Wachstumsschmerz: Wenn Kindern in der Nacht die Beine wehtun
Zuerst muss aber eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen werden.
Die Waden brennen, es zieht in den Kniekehlen, Wachstumsschmerzen rauben Kindern bisweilen den Schlaf. Bis zu einem Drittel aller Kinder zwischen drei und zwölf Jahren leidet hin und wieder darunter. "Wachstumsschmerzen sind aber keine Gelenksschmerzen", sagt Alexander Beck, deutscher Orthopäde und Unfallchirurg. Wenn Schulkinder in der Nacht über brennende, ziehende, klopfende Schmerzen in Beinen oder Armen klagen, dann sind vielmehr wachsende Knochen die Ursache.
"Es sind zwar nicht die Gelenke direkt betroffen, aber oft gelenksnahe Bereiche, etwa beim Knie, beim Sprunggelenk, seltener an der Hüfte oder auch in den Händen", sagt Martin Petschl, Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie am Landeskrankenhaus Kirchdorf.
Infektion, Bruch oder Tumor?
Wachstumsschmerzen kommen zwar häufig vor, sind aber wenig erforscht. Es gibt auch keine diagnostischen Tests, mit denen man die Wachstumsschmerzen einwandfrei belegen kann. "Bei Wachstumsschmerzen spricht man von einer Ausschluss-Diagnose", erklärt Petschl. Bevor man die Diagnose stellen kann, müssen ernsthafte Erkrankungen ausgeschlossen werden. Das können eine Infektion der Gelenke, Ermüdungsbrüche, rheumatoide Arthritis oder auch ein Knochentumor sein. Diese Erkrankungen werden mit bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanztomografie oder Blutuntersuchungen festgestellt.
Warum das Wachsen derartige Schmerzen verursacht, ist unklar. "Mir erscheint am plausibelsten, dass die verminderte Durchblutung der Wachstumsfugen in der Nacht die Schmerzen verursacht", sagt Petschl. Eine andere Vermutung ist, dass die Weichteile langsamer wachsen als die Knochen und so die Knochenhaut beim Wachstumsschub unter Spannung gerät – was Schmerzen verursacht. Oder dass der junge Knochen beim Wachstum ermüdet und deshalb wehtut. "Jedenfalls scheint eine frühere Annahme, dass die Wachstumsschmerzen psychische Ursachen haben, nicht mehr zu gelten. Und das ist gut", sagt Petschl. Auch wenn man das nicht messen könne: Die Kinder haben tatsächlich Schmerzen.
Keine Schonung notwendig
Eine Therapie gegen Wachstumsschmerzen gebe es nicht, betonen die Experten. Man könne aber die Symptome behandeln.
Orthopäde Petschl empfiehlt: "Wenn das Kind in der Nacht mit Schmerzen aufwacht, braucht es Zuspruch. Auch sanfte Massagen und Wärme können helfen. Meist dauern die Schmerzen nicht lange an, die Maßnahmen beruhigen das Kind und es schläft bald wieder ein." Von Kühlung – auch bei Schwellungen – hält er wenig, weil das eher munter macht. Untertags seien die Beschwerden ohnehin wieder weg, die Kinder müssten sich auch nicht schonen.
Treten die Wachstumsschmerzen immer wieder auf, sollte man zwecks Abklärung den Kinder- oder Hausarzt aufsuchen.
Wie erkennt man Wachstumsschmerz?
Wenn Sie nicht sicher sind, ob die Schmerzen Ihres Kindes mit dem Wachstum zusammenhängen – die Symptome im Überblick:
- Erstmals tritt der Schmerz im Vor- oder Grundschulalter auf.
- Die Beschwerden treten abends oder nachts auf, vor allem in den Waden, Kniekehlen, Schienbeinen, nicht in den Gelenken.
- Am Morgen sind die Schmerzen wie weggeblasen.
- Der Schmerz ist in beiden Extremitäten gleichzeitig zu spüren.
- Die Beschwerden treten nicht regelmäßig auf.
- Wachstumsschmerzen sind keine Belastungsschmerzen, sondern Ruheschmerzen.