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Franz Riepl: "Baut angemessen!"

Von Tobias Hagleitner, 15. Juli 2017, 00:04 Uhr
Franz Riepl: "Baut angemessen!"
Das neue Gemeindeamt entsteht beim Stift Wilhering: Franz Riepl begutachtete mit OÖN-Architekturkritiker Tobias Hagleitner die Baustelle. Bild: Weihbold

Architekt Franz Riepl aus Sarleinsbach stört, wie oberösterreichische Kommunen bauen. Auf der Baustelle des Gemeindeamts Wilhering macht er seinem Ärger Luft.

OÖNachrichten: Sie haben Amtshäuser der vergangenen Jahre fast lückenlos im ganzen Land dokumentiert. Was beschäftigt Sie so sehr daran, dass Sie sich die Arbeit antun?

Riepl: Mich stört vor allem deren Unangemessenheit. Es interessiert offenbar nicht mehr, was zu einem Ort passt und stimmig ist. Vorbilder von irgendwo werden übernommen, die nichts mit der Region zu tun haben. Da überraschen mich die Gegensätze: Jeder rennt im Trachtenjanker herum und muss bio essen, aber wenn gebaut wird, reicht der letzte Schmarren von der Stange. Ursprünglichkeit und Echtheit sind en vogue – beim Kochen. Beim Bauen interessiert man sich nur für den besten Preis und die einfachste Montage.

Was konkret finden Sie denn am Neubau des Gemeindeamts hier in Wilhering problematisch?

Das alte Amtshaus in Wilhering-Ufer ist ein ganz normales Haus. Ein ordentliches, einfaches Gemeindeamt. Warum braucht es jetzt eine höchst komplizierte Verschränkung einander widersprechender Bauteile in unterschiedlichen Materialien? Zwei zusammengeschusterte Körper, die sich nicht richtig verschneiden! Es gelingt nicht mehr, ein einheitliches Haus zu gestalten.

Franz Riepl: "Baut angemessen!"
Das alte Wilheringer Marktgemeindeamt liegt im Ortsteil Ufer. Bild: Weihbold

Sie denken, dass das früher besser gelungen ist. Was war so anders als heute?

Rathäuser aus dem 19. Jahrhundert werden bis heute erhalten und genutzt. Warum? Sie bleiben im Maßstab. Sie waren in ihrer Struktur verwandt mit dem Ort. Früher ist ein Amtshaus integriert worden – wenn nicht in den Ort, dann in die Landschaft, zum Beispiel mit Bäumen. Hier ist nichts als Asphalt vorgesehen. Wir haben ein Gemeindeamt ohne Beziehung zum Ort. Und warum ein Flachbau? Riesige Fladen von Amtshäusern werden gebaut. Das braucht zu viel Grund und ergibt Proportionen, mit denen nicht ortsgerecht gearbeitet werden kann. Ein einfaches Haus wie ein Gemeindeamt käme mit einem viel flächensparsameren Körper aus.

Das Land Oberösterreich zeigt sich aber stolz auf "seine" Baukultur. Was läuft da schief?

Was Politiker in Sonntagsreden vertreten und was sie fördern, stimmt nicht überein. Es gibt wohl – oft nur halbherzig durchgeführt – einen Wettbewerb, gewissermaßen als Leitbild. Aber dann wird von Bauträgern übernommen. Die wollen nicht Architektur entwickeln, sondern Bauten realisieren, oft ohne Mitwirkung des Architekten, ohne Verständnis. Das ist ein Bruch. Schlimm ist, dass die öffentliche Hand dieses Prozedere vormacht. Sie müsste Vorbild sein.

Und wie könnte das gelingen? Was wäre vorbildhaft aus Ihrer Sicht?

Man darf die Gemeinden nicht alleinlassen. Das Geld wird zwar zur Verfügung gestellt, aber Qualität braucht auch Betreuung. Es braucht Leute in Land und Gemeinden, die sich kümmern, die eine Haltung haben und das einfordern. Das müssen gar nicht immer Fachleute sein. Viele in der Verwaltung wissen zwar, dass die öffentliche Bauentwicklung im Land nicht gut ist. Aber sie halten sich zurück. Widerspruch ist offenbar nicht gewünscht. Es wird viel zu stur nach übergeordneten Leitbildern gearbeitet. Nur weil an einem Ort etwas tauglich ist, muss das nicht überall richtig sein. Da wird zu schemenhaft gedacht und am Ende hat das Gebäude mit der Örtlichkeit und dem tatsächlichen Bedarf einer Gemeinde nichts zu tun.

Sie reden von Unangemessenheit. Was zeichnet denn das Angemessene aus?

Was im Bauen angemessen ist, wird nur über Zahlen beurteilt und nicht über das "Feeling". Aber Lebensglück gibt es nur übers "Feeling", über Atmosphären. Das ist entscheidend beim Bauen. Darum denke ich, sollte man etwas vorsichtiger und bedächtiger vorgehen. Und man sollte sich auch erlauben, kritischer darüber nachzudenken.

