Warum Finger das Besteck der Genießer sind
"Pfeif’ auf das echte Silberbesteck. In Mazedonien habe ich das beste Hühnchen mit meinen Fingern gegessen. Wollen Sie mir erzählen, mit Silberbesteck hätte es besser geschmeckt?“
Der Ausnahmekoch René Redzepi erzählt im Film „Noma. Ein Blick hinter die Kulissen des besten Restaurants der Welt“ sehr emotional, was er von steifen Konventionen und Etiketten hält.
2010 herrschte Ausnahmezustand in Kopenhagen. Sein Restaurant Noma wurde auf Platz eins der Welt gewählt. Aber deswegen durfte sich die Einstellung zum Essen nicht ändern. Nur weil Restaurantführer verlangen, dass Luxusgerichte wie Kaisergranat, Hummer und Kaviar auf der Karte stehen oder dass alle Kellner Anzüge tragen, wird das Essen deswegen nicht besser.
„Zur Hölle mit Krawatten und Fliegen!“, posaunte Redzepi sein Unwohlsein hinaus und entzündete gleichzeitig die Begeisterung für nordische Küche und die Rückbesinnung auf lokale Zutaten.
Im Fokus stand das Essen, dessen Herkunft, die Saison oder die Produzenten. Auf die Servicequalität im aparten Restaurant verzichtete man deswegen nicht. Viermal wurde das Noma zum weltbesten Lokal gekürt. Das letzte Mal 2014. Ende 2016 wurde es für ein gutes Jahr geschlossen und ist an einem neuen Standort in Christiania vor kurzem wiedereröffnet worden (mehr dazu in der OÖN-Samstagsausgabe am 17. März).
An der Philosophie hat sich wenig geändert. Edles Silberbesteck gibt es nach wie vor nicht. Es ist unkonventionell. Die Speisen sind ästhetisch angerichtet und schmecken betörend gut. Gegessen wird mit Holzlöffeln, Besteck aus Horn, Muschelschalen oder den Fingern. Wie der Hauptgang, ein marinierter Kopf vom Kabeljau, der mundgerecht zerschnitten auf dem Teller serviert wird. Mit den Fingern zupft man sich die köstlichen Fleischteile vom Knochen und spürt die Verbindung zum Essen. Mehr, als es mit sterilen Gabeln und Messern möglich wäre.
Auch Ripperl esse ich am liebsten ohne Besteck, das heißt mit meinen Fingern. Auch eine Maurerforelle ist doch nur mit Fingern zu essen. (Ich hoffe, alle kennen eine Maurerforelle)