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Vom Herrenfahrer bis zum Volkswagen

Von Carsten Hebestreit und Manfred Loy, 17. Februar 2018, 00:04 Uhr
Vom Herrenfahrer bis zum Volkswagen
Steyr 220, der Inbegriff von Luxus: Der 6-Zylinder (55 PS) verbrauchte 14 Liter auf 100 Kilometer. Bild: Technisches Museum

1918 bestanden die Aufbauten vieler Autos noch auch Holz, die Motoren wurden aus Grauguss gefertigt. 1938 liefen Pkw schon vom Fließband und hatten eine windschlüpfige Form – wie das Steyr Baby.

"Nicht klar war", sagt Anne Ebert, "welche Antriebsart sich durchsetzt." Damals, um 1910, tuckerten Kutschen- und Fahrradautos nicht nur mit Benzinmotoren über die Kiesstraßen, sondern auch Elektro- und Dampffahrzeuge. "Dampf beispielsweise erzeugte viel Drehmoment", erzählt die Historikerin des Technischen Museums in Wien. Freilich: Straßen, wie wir sie heute kennen, gab’s nur ein paar Jahre nach der ersten Autofahrt von Bertha Benz von Mannheim nach Pforzheim noch nicht (August 1888). Die Wege wurden erst später "makadamisiert": Der Mix aus Kiesel, Erde, Wasser wurde festgestampft. Ein Verfahren, das der Schotte John Loudon McAdam erfunden hatte. Der Nachteil war weithin sichtbar: Fahrzeuge zogen eine riesige Staubfahne hinter sich her.

Ab 1938 Rechtsverkehr

Wie überhaupt der Beginn der Massenmobilität recht holprig war. 1909 wurden Beschlüsse getroffen, die die Entwicklung des Autos beeinflussten. Haftpflichtversicherung, Anmeldung bei Behörden, Kfz-Kennzeichen etc. – all dies wurde Vorschrift. Links- oder Rechtsverkehr? Ab 1915 galt in Österreich generell Linksverkehr, erst 1932 wurde im Westen auf Rechtsverkehr umgestellt, sechs Jahre später, 1938, auch im Osten.

Der Erste Weltkrieg stoppte wegen Materialknappheit die technische Weiterentwicklung von Pkw. Die Fahrzeugproduktion wurde 1914 auf eine Kriegsproduktion umgestellt. Hersteller wie Austro Daimler, Gräf & Stift, Nesselsdorfer Wagenbau Fabriks-Gesellschaft sowie Laurin & Klement durften nur noch fünf Pkw pro Monat produzieren – der Hauptteil mussten Lkw oder Busse sein. Fazit: Die Verantwortlichen verzichteten alsbald auf die Pkw-Produktion.

Vom Herrenfahrer bis zum Volkswagen
Offene Bauweise, vorne saß ein Chauffeur am Lenkrad: Austro Daimler 9/25 von 1920 Bild: Technisches Museum

1918, nach dem Kriegsende, "begannen die Hersteller dort, wo sie 1914 aufgehört hatten", sagt Anne Ebert. Viele kleine Werkstätten in Österreich bauten Kutschen- oder Fahrrad-Autos ("Cycle-Cars"). In winzigen Hallen wurden zwei Fahrräder zusammengeschraubt und mit einem Motor versehen – fertig war das billige "Fahrzeug". Unzählige Schrauber versuchten sich an der Produktion: Egon Seilnacht, Atzgersdorf, Bartsch & Frankmann, Baja Cycle Car, EOS, Fuchs-Wagen, Kleinauto (Felix Kral), Rumpler & Ringer und viele mehr. "Es gab praktisch keine Innovationen", erzählt die Historikerin.

Erstmals Drahtspeichenräder

Die Leiterrahmen wurden aus Holz gebaut, die Motorblöcke aus Grauguss gefertigt. Die ersten Drahtspeichenräder wurden montiert, gängig – weil viel billiger – waren noch immer Holzspeichenräder. Ein Luxus blieb auch der elektrische Anlasser, der vom Cadillac-Chefingenieur Charles Kettering erfunden worden war und erstmals 1911 einen Verbrenner startete. Und erste elektrische Glühbirnen von Bosch erhellten ab 1913 den Bereich vor den Autos.