 

Zur Person

Franz Riepl (85) stammt aus Sarleinsbach im Mühlviertel. Seit 1976 als freier Architekt tätig, lehrte er als Universitätsprofessor an der TU Graz und in München. Er realisierte zahlreiche Wohnanlagen und öffentliche Bauten. Zu den bekanntesten Werken in Oberösterreich zählen das Pfarrzentrum St. Josef in Wels und die Pädagogische Akademie der Diözese in Linz.

 

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10  Kommentare
10  Kommentare
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herzmensch (873 Kommentare)
am 18.07.2017 23:03

Warum schaffen kirchliche Organisationen es besser und die Gemeinden nahezu gar nicht?

Beispiele wie das Kardinal König Haus in Wien, Bildungshaus Schloss Puchberg bei Wels, das Haus der Begegnung in Innsbruck und viele, viele kirchliche schöne Altbauten sind mit gelungenen modernen Anbauten ergänzt worden, mit Harmonie und Ästhetik erfüllen diese Räume wunderbar ihre Funktion.

Warum gibt es vergleichsweise kaum gute Architektur bei Gemeindeämtern? Am Geld kann es nicht liegen, die Kirche investiert sparsam.
Der Sinn für gute Architektur fehlt anscheinend den Gemeinden, leider entstehen mehr kühle, protzige Gebäude statt bürgernahe Mittelpunkte eines Ortes.

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ohnooo (1.470 Kommentare)
am 17.07.2017 21:27

Recht hat er. Im Mondseeland gibt es bereits eine Initiative, die sich gegen den hier grassierenden rücksichtslosen und gigantomanischen Bauwahn richtet. Plattenbauten waren noch vor wenigen Jahren der Inbegriff des Billigen, Geschmacklosen. Heute ist es schon üblich, Betonplatten aufzustellen, außen Styropor drauf und fertig ist der Graus. Am besten mit Flachdach, ideal bei unseren Wintern.

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europa04 (21.652 Kommentare)
am 16.07.2017 09:34

Alles was nicht von Franz Riepl geplant ist, muss er kritisieren

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herzmensch (873 Kommentare)
am 18.07.2017 23:07

Die o.a. Kritikpunkte sind berechtigt, welche Einwände sprechen dagegen?

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Strachelos (7.167 Kommentare)
am 15.07.2017 19:09

In Linz scheint es in der Politik bzw in der Verwaltung niemand zu geben, der das Stadtbild im Auge hat. Dazu gehört auch die Umgebung wie zum Beispiel der Blick in das Mühlviertel. Diesen will man mit 2 Spekulationshochhäusern verschandeln.

In die Höhe bauen, warum nicht. Geht das nicht maßvoller ? Warum wurde Linz-Mitte nicht höher gebaut ?

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jago (57.723 Kommentare)
am 15.07.2017 17:07

> Es braucht Leute in Land und Gemeinden, die sich kümmern, die
> eine Haltung haben und das einfordern.

Mit "Haltung" geht es ja schon los, das Gegockel und das Gegacker über die Bürger hinweg. Da lernene sie bereits in der Schule was anderes.

Der Sägezahn ist eh schon ganz hoch oben :-/

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Gugelbua (31.811 Kommentare)
am 15.07.2017 11:24

wie heute gebaut wird mag ja schön und lustig sein doch bei den überteuerten Erhaltungskosten wird eingespart
und so sehen die Bauten dann auch aus ungepflegte Grünflächen verdreckte Vorplätze u.u.u

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seppmueller (45 Kommentare)
am 15.07.2017 09:04

Atmosphäre, Identität und Milieu sind wesentliche Voraussetzungen für die Attraktivität unserer Ortszentren; Maßstab, Körnung und Qualität von Bestehendem erkennen, revitalisieren und räumlich weiterzuentwickeln - nachzuverdichten mit angemessen neuen "Häusern" weiterzubauen ist eine der grossen Herausforderungen der nächsten Jahre...........
neue - ganz normale - Häuser braucht das Land................

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seppmueller (45 Kommentare)
am 17.07.2017 21:03

die Serie "Architektur im Gespräch" ist ein wichtiger Impuls, um in den Gemeinden wieder übers Bauen, Belebung der Ortskerne, beseitigen von Leerstand, über die Zersiedelung und die Gestaltung von atttraktiven Lebensräumen zu reden.........

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herzmensch (873 Kommentare)
am 18.07.2017 23:13

Fein, dass Sie von ganz normalen Häusern sprechen...!
Was ist ein normales Haus?

Eines, das > 100 Jahre standfest ist, das relativ nutzungsneutral ist, zeitlos ansehnlich, funktionell hochwertig und weitgehend wartungsfrei.

Es wäre schön, wenn diese Anforderungen an den Wohnbau gestellt würden. Es ist zu befürchten, der Trend zur Kurzlebigkeit macht auch vor Häusern nicht halt, eine maßlose Ressourcen - Verschwendung.

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