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Jamaika-Koalition lässt weiter auf sich warten

Von nachrichten.at/apa, 17. November 2017, 06:36 Uhr
Jamaika muss warten: Bundeskanzlerin Angela Merkel   Bild: dpa

BERLIN. Am Ende reichen den Unterhändlern von Schwarz, Gelb und Grün auch gut 15 Stunden nicht zum Durchbruch.

Gegen 4.00 Uhr früh werfen die Verhandlungsführer um Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel vorerst das Handtuch - aber schon acht Stunden später sollen die Koalitionsverhandlungen in Deutschland weitergehen. Dann wollen sich die Parteienvertreter in der CDU-Zentrale in Berlin erneut treffen.

Das erste Signal der langen Verhandlungsnacht: Eine Einigung ist extrem schwierig - aber doch nicht unmöglich. Noch am Freitag, spätestens am Wochenende könnten die letzten Hürden abgeräumt werden.

"Das wird "last minute"" hatte schon vor Mitternacht einer in der Union vorhergesagt - doch ganz hat das dann noch nicht geklappt. Zwar gab es wohl viel Annäherung in einzelnen Konfliktfeldern. Aber es sollte der Grundsatz gelten: Es gibt erst eine Einigung, wenn alles geeinigt ist. FDP-Chef Christian Lindner sagte am frühen Morgen: "Wir sind noch nicht am Ende eines Prozesses." Aber: "Wir haben den Optimismus, dass das gelingen kann."

Glaubt man dem, was vom stundenlangen Ringen um Kompromisse nach außen dringt, war es wohl ein klassischer Poker, den die Unterhändler da aufgeführt haben. Sich bloß nicht zu früh in die Karten schauen lassen, heißt das Motto. Wer als erster Kompromisse macht, steht hinterher schnell als Verlierer da. Das will sich keiner in der Runde leisten. CDU-Vize Armin Laschet meinte: "Es gab bei vielen Themen ein Verstehen, aber keine Kompromisse. Das ist das Traurige."

Es wurde Härte gezeigt. Erstmal streiten CSU und Grüne gefühlte Ewigkeiten über den Familiennachzug bei Flüchtlingen - das war zu erwarten. Nicht nur, dass es um ideologische Gegensätze geht: Die Grünen sind grundsätzlich für eine Willkommenskultur, die CSU ist für knallharte Begrenzung.

Beiden Seiten dürfte es in dem nächtlichen Tauziehen vor allem um die eigenen Reihen gegangen sein. Die Grünen müssen alle Kompromisse in einem Jamaika-Sondierungspapier auf ihrem Parteitag am 25. November durchkriegen. Das wird nicht einfach - zumal die Grünen-Spitze als erster Verhandler schon vor Wochen beim Thema Verbrennungsmotor und Kohleausstieg ihre Ausstiegsdaten preisgegeben hatten.

Seehofers Machtkampf

Für den intern schwer angeschlagenen CSU-Chef Horst Seehofer war schon vor dem Start der Abschlussrunde klar, dass er ein veritables Ergebnis mit nach Bayern mitbringen muss. Sein politisches Schicksal im Machtkampf mit dem Erzrivalen Markus Söder wäre sonst besiegelt.

Dass alle Seiten die Nacht auch für kleine Nickeligkeiten gegen die Partner in spe nutzen, kann bei der angespannten Stimmung der vergangenen vier Sondierungswochen niemanden wundern. Aus den Grünen-Reihen wird im Laufe der Nacht gestreut, in der CSU tobe der offene Machtkampf - worauf die Christsozialen kontern, Seehofer und dessen angeblicher Konkurrent Alexander Dobrindt stünden wie ein Monolith zusammen. Merkel, Seehofer und das Grünen-Führungsduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir versuchen in der Zwischenzeit weiter, doch noch eine Einigung zu schaffen.

Andere machten derweil über Twitter & Co. Stimmung - oft pro Jamaika. Verhandler vertreiben sich die Zeit mit zur Dramatik passenden Musik-Tweets (Jürgen Trittin von den Grünen), andere demonstrieren per lustigem Selfie schon mal öffentlich Eintracht, wie die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg, Reiner Haseloff von der CDU und Winfried Kretschmann von den Grünen.

Merkel hatte wohl schon am Vormittag geahnt, dass noch mehr als in früheren Jamaika-Runden ihr international erprobtes Verhandlungsgeschick gefragt sein dürfte. Ihre Botschaft an die möglichen ungleichen Partner: Wenn Jamaika gelinge, könne "etwas sehr Wichtiges für unser Land entstehen in einer Zeit großer Polarisierung": Das Signal, dass alle Seiten trotz verschiedener Positionen in der Lage seien, gemeinsam für die Menschen zu handeln.

Nicht nur die Kanzlerin gibt sich staatstragend. Göring-Eckardt spricht von einem "Tag, bei dem wir sehr große Verantwortung spüren", es gehe schließlich um "das Beste für unser Land". Und FDP-Chef Christian Lindner, der zwischendurch mit Hinweisen aufgefallen war, seine Partei fürchte auch eine vorgezogene Neuwahl nicht, sagt: "Heute ist ein Tag, an dem wir die Menschen mit Mut und Tatkraft und neuem Denken beeindrucken können."

