Die Bestialität in der Normalität von Frischs "Andorra"
Die mit zwei Nestroy-Preisen ausgezeichnete und ob gefeierter Uraufführungen von Werken der Dramatiker Felix Mitterer, Peter Turrini und Thomas Arzt renommierte Regisseurin Stephanie Mohr inszeniert erstmals am Linzer Landestheater.
Dabei macht sich die 45-Jährige mit dem 1961 uraufgeführten "Andorra" von Max Frisch (1911–1991) einen Bühnenklassiker auf Brechts Spuren zu Eigen, dessen immerwährende Gültigkeit keiner Akzentuierung bedarf. Am Samstag findet im Schauspielhaus die Premiere statt.
Im "weißen" Andorra lebt es sich friedlich. Leider gibt es drüben, hinter der Grenze, die bedrohlichen "Schwarzen". Sie verfolgen Juden. Der andorranische Lehrer rettet den Judenknaben Andri und zieht ihn auf – heißt es. Andri hat unter den Vorurteilen gegen seine angedichtete Herkunft schwer zu leiden. Also darf er nicht Tischler, sondern soll Verkäufer werden. Er liebt des Lehrers Tochter, die aber wird ihm verweigert. Denn die vermeintliche Rettungsaktion war gar keine, und Andri ist auch kein Jude. Der Lehrer zeugte ihn mit einer "Schwarzen" von drüben.
Heimkehrer Christian Higer
Wie Hannah Arendt erkannte Frisch die Bestialität als Teil der Normalität. Landestheater-Dramaturg Andreas Erdmann bewertet das Stück auch als "Psychodrama", und Mohr arbeitete in Frischs Stück, das sie in der Schule nicht mochte und dort "als Parabel um die Ohren geschmissen bekam", den tiefenpsychologischen Zugang heraus. Die Bühne von Florian Parbs werde die Hermetik dieses isolierten Andorra einlösen. Mit dem "hervorragenden Linzer Schauspiel-Ensemble" sei Mohr sehr rasch zusammengewachsen. Es spielen unter anderem Clemens Berndorff (Andri), Katharina Hofmann (Mutter), Gunda Schanderer (Senora), Theresa Palfi (Barblin), Sven Mattke (Jemand) und Landestheater-Heimkehrer Christian Higer (Lehrer/Vater).
"Andorra", Stück in zwölf Bildern von Max Frisch, Regie: Stephanie Mohr, Schauspielhaus Linz, Premiere: 13. Jänner, Termine: 17.-19., 24., 26. Jänner, 3.-5. Februar, 8., 14., 15., 22., 28. Februar, 13. März. Karten: www.landestheater-linz.at, Tel: 0800 218 000.