"Das Leuchten der Erinnerung": Eine Reise in Richtung Endlichkeit
Donald Sutherland (82) und Helen Mirren (72) brillieren als Ehepaar im Roadmovie.
"Wie schön, dass du vergisst, dass du vergesslich bist", sagt Ella zu John, dessen Alzheimer-Erkrankung seine Erinnerungen immer mehr auslöscht. In Ellas zerbrechlichem Körper wiederum wütet der Krebs.
So nehmen die beiden, deren zwei Kinder längst erwachsen sind, ihr altes und klappriges Wohnmobil, mit dem sie so viele schöne gemeinsame Familienurlaube gemacht haben – und machen sich von Boston aus auf den Weg entlang der Ostküste nach Florida. Ziel: Key West, zum Haus von Ernest Hemingway, jenem Dichter, den der ehemalige Literatur-Professor John so verehrt und aus dessen Büchern er immer noch zitieren kann.
Es ist ein Trip in die Vergangenheit, bei dem Ella sich bemüht, Johns Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, indem sie ihm immer wieder die Namen ihrer Kinder und Verwandten vorsagt. Indem sie ihm abends Dia-Shows mit Bildern aus den gemeinsam verbrachten Jahrzehnten zeigt. Manchmal ist er wie ein hilfloses Kind, sie kümmert sich um ihn, auch mit Verzweiflung und Wut, aber immer mit viel Liebe und in dem Bewusstsein, dass diese große Liebe ihrer Endlichkeit zusteuert.
Oscar-reife Leistungen
Der italienische Regisseur Paolo Virzì setzt in seinem ersten in Englisch gedrehten Spielfilm auf leise Töne, er scheut auch nicht die Sentimentalität, gleitet aber nie in platte Rührseligkeit ab. Und der Humor findet auch immer wieder Platz in dieser geglückten Mischung aus Roadmovie und Liebesromanze. Es ist ein Film voller Zuneigung geworden, der sich ins Gemüt schleicht und dort die Gefühlsskala ganz schön zum Vibrieren bringt.
Ja, und Oscar-Nominierungen könnten durchaus auch das Ergebnis sein. Wie der Kanadier Donald Sutherland als liebenswert schrulliger Chaot immer wieder Angst und Verzweiflung zeigt, wenn ihn das Gedächtnis im Stich lässt, dann aber wieder Freude über das Aufleuchten der Erinnerung – das ist beeindruckend, berührend und mitreißend zugleich.
Ja, und erst die Britin Helen Mirren: Energisch stemmt sich dieses zerbrechliche Wesen der Krankheit entgegen. Der Geist ist hellwach geblieben, eine schier unverwüstliche Kämpferin mit frechem Mundwerk und liebendem Herzen.
Das feinnervige, intensive und authentische Spiel der beiden großen Schauspielstars vermag zu fesseln und das Herz zu erweichen. Man möchte dieses brillante Duo jede Minute dieses Films in die Arme nehmen, um zu trösten, aber auch mit ihnen zu lachen.
Dazu die unvergessliche Musik aus den Jugendtagen wie "Me and Bobby McGee" von Janis Joplin oder das Disko-Urgestein "Don’t Leave Me This Way", zu dem die beiden ein flottes Tänzchen hinlegen. Einfach bezaubernd!
"Das Leuchten der Erinnerung" ("The Leisure Seeker"), I/F 2017; 115 Min., Regie: Paolo Virzì
OÖN Bewertung:
ab 4.1.
Letzter Film des Jahres
Es ist bereits zur Tradition geworden, dass die kleineren Kinos in Oberösterreich das alte Jahr mit einem neuen Film verabschieden. Diesmal ist die Wahl auf „Das Leuchten der Erinnerung“ gefallen, der offiziell erst ab 4. Jänner in den Kinos anläuft. Wo der Film aber heute und morgen sehen ist:
Kinotreff Leone, Bad Leonfelden, Sa., 30. 12., 18 Uhr, Tel. 0664 / 505 22 81, www.kinotreff.at
City Kino Steyr, Samstag, 30. 12., 20.30 Uhr, Tel. 07252 / 4218311, www.kino-steyr.at
Stadtkino Grein, Samstag, 30. 12., 20 Uhr, Tel. 07268 / 404, www.stadtkino-grein.com
Kino Lambach, Samstag, 30. 12., 20.15 Uhr, Tel. 07245 / 32317 16, www.kinolambach.at
Lichtspiele Katsdorf, Samstag, 30. 12., 20.15 Uhr, Tel. 07235 / 88516, www.kino-katsdorf.at
Moviemento Linz, Sonntag, 31. 12., 20 Uhr, Tel. 0732 / 78 40 90, www.moviemento.at
Kino Freistadt, Sonntag, 31. 12., 19.45 Uhr, Tel. 07942 / 77711, www.kino-freistadt.at
Lichtspiele Lenzing, Sonntag, 31. 12., 11 Uhr, Tel. 07672 / 92921, www.lichtspiele.com
Programmkino Wels, Sonntag 31. 12., 21.15, Tel. 07242 / 26703, programmkinowels.at