Nicht viel später taucht ein Dokument auf, aus dem schon ziemlich viele Gemeinsamkeiten zu lesen sind - aber eben auch viele eckige Klammern, mit denen im Politikbetrieb der Dissens verdeutlicht wird. Der Entwurf des gemeinsamen Sondierungspapiers ist 61 Seiten stark - der Merkel-Vertraute und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hat das Papier in der Nacht auf Donnerstag gemeinsam mit den Parteimanagern aller Seiten aus den Arbeitspapieren der vergangenen vier Wochen zusammengestückelt.

Aus Präambel und Gliederung des Entwurfs lässt sich trotz aller offenen Punkte der Kern ablesen, mit dem eine erste Jamaika-Koalition im Bund in den nächsten vier Jahren das Land weiterentwickeln will. "Die Menschen erwarten von uns, gemeinsam zentrale Herausforderungen unserer Zeit anzugehen", schreibt man sich ins Stammbuch. Und angesichts von Pegida und der Erfolge der AfD: "Wir wollen das Vertrauen in unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat stärken."

SPD will bei Scheitern der Sondierungen nicht in Regierung

Ungeachtet der festgefahrenen Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition in Deutschland steht die SPD weiterhin nicht für eine Regierung mit der Union zur Verfügung. Wenn die Gespräche scheiterten, werde es auf Neuwahlen hinauslaufen, sagte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles am Freitag im ARD-"Morgenmagazin".

Berlin. Sie zeigte sich zugleich überzeugt, dass sich die Pareteien CDU, CSU, FDP und Grünen am Ende doch einigen würden. Es zeichne sich allerdings eine "Koalition des Misstrauens" ab. Die Parteien steuerten zudem auf "den kleinsten gemeinsamen Nenner" zu. Die bisherigen Verhandlungen machten sie "einigermaßen fassungslos", sagte Nahles. An die Adresse der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtete, meinte sie, es reiche nicht, immer nur zu moderieren.

Die SPD hatte nach ihrem schlechten Abschneiden bei der deutschen Bundestagswahl am 24. September erklärt, die bisherige Große Koalition mit der Union nicht fortsetzen zu wollen und in die Opposition zu gehen. Das Wahlergebnis lässt nur eine Koalition von Union und SPD oder eben eine Jamaika-Bündnis zu.

Nach knapp 15-stündigen Verhandlungen hatten die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen am frühen Freitagmorgen ihre Gespräche ohne eine Einigung unterbrochen. Die Verhandlungen sollen zu Mittag fortgesetzt werden. Zentraler Streitpunkt war die Flüchtlingspolitik, bei der sich die Positionen von Grünen und CSU unvereinbar gegenüberstanden.

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6  Kommentare
6  Kommentare
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( Kommentare)
am 17.11.2017 19:27

Ich sehe das Hauptproblem dieser Verhandlungen in ihrer Kleinteiligkeit. Wenn man sich von Anfang an nur auf die Details konzentriert, kann bei dieser Konstellation nicht(s)/nicht viel herauskommen. Eine oder mehrere "grosse Vorhaben"/"Visionen" wären eine weit bessere Ausgangsposition gewesen; einigt man sich darauf, fällt es kleichter, sich auf Wege dahin zu verständigen.
"Visionen"/"grosse Vorhaben" sind aber Merkels Sache nicht. Daher wird dieses "Projekt" vermutlich scheitern: Entweder jetzt oder bei der Befassung der jeweiligen Gremien, schlimmstenfalls während des Regierens.

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thetruthman (2.129 Kommentare)
am 17.11.2017 16:43

I glaub da muss nochmal neu gewählt werden......

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Flachmann (7.156 Kommentare)
am 17.11.2017 12:33

Bereits jetzt gescheitert.
AFD wird sich freuen!

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jago (57.723 Kommentare)
am 17.11.2017 11:02

Die totale Enttäuschung ist nicht die CSU und die Liberalen können auch nicht richtig enttäuschen grinsen

Die Enttäuschung sind die Grünen mit ihrer Regierungsgeilheit. In Österreich sind sie dafür in den Abfallkübel gewählt worden.

Das Grüninnenkonzept ist zumindest theoretisch Opposition und legislative Kontrolle der Regierenden - aber die meisten Delegierten sind schon eine junge, machtgierige Selbstdarstellergeneration traurig

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pepone (60.622 Kommentare)
am 17.11.2017 15:46

jago

ja und nein ..

die CSU beharrt darauf die Familienzusammenführung der Flüchtlinge in dem Aussmass wie es die Grünen wollen NICHT zuzulassen .
UND...Seehofer steht in Bayern unter GROSSEM Druck !
außerdem ist die Abschaltung von Kohlekraftwerke auch ein GESAMT Problem .
das müsste der anderen Parteien bewusst gewesen sein BEVOR sie sich zusammen gesetzt haben , daher kann es noch lange dauern bis Koalitionsgespräche starten .

Angela will UNBEDINGT eine Jamaika Koalition ansonsten gibt es Neuwahlen was der AfD ist die Karten spielen könnte .

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( Kommentare)
am 17.11.2017 19:23

"Die Grünen mit ihrer Regierungsgeilheit" - was soll das heissen?
* Erstens gibt es ohne die Grünen keine Regierungsmehrheit.
* Zweitens ist es Ziel jeder Partei zu regieren - ansonsten muss sie gar nicht bei einer Wahl antreten.

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