine Kirche. Zudem brachten sie mehrere Geiseln in ihre Gewalt. Dann zogen sie mit schwarzen Fahnen der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) durch die Straßen. Bei Feuergefechten mit Sicherheitskräften gab es nach Militärangaben mindestens 19 Tote.
Aus Furcht vor weiteren Kämpfen sind nach Angaben der örtlichen Behörden inzwischen mehrere Tausend Menschen auf der Flucht. Der stellvertretende Provinzgouverneur Mamintal Adiong sprach von einem "Massen-Exodus". Die Menschen seien mit Autos, Motorrädern, Booten und auch zu Fuß unterwegs in die nächstgelegene Stadt Iligan, etwa 40 Kilometer entfernt. Dort errichteten die Behörden Sperren, um zu verhindern, dass Rebellen in die Stadt gelangen.
Das Kriegsrecht in Mindanao - einer Region mit etwa 20 Millionen Einwohnern - soll zunächst für 60 Tage gelten. Der philippinische Kongress muss Dutertes Beschluss innerhalb von 48 Stunden zustimmen. Der Präsident deutete aber jetzt schon an, dass es verlängert werden könnte. Zudem warnte er: "Ich könnte das Kriegsrecht für das ganze Land erklären, um die Leute zu schützen."
Erinnerungen an Marcos-Diktatur
Die Verhängung des Kriegsrechts weckt Erinnerungen an den früheren philippinischen Diktator Ferdinand Marcos (1917-1989), der auf diese Weise über Jahre hinweg seine Macht gefestigt hatte. Damals wurden Tausende Marcos-Gegner willkürlich getötet. Mehrere zehntausend Menschen wurden inhaftiert und gefoltert.
Nach Angaben von Verteidigungsminister Delfin Lorenzana handelt es sich bei den Rebellen um Mitglieder der Terrorgruppen Abu Sayyaf und Maute, die dem IS die Treue geschworen haben. Abu-Sayyaf-Mitglieder hatten im Februar einen entführten deutschen Segler enthauptet. Im Süden der mehrheitlich katholischen Philippinen kämpfen muslimische Separatisten bereits seit den 1960er Jahren für Autonomie.