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Jetzt sind die guten Tage

Von Karin Schütze, 24. November 2017, 00:04 Uhr
Jetzt sind die guten Tage
Bild: privat

"Jetzt hätten die guten Tage kommen können", nennt der Oberösterreicher Stefan Waghubinger (51) sein drittes Programm, mit dem er in seiner Heimat Steyr und in Molln zu Gast ist. Mit Karin Schütze hat er über sein spätes Debüt, Glauben und Humor gesprochen.

Seinem Namen ist das "Wagnis" schon eingeschrieben. Warum Stefan Waghubinger mit 42 Jahren doch Kabarettist wurde, verrät er im Gespräch.

Ihr neues Programm heißt: "Jetzt hätten die guten Tage kommen können." Was hat es mit dem Konjunktiv auf sich?

Ich habe diesen Satz öfter von anderen Leuten gehört. Ich glaube, man meint damit, wenn in der jüngeren Vergangenheit etwas anders gelaufen wäre, dann wäre die Gegenwart besser. Das mag ja manchmal sein, aber sicher weiß man es halt nicht. Die Gegenwart ist nun mal so, wie sie gerade ist und vor allem ist sie immer wieder schnell vorbei. Und dann ist das Jetzt von heute schon wieder Vergangenheit. Also zu wenig Zeit für gute Tage, und dann denkt man, in der Zukunft wäre noch genug Zeit für sie. Aber auch die Zukunft saust an einem vorbei, und plötzlich hat man mehr Zukunft hinter sich, als man jemals vor sich hatte. Aber vielleicht liegen die guten Tage ja nur auf dem Dachboden herum und verstauben, weil wir sie nicht sehen.

Sie haben auch gewartet als Kabarettist, bis 42. Warum?

Diese ersten 42 Jahre gingen einfach unglaublich schnell vorbei. Und da waren so viele andere Sachen in der Zeit, die auch nicht schlecht waren. So dachte ich halt, Kabarettist kann ich später noch werden. Und irgendwann merkte ich, es ist ja schon später, aber noch nicht zu spät. Viele Menschen haben einen Lebenstraum, aber denken, es wäre zu spät, um ihn zu verwirklichen. Man denkt dann vielleicht, wenn ich vor 10 Jahren damit begonnen hätte … aber in 10 Jahren wird man wieder denken, wenn ich doch jetzt damit begonnen hätte. Das Besondere war nicht, dass ich so lange gewartet habe, sondern dass ich mich noch getraut habe. Ich habe bei meinem späten Start aber auch viel Glück gehabt und Menschen, die mir geholfen haben. Aber auch, wenn ich es nicht geschafft hätte, wäre ich doch froh, dass ich es probiert habe. Inzwischen bin ich 51. Schauen wir mal, was die nächsten 51 Jahre so bringen.

Ganz ursprünglich haben Sie Theologie studiert. Aus einer Berufung heraus?

Die meiste Zeit meines Lebens war ich Agnostiker. Was wie eine Allergie klingt, einen Menschen bezeichnet, der glaubt, dass man über die, nennen wir es jenseitigen Dinge nichts wissen kann. Im Gegensatz zu einem Atheisten, der glaubt, dass es keinen Gott gibt oder einem religiösen Menschen, der glaubt, dass es einen gibt. Der Agnostiker glaubt nur, dass er nichts weiß, aber auch darin ist er sich nie ganz sicher. In jungen Jahren habe ich einige Zeit Pause davon gemacht und wurde religiös, und damit ich wenigstens wusste, was ich glaube, habe ich es auch noch studiert. Danach war ich dann wieder Agnostiker. Ich finde, übrigens Agnostizismus ist eine sehr österreichische Lebenshaltung. "Ich weiß es ja auch nicht" hat meine Mutter immer schon gesagt.

Wieviel von Ihnen persönlich steckt in Ihren Programmen?