Und Gummi für Reifen war ebenso kaum erhältlich wie Benzin. "Der Mangel basierte auf der Seeblockade der Briten im Weltkrieg", begründet Ebert.

"Damals gründeten sich auch Autofahrerclubs, die Vorläufer von ÖAMTC und ARBÖ. Diese Clubs legten fest, dass ein Auto Winker haben musste, Scheinwerfer oder auch Hupen", erzählt die 43-Jährige. Und – auch das war entscheidend – sie kümmerten sich um die Versorgung mit Benzin. "Es gab ja keine Tankstellen."

Dem Auto gehört die Zukunft – dessen war man sich sicher. Und schielte in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo Henry Ford sein Modell T ("Tin Lizzie") durch die Fließbandproduktion derart billig herstellte, dass sich die Masse erstmals einen mobilen Untersatz leisten konnte. Die Steyr-Werke stellten die Waffenproduktion nach dem Weltkrieg auf Automobilfertigung um. 1926 lief das erste Auto, der Typ XII, in der Eisenstadt vom Fließband. 1936 folgten das Steyr Baby und 1937 der Steyr 220 – zu sehen sind diese Modelle aus dem Jahr 1938 im Technischen Museum in Wien.

"Der Unterschied zu den Fahrzeugen aus dem Jahr 1918 ist zuallererst die Form", sagt die Historikerin. Denn die Hersteller versuchten die Autos windschlüpfig zu konstruieren. Das sparte Sprit und – was wichtiger war – es konnte ein höheres Tempo erreicht werden. Der wassergekühlte 1,2-Liter- 4-Zylinder des Steyr 55 ("Baby") leistete 25,5 PS und beschleunigte auf 95 km/h. Verbrauch: 8 Liter.

Nicht mehr aus Holz wurde der Rahmen gefertigt, sondern aus Stahlprofilen. "Das war verwindungssteifer und leichter." Alu löste Eisen beim Motorenbau ab, wobei sich Benzin gegen Dampf und Strom als Antriebsenergie durchgesetzt hatte.

Heizung als Extra

"Der Steyr 220 war der Luxus schlechthin", erzählt Anne Ebert. Als Extra stand eine Heizung auf der Options-Liste. Zu den seltenen Zusatzausstattungen dieser Zeit zählten auch Radios und elektrische Scheibenwischer. Der Steyr 220 (Baujahr 1938) mit seinem 55 PS starken 2,3-Liter-Sechszylinder schaffte 120 km/h und wurde im Prospekt als "Herrenfahrer-Wagen" angepriesen. Üblich war bis Mitte der 1920er-Jahre, dass ein Chauffeur im Freien saß, das Auto lenkte und die Herrschaften im geschlossenen Abteil im Heck die Fahrt genossen. Dann folgte der Wechsel: Die Herren selbst übernahmen das Lenkrad und lösten die Chauffeure ab. Logischerweise wollten die Autobesitzer nicht Wind und Wetter ausgesetzt sein und präferierten sogenannte Innenlenker – wie den von Karl Jenschke konstruierten Steyr 220. Der Wagen kostete damals 7500 (Innenlenker) bzw. 8500 Schilling (Cabriolet, Lederpolsterung). Verbrauch: 14 Liter auf 100 Kilometer.

Vom Herrenfahrer bis zum Volkswagen
Der erste Volkswagen: Vom Steyr-Baby wurden bis zum Produktionsende 1940 13.000 Stück verkauft. Bild: Technisches Museum

Vom Steyr-Baby liefen 13.000 Exemplare vom Band, vom Steyr 220 (Vorgänger 120) 5900 Stück. Damit galt das Steyr-Baby für österreichische Verhältnisse als Volkswagen. Der erste richtige europäische Volkswagen feierte 1938 seine Premiere: Vom VW Käfer wurden bis 2003 mehr als 21,5 Millionen Einheiten gebaut.

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1  Kommentar
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pepone (60.622 Kommentare)
am 17.02.2018 10:30

und nicht zu vergessen schon damals gab es Elektroautos !

Auf Dmax gibt es öfters FS Sendungen die schöne Oldies zeigen , auch LKW.

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