Ich stecke da eigentlich ganz drin, aber es ist noch mehr als ich, sonst wär’s langweilig. Die Geschichten sind so ehrlich wie möglich erfunden. Ich schöpfe sowohl aus der Innenbeobachtung als auch aus der Außenbeobachtung. Manchmal erzählt mir jemand etwas, und ich denke mir, ich muss mir diesen Satz unbedingt für die Bühne merken. Und vor allem, wie der den Satz gesagt hat. Aber gleichzeitig versuche ich, so zu tun, als ob ich weiter zuhören würde. Ich kann ja nicht sagen: "Tu so wie du denkst und redest, dass würde ich gerne auf der Bühne nachmachen, das finden die Leute bestimmt komisch." Ich sag dann: "Ich muss mal auf die Toilette", und dort kritzle ich mir den Satz auf ein Stück Papier oder schicke ihn mir selbst als SMS.

Was bringt Sie zum Lachen?

Das ist einfach und schwierig gleichzeitig. Ich mag eigentlich die meisten Formen von Humor. Aber ich lache selten laut. Als Kind habe ich mal eine Zeichentricksendung im Fernsehen geschaut und fand sie sehr lustig. Da kam zufällig meine Mutter ins Zimmer und fragte: "Warum schaust du denn so grantig?" Man sieht mir mein Lachen also nicht immer an. Heute nützt mir das auf der Bühne, weil es mir leicht fällt, ernst zu bleiben, auch wenn ein ganzer Saal lacht.

Im Grund ist Humor ja auch eine ernste Angelegenheit.

Ja, das glaube ich auch. Er ist oft eine Reaktion auf Dinge, die gar nicht lustig wären, würden sie einem wirklich passieren. Siegmund Freud hat geschrieben, dass Verdrängtes im Humor ein Ventil bekommt. Er hat in seinen Therapien nicht nur die Träume der Patienten, sondern auch ihren Lieblingswitz benutzt, um an ihr Unterbewusstes heranzukommen. Und im Mittelalter hat man sogar gesagt: "Die Engel lachen nicht." Nicht, weil man dachte, dass sie humorlos wären, sondern weil sie in einer perfekten Welt leben und in einer perfekten Welt gibt es keinen Grund für Humor. Der Humor braucht eben das Unperfekte, das Tragische und das Scheitern. Und das Unperfekte, das Tragische und das Scheitern brauchen den Humor.

Wie weit darf Kabarett gehen, gibt es Grenzen für Sie?

Wenn es darum geht, zum Nachdenken anzuregen, finde ich darf man weitergehen, als wenn es nur darum geht, einen Lacher zu erzeugen. Ich möchte schon vermeiden, bestimmte einzelne Menschen oder Gruppen zu verletzen. Allerdings versuche ich, Überzeugungen zu dekonstruieren oder scheinbare Gewissheiten zu entlarven. Das kann auch durchaus ein wenig zwicken, aber das ist ein Schmerz, den man dem anderen gönnen muss, weil er ihn vielleicht auch auf eine neue Spur bringt.

Ist Ihre Oberösterreich-Premiere in Steyr eine Hommage an Ihre Herkunft?

Der Veranstalter vom Akku in Steyr war einer der ersten, die mich in Österreich eingeladen haben. Weil ich ja im Steyrtal in Leonstein aufgewachsen bin, spiele ich in Steyr im oberösterreichischen Dialekt. Es ist für mich schon ein besonderer Auftritt, weil wahrscheinlich auch alte Freunde und Schulkameraden im Publikum sein werden. Außerdem spielt die Handlung auf dem Dachboden meiner Eltern, also in Gedanken spiele ich sowieso immer im Steyrtal.

Lachen Deutsche und Österreicher über Verschiedenes?

In Deutschland habe ich als Österreicher einen kleinen Exotenbonus. Der Humor darf schwärzer und bissiger sein, weil die Zuschauer sich sagen, das ist eben der schwarze, österreichische Humor. Als ich zum ersten Mal in Österreich gespielt habe, war ich gespannt, ob mein Humor auch in der Heimat funktioniert. Nun, die Leute haben gelacht und meine Freunde sind meine Freunde geblieben, also glaube ich, es hat funktioniert. Ein besonderer Auftritt wird es in Steyr für mich auf jeden Fall. Deshalb empfinde ich auch die Auftritte im Akku als die eigentliche Premiere. Wenn es den Steyrern gefällt, dann kann ich es auch in Hamburg und Zürich zeigen.